Johnson, der in Brüssel aufgewachsene Sohn eines sehr pro-europäischen Europaabgeordneten war nicht wie sein Vater und sein Bruder ein besonnener demokratischer Politiker, sondern ein Journalist der Londoner Sensationspresse, der mit erfundenen Geschichten antieuropäische Schlagzeilen machte.<BR /><BR />Seine mehr als bunte Persönlichkeit sowie seine Abstammung sowohl von einem kaiserlich türkischen Innenminister als auch vom württembergischen Herrscherhaus erregte zusätzlich Aufsehen.<BR /><BR />Dieses nutzte er nicht ungeschickt für seine politische Karriere zuerst als populistischer Londoner Bürgermeister und dann als Vorkämpfer des Brexit. Einige seiner engsten Mitstreiter bestätigen, dass er sich in der Frage des britischen Austritts aus der EU nicht nach etwaigen persönlichen Überzeugungen gerichtet, sondern die Chancen für einen Sieg, wie er ihn schließlich nach oben trug, ausgelotet habe.<h3> Was wird bleiben?</h3>Seine wegen seiner Öffentlichkeitspräsenz relativ lang wirkende, aber historisch gesehen sehr kurze Zeit als Regierungschef blieb auf der Linie der Spektakel, mit denen er Berühmtheit erlangt hatte, und endet nun dementsprechend. Was von ihm bleibt, sind jedenfalls 2 grundlegende Tatsachen, mit denen sich seine Nachfolger, egal welcher Partei, bald auseinandersetzen müssen: Die Selbstschädigung seines Landes durch den ursprünglich ja nicht von ihm verursachten Brexit, für den er jedoch zur Symbolfigur wurde, und sein tapferer Einsatz für die Ukraine, der ihm zur Ehre gereichen könnte, wenn die Folgen der Destabilisierung Großbritanniens sich nicht auf die geostrategische Lage des Kontinents auswirken sollten. <BR /><BR />Eines ist aber sicher: Sein Bild wird in den Geschichtsbüchern nicht so schnell verblassen wie das mancher Vorgänger, von deren Leistungen das existenziell erschütterte Königreich noch heute zehrt. Der nächste Premierminister wird es auf alle Fälle sehr schwer haben.