„Der Standort Ex-Enel für das neue Ötzi-Museum überzeugt mich überhaupt nicht. Ich will ihn neu diskutieren.“<BR /><BR /><b>Herr Bianchi, von allen Landesräten haben Sie am meisten gekämpft, um in die Regierung zu kommen...</b><BR />Christian Bianchi: Das kann stimmen. Wir haben uns mit einem Rechtsgutachten stark eingebracht, um einen zweiten Landesrat für die italienische Sprachgruppe zu erreichen.<BR /><BR /><b>Nicht nur. Sie haben auch den Kampf mit Angelo Gennaccaro, dem Wunschkandidaten des Landeshauptmanns, für sich entscheiden können...</b><BR />Bianchi: Ich würde nicht von Kampf reden, denn persönlich hatte ich nie etwas gegen Gennaccaro. Es gab den Wunsch des Landeshauptmanns, die Koalition etwas mehr in die Mitte zu rücken. Demgegenüber standen unsere Argumente: Mit der Lega hat die SVP bereits 5 Jahre regiert, die SVP traf in Rom bei Minister Calderoli immer auf offene Türen und der Verfassunggesetzentwurf zur Autonomie, der jetzt in Rom aufliegt.<BR /><BR /><b>Im Landtag sprachen einige von Erpressung...</b><BR />Bianchi: Einige Wortmeldungen waren derart aggressiv, dass ich nur aufgrund meiner guten Erziehung nicht geantwortet habe. Es gab keine Erpressung. Es ging am Start um die Vertretung der italienischen Sprachgruppe. Der Rest ist politische Dynamik: Zumal die SVP entschieden hat, eine Koalition mit Mitte-Rechts einzugehen, um einen direkten Draht mit Rom zu haben, ist es klar, dass die Lega als Regierungspartei in Rom auch in der Landesregierung sein muss.<BR /><BR /><b>Nun erhalten Sie Hochbau, Vermögen, Kataster, während Marco Galateo neben der italienischen Schule auch Handel, Handwerk und Industrie übernimmt. Wurmt Sie das? </b><BR /> Bianchi: Laut römischem Pakt zwischen den Ministerin Lollobrigida und Calderoli konnte die stärkere Partei von Mitte-Rechts bei den Kompetenzen wählen – und das ist FdI mit 2 Sitzen. <BR /><BR /><b>Als Unternehmer wären Sie der Mann der Wirtschaft?</b><BR />Bianchi: Ich komme aus der Wirtschaft, mein Ressort ist ein gewaltiger Motor für die Wirtschaft. Ich habe eine Umbenennung von Hochbau und Vermögen „in öffentliche Arbeiten und Valorisierung des Vermögens“ erreicht. Mein Ressort ist mehr als das Gegenstück zum Tiefbau. Wir investieren jedes Jahr zwischen 250 und 280 Millionen Euro in Projekte. Großteils fließen sie an heimische Betriebe und sichern Kaufkraft und Jobs.<BR /><b><BR />Ihre ersten Schritte?</b><BR />Bianchi: Wir investieren jedes Jahr viel Geld in Schulbauten, und bereits begonnene Projekte laufen weiter. Für die neuen Vorhaben habe ich aber eine Art Kassensturz angeordnet. Ich will alle Eingriffe aus den letzten 20 Jahren auf dem Tisch haben, um zu entscheiden, bei welchen der 153 Schulen neue Investitionen am meisten nötig sind. Dazu möchte ich den seit 10 Jahren brach liegenden Arbeitstisch mit den Schulämtern beleben. Die Anforderungen der Schulen ändern sich ständig. Hier wird es einen direkten Ansprechpartner für sie geben.<BR /><BR /><b>Sie „erben“ das neue Ötzi-Museum. Wie geht es weiter?</b><BR />Bianchi: Ich weiß, das wird jetzt einige überraschen, aber ich bin vom Standpunkt Ex-Enel überhaupt nicht überzeugt. Und ich möchte ihn in der Landesregierung noch einmal zur Diskussion stellen. Mir ist klar, dass das Ex-Enel aus einer Studie hervorgegangen ist, aber ich möchte, dass darüber noch einmal nachgedacht und diskutiert wird..