„Für die Vereinigten Staaten von Amerika kommt das Beste erst noch“, sagte der US-Präsident nach seiner Wiederwahl in der Nacht auf Mittwoch. Doch Obama weiß, dass er die großen Probleme des tief gespaltenen Landes nicht allein lösen kann. In seiner Siegesrede bot er dem Wahlverlierer Mitt Romney und den Republikanern eine Kooperation an. Denn die Machtverhältnisse im Kongress haben sich nicht geändert.„Wir sind nicht so gespalten, wie es unsere Politik nahelegt“, sagte Obama. „Ich freue mich darauf, mich mit Gouverneur Romney zusammenzusetzen und darüber zu reden, wie wir gemeinsam daran arbeiten können, dieses Land voranzubringen.“Auch der Republikaner schlug nach 18 Monaten erbittertem Wahlkampf versöhnliche Töne an und beschwor die nationale Einheit. „In Zeiten wie diesen können wir parteipolitisches Gezanke nicht riskieren“, sagte Romney. „Das ist eine Zeit großer Herausforderungen für Amerika, und ich bete, dass der Präsident Erfolg dabei haben wird, unsere Nation zu führen.“Das größte Problem, vor dem Obama stehe, sei die Haushaltslage, erklärt James Lindsay vom Council on Foreign Relations in Washington. „Wenn es dem Präsidenten nicht gelingt, die USA auf einen Weg der Zahlungsfähigkeit zu bringen, werden die langfristigen Konsequenzen für Amerika und seine Außenpolitik immens und düster sein.“Mehr als 16 Billionen Dollar (12.500,00 Mrd. Euro) beträgt die Staatsverschuldung, auch im Budget für 2012 klafft ein Billionen-Loch. Allerdings müssen die USA beim Abbau des Defizits behutsam vorgehen, um den schwachen wirtschaftlichen Aufschwung nach der schlimmsten Rezession seit den 1930er Jahren nicht wieder abzuwürgen. Zum Jahreswechsel drohen als Teil einer Sparvereinbarung zwischen Demokraten und Republikanern vom Sommer 2011 tiefe Einschnitte nach dem Rasenmäher-Prinzip. Noch hat der Kongress keine ernsthaften Anstrengungen unternommen, diese „fiskalische Klippe“ zu umschiffen.Die Dauerfehde zwischen beiden Lagern hatte zuletzt zu weitgehendem Stillstand in der Gesetzgebung geführt, die politische Kultur in Washington ist zerrüttet. Bei der Kongresswahl am Dienstag wurde der Status quo zementiert: Während die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigten, behielten die Demokraten im Senat die Oberhand. Das Ergebnis zeige, dass es „kein Mandat für höhere Steuern“ gebe, sagt der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, noch am Wahlabend. Ohne Steuererhöhungen für Reiche ist mit den Demokraten aber kein Haushaltskompromiss zu machen.Allerdings wird die Niederlage bei der Präsidentschaftswahl die Republikaner nicht völlig kalt lassen, denn den nackten wirtschaftlichen Zahlen zufolge hätte Romney das Rennen klar gewinnen müssen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp acht Prozent – 70 Jahre lang hatte kein Präsident mit einer derart schlechten Lage am Jobmarkt die Wiederwahl geschafft. Doch eine bunte Koalition aus Städtern, Frauen, Afroamerikanern und Latinos sicherte Obama den Sieg.Das Ergebnis habe die „eklatanten strukturellen Schwächen“ der Republikaner offenbart, urteilte das Online-Magazin „Politico“. Das Weiße Haus werde der Partei wohl verschlossen bleiben, „bis sie einen Weg finden, sich dem sich schnell verändernden Amerika anzupassen“.In der „New York Times“ prophezeite der Republikaner-Ideologe Mike Murphy einen Richtungsstreit seiner Partei. „Es wird irgendeine Art von Krieg geben“, sagte er der Zeitung. Auf der einen Seite werde sich ein Flügel für eine Modernisierung einsetzen. Erzkonservative Hardliner wie die Vertreter der Tea-Party-Bewegung, die zuletzt den Ton in der „Grand Old Party“ (GOP) angaben, dürften die reine Lehre aber verbissen verteidigen.afp