Der Besuch von Speakerin Nancy Pelosi in Taiwan kommt für den US-Präsidenten zur Unzeit. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796232_image" /></div> <BR /><BR />Im Kongress steht der Präsident vor einem Durchbruch bei seinem Klima-, Gesundheits- und Steuerpaket im Senat, die Benzinpreise sinken seit Wochen und kurz vor dem Jahrestag des 11. September konnte er den erfolgreichen Schlag gegen den meistgesuchten Terroristen, Aiman al-Sawahiri, verkünden.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796235_image" /></div> <BR />Dass jetzt ausgerechnet seine Parteifreundin seinem guten Lauf in Quere kommt, verübelt Biden (79) der 82-Jährigen. Wie sehr, das gibt der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats John Kirby zu erkennen, der im Presseraum des Weißen Hauses um Antworten zu dem kontroversen Besuch rang. Auf die Frage, ob Präsident Biden die Stippvisite Pelosis unterstütze, reagierte er mit der ausdruckslosen Miene eines Pokerspielers. „Er respektiert ihre Entscheidung.“<BR /><BR />Kirby bemühte sich nach Kräften, so zu tun, als sei eigentlich nichts passiert. Es komme immer wieder vor, dass US-Kongressabgeordnete nach Taiwan reisten, spielte er den Besuch der in der Rangfolge der US-Verfassung dritthöchsten Vertreterin der USA herunter. Zudem sei deren Vorgänger Newt Gingrich vor einem Vierteljahrhundert auch schon einmal da gewesen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796238_image" /></div> <BR />Überhaupt sei die ganze Angelegenheit klar mit der chinesischen Führung kommuniziert worden. „Nichts ändert sich an unserer China-Politik. Wir unterstützen die Unabhängigkeit Taiwans nicht. Wir sind dagegen, dass es einseitig Versuche gibt, den Status quo zu ändern.“ Das hatte Biden auch dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping versichert, der ihn bei einem fast zweieinhalbstündigen Telefonat in der vergangenen Woche warnte, „mit dem Feuer zu spielen“.<BR /><BR /><embed id="dtext86-55447938_quote" /><BR /><BR />Der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan verteidigte bei einem Gespräch mit seinem chinesischen Gegenüber das Recht der Speakerin, nach Taiwan zu reisen. Intern hatte er zuvor vergeblich nach Wegen gesucht, Pelosi von der Reise abzubringen. In einem Meinungsbeitrag, den die „Washington Post“ zeitgleich zu Pelosis Besuch veröffentlichte, erinnerte sie an ihren spektakulären Protest vor 30 Jahren auf dem Tiananmen Platz. Damals rollte sie während der Visite einer Kongressdelegation ein Banner aus, das an die Toten der Demokratiebewegung erinnerte.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796241_image" /></div> Seitdem habe sich die Menschenrechtssituation nur verschlechtert, schreibt Nancy Pelosi. Sie erinnert an den Versuch der chinesischen Führung, die Kultur der Tibeter „auszulöschen“, den „Völkermord“ an den Uiguren, das „brutale Vorgehen gegen Hongkongs politische Freiheiten und Menschenrechte“ und die Festnahme von Dissidenten, die sich „dem Regime“ widersetzten.<BR /><BR />Der Besuch unserer Delegation soll als unmissverständliches Zeichen dafür angesehen werden, dass Amerika an der Seite Taiwans steht.“<BR /><BR />Der Kolumnist Thomas Friedman macht in der „New York Times“ keinen Hehl aus seinem Unverständnis über das Verhalten der Speakerin. Angesichts des ungelösten Konflikts mit Russland über die Ukraine sei es „unverantwortlich“ ohne Not eine weitere Frontlinie mit einer anderen Großmacht zu eröffnen. Beifall gab es dagegen von mehr als 2 Dutzend republikanischer Senatoren, die sich hinter die Speakerin stellten.<BR /><BR />Schwach in der Substanz, stark in der Symbolik und eine unnötige Provokation zur falschen Zeit: Das ist die Bilanz des Besuchs Nancy Pelosis auf Taiwan. Der Speakerin ging es darum, ein klares Signal zu setzen, dass die USA an der Seite von Demokratie und Menschenrechten stehen. Recht zu haben bedeutet aber nicht, automatisch das Richtige zu tun. Geholfen hat sie jedenfalls mit ihrem Verhalten weder den Interessen der Supermacht noch denen Taiwans.