<BR /><BR /><b>Wollen Sie mit dem Ötzi auf den Virgl?</b><BR />Bianchi: Ich behalte mir vor, alle Standorte für Ötzi neu zu bewerten. Vorzugsweise sollte er sich aber in der Stadt befinden.<BR /><b><BR />Stimmt es, dass die Arbeiten am Bibliothek-Zentrum Bozen nach Jahrzehnten starten?</b><BR />Bianchi: Ja, hoffentlich innerhalb Sommer wird mit dem Abriss der bestehenden Struktur und dem neuen Projekt begonnen, das neben den Bibliotheken auch ein Zentrum für Autonomie beherbergt. Im Konservatorium ist die Sanierung des Michelangeli-Konzertsaals geplant. Und wir investieren 11 Millionen Euro ins Gerichtsgebäude. Dieses wurde vom Staat mit der Auflage umfangreicher Sanierungsmaßnahmen ans Land abgetreten.<BR /><BR /><b>Ihr Ressort wird u.a. in „Valorisierung des öffentlichen Vermögens“ umbenannt. Was passiert dazu konkret?</b><BR />Bianchi: Konkret läuft eine Ausschreibung um 40 Millionen Euro zur ordentlichen Instandhaltung von 294 öffentlichen Landesimmobilien. Zudem gibt es ein Projekt um 56 Millionen Euro zur energetischen Sanierung von 27 Liegenschaften des Landes. Mit einer Einsparung von 44.000 Tonnen CO2-Emissionen ist das auch eine Antwort auf jene Kritiker, die unsere Aussagen zum Klimaschutz als Gerede abtun.<BR /><b><BR />Was ist mit dem Pferderennplatz Meran?</b><BR />Bianchi: Das Land hat im Zuge eines Tausches 60 Prozent übernommen. Der nächste Schritt ist die Bildung eines paritätischen Komitees mit der Gemeinde, um alle Ziele und nötigen Eingriffe für den Neustart abzustecken.<BR /><BR /><b>Angelo Gennaccaro hat für seinen Verzicht auf die Regierung eine Sonderkompetenz für Bozen und Meran erhalten. Haben Sie ihn jetzt in den Städten immer mit im Schlepptau?</b><BR />Bianchi: Wie der Landeshauptmann erklärt hat, ist jeder Landesrat absolut frei, direkte Kontakte mit allen Gemeinden zu halten. Darüber hinaus habe ich kein Problem damit, wenn Gennaccaro seine Gespräche führt. Er ist kein Landesrat, aber kann eine Art Bindeglied sein. <BR /><BR /><b>Die Regierung ist holprig gestartet. Hält sie 5 Jahre?</b><BR />Bianchi: Ich denke schon. Ich wurde 2015 Bürgermeister von Leifers, hatte aber keine Mehrheit im Gemeinderat. Geeinigt hat man sich auf eine Koalition, die jeder als unmöglich bezeichnete – nämlich Lega, 5 Sterne und SVP. Es war eine sehr knappe Mehrheit mit nur einer Stimme mehr als die Opposition. Wir haben ein klares Programm abgearbeitet und rückwirkend waren es die besten Jahre für Leifers.<BR /><b><BR />In der Mehrheit gibt es mehrere Wackelkandidaten. Wie loyal ist Christian Bianchi?</b><BR />Bianchi: 29 Jahre in der Politik, 32 Jahre im selben Betrieb und 36 Jahre mit meinen Frau zeigen, dass ich ein loyaler Mensch bin, der seine Meinung nicht alle 5 Minuten ändert. Im Gegenzug erwarte ich, nicht übergangen zu werden. In meinen 10 Jahren als Bürgermeister habe ich stets vorangetrieben, was ich für richtig hielt, auch wenn es mitunter nicht das war, was das Land wollte. Wenn etwas richtig ist, bleibt es richtig. Ist es nicht richtig, kämpfe ich, um es zu ändern.<BR /><BR /><b>Sind Sie weiterhin kein Mitglied der Lega?</b><BR />Bianchi: Ich habe als Unabhängiger auf der Lega-Liste kandidiert und vertrete die Bürgerlisten um „Uniti per l’ Alto Adige“ als auch die Lega.