<b>von Andreas Schwarz</b><BR /><BR />Damit schloss er nahtlos an die Erfolge der Rechtsparteien in der jüngeren Vergangenheit in halb Europa an – von Italiens Giorgia Meloni und ihrem Sturm an die Regierungsspitze vor genau 2 Jahren über Geert Wilders Wahlsieg in den Niederlanden, die Stimmenmehrheit des Rassemblement national bei den Parlamentswahlen in Frankreich bis zu den jüngsten Erfolgen der AfD mit einem Sieg in den deutschen Bundesländern. Diese Erfolge haben viel mit der unkontrollierten Zuwanderung und dem importierten Islamismus in Europa zu tun; aber nicht nur.<h3>Das Wunder für die ÖVP blieb aus</h3>Alle jene, die gehofft und vorsichtig prophezeit hatten, dass sich auf den letzten Metern doch noch ein Sieg der Kanzlerpartei ÖVP ausgehen könnte, wurden eines Besseren belehrt – oder Schlechteren, je nach dem. Es war auch extrem unwahrscheinlich: Seit Ende 2022 führten die Freiheitlichen in allen, absolut allen Meinungsumfragen zum Teil deutlich zunächst vor der SPÖ (damals hatte die ÖVP noch mit den Folgen des Rücktritts des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz zu kämpfen), dann vor der ÖVP. Kanzler Karl Nehammer näherte sich dem blauen Höhenflug zuletzt zwar an (und die SPÖ stürzte ab) – aber ausgegangen ist es sich nicht mehr.<h3> Vorbild Haider in den Schatten gestellt</h3>Damit hat der 55-jährige Herbert Kickl, der alles andere als ein Sympathieträger ist, einen historischen Triumph errungen, der sogar sein Vorbild Jörg Haider, für den er einst Reden schrieb, in den Schatten stellt: Mit 26,9 Prozent war der 1999 noch vor der ÖVP Zweiter geworden und hatte den Grundstein für die damals von den EU-Staaten sanktionierte ÖVP-FPÖ-Koalition unter Wolfgang Schüssel gelegt.<h3>„KKK – Kann Kickl Kanzler?“</h3>„Österreich wählt rechts“, „Zeitenwende“, „KKK – Kann Kickl Kanzler?“ „Blaues Erwachen“ – „Kommt jetzt der Volkskanzler?“ – In den Zeitungsredaktionen wurde am Nachmittag schon fleißig an Aufmachertiteln gebastelt, die das sich Abzeichnende griffig zusammenfassen sollten. Und sorgenvoll in die Zukunft blickten. Denn die Vergangenheit ist abgehakt: Die ehemals stolze Kanzlerpartei SPÖ ist mit den Illusionen des ehemals leninistisch-marxistischen Parteichefs Andreas Babler auf ein historisches Tief abgestunken; die ÖVP hat mit ihrem immer kantigeren Rechtskurs im Vergleich zur FPÖ offenbar zu wenig Glaubwürdigkeit auf den Boden gebracht (und gegenüber dem Höhenflug der Kurz-Ära zweistellig Prozentpunkte verloren); ihr Koalitionspartner Grüne tendiert in Richtung Bedeutungslosigkeit, die NEOS hoffen ein bisschen – nur Kickl hat mit seinem Kurs „Festung Österreich“, mit der Ausrichtung der FPÖ zur Systemkritiker-Partei, mit dem Sammeln von Unzufriedenen, (Ausländer-)Ängstlichen und Corona-Leugnern den Zug der Zeit erkannt, angetrieben, genutzt.<h3> Aber was jetzt?</h3>Wer kann mit Kickl? Wer will mit dem Mann, der die letzten Jahre durch politisches Brunnenvergiften, durch aggressives Gegen-alles-und-jedes-Bellen die politische Erde verbrannt hat? Dessen Partei mit Wladimir Putin Freundschaftsverträge unterhält/hielt und sympathisiert? Der Viktor Orbán huldigt? Der „Volkskanzler“ werden will in bewusster Anlehnung an einen Begriff, den so mancher mit etwas anderem verbindet als mit einem Kanzler für das Volk?<BR /><BR />Fakt ist: Alle anderen Parteien haben sich vor der Wahl deutlich von der FPÖ abgegrenzt und entweder geschworen, keine Koalition mit der FPÖ oder, in Abschwächung, mit der Kickl-FPÖ eingehen zu wollen. Und selbst wenn der Bundespräsident dem Wahlersten den Regierungsbildungsauftrag erteilen sollte (was er im Falle Kickls einmal ausgeschlossen hat), wird der keine Regierung finden. Zunächst.<h3>Bürgerlich-rechte Mehrheit</h3>Fakt ist aber auch: Es gibt eine bürgerlich-rechte Mehrheit in Österreich. FPÖ und ÖVP haben zusammen 55 Prozent der Wählerstimmen (und da sind die knapp 9 Prozent der wirtschaftsliberalen NEOS noch nicht mitgerechnet). Das bringt vor allem die Volkspartei in die Bredouille. Kanzler Nehammer, die De facto-Nummer zwei Karoline Edtstadler und andere haben eine Koalition mit der FPÖ oder der Kickl-FPÖ vor der Wahl ausgeschlossen. Ihre Präferenz für nach der Wahl war wohl eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS. Die hätte aber von Beginn weg den Nimbus der Verlierer-Koalition. Und es gibt innerhalb der Volkspartei sehr wohl namhafte Vertreter, die sich eine Koalition mit den Freiheitlichen vorstellen können – unter dem Motto: Die Österreicher haben bürgerlich gewählt und die ÖVP nicht dafür gewählt, dass sie die Sozialdemokraten wieder an die Macht bringt. Als Zweiter mit der FPÖ in eine Regierung zu gehen wäre aber ein Himmelfahrtskommando, sagen viele Polit-Beobachter.<h3> Nehammers Nein zu FPÖ</h3>Und Karl Nehammer schloss noch am Wahlabend neuerlich und mit größter Entschlossenheit eine Koalition mit der Kickl-FPÖ aus, Österreich sei nicht mit einer radikalen Partei regierbar und repräsentierbar – vielleicht auch, um jeden Versuch in seiner Partei im Keim zu ersticken, dort die FPÖ-Freunde voran zu bringen.<h3> Die FPÖ wartet ab</h3>Wahlsieger Kickl wird sich das alles zunächst einmal erste Reihe fußfrei ansehen: Er hat mit dem alten Haider-Slogan „Sie sind gegen ihn, weil er für Euch ist“ die Wahl gewonnen und „wird nicht den seinerzeitigen Fehler Jörg Haiders begehen, zur Seite zu treten, um die FPÖ regierungsfähiger zu machen“, heißt es in einem der Kommentare. (Haider verzichtete im Jahr 2000 auf das Vizekanzleramt, damit ÖVP-FPÖ zustande kommen konnte – danach zerriss es die FPÖ). Er dürfte das blaue Wunder jetzt einmal genießen, das keines ist, weil es sich abgezeichnet hat.