<b>von Stephan Kaußen</b><BR /><BR />Haben Sie schon mal geerbt? Manchmal ist das einfach. Ein Haus oder dickes Bankkonto nimmt man gerne an. Oder auch Familienschmuck etc. Das lindert den Schmerz der menschlichen Verluste. So weit, so schön.<BR /><BR />Manchmal sind Erbmassen aber auch komplex. Man weiß nicht, was da auf einen zukommt. Etwa mehr Verbindlichkeiten als vorhandene Werte? Dann kann man ein Erbe aus Vorsicht auch mal ablehnen. <BR /><BR />In der Politik geht Letzteres nicht. Wer Wahlen gewinnt, erbt nicht nur die Macht von den Vorgängern, sondern auch deren Altlasten. Im Sinne von langfristig wirkenden Entscheidungen.<BR /><BR />In Deutschland flammt gerade ein Thema neu auf, das sehr komplex ist: Wie viele Afghanen dürfen oder sollten noch zu uns kommen? Also dürfen. Denn dass sie sich vor den Taliban in Sicherheit bringen müssen, ist eigentlich unstrittig.<BR /><BR />Der erste Fakt ist schon mal überraschend: Bisher sind seit der überhasteten Flucht des Westens vom Hindukusch nicht weniger als 36.000 ehemalige Ortskräfte und Menschenrechtler nach Deutschland gekommen, denen man verbindlich Schutz zugesagt hatte. Also seitens der alten Regierung. Die neue muss nun - zweitens - abwägen, was mit weiteren 2.300 passieren soll, die im Nachbarland Pakistan auf unsere Rettung warten.<BR /><BR />Von diesen hatten nun einige vor dem Berliner Verwaltungsgericht ihr Recht eingeklagt, nach Deutschland geholt zu werden. Somit gehen nun die nächsten Flüge über die nicht immer gut ausgeleuchtete Weltbühne.<BR /><BR />Was aber wird aus den Verbleibenden? Pakistan schiebt diese seit einiger Zeit wieder nach Afghanistan ab - und damit wahrscheinlich in größere Gefahr. Da sagt der humanistische Menschenverstand natürlich, dass man das verhindern müsse. Stichworte Moral und Ethik. Und eben Erbe von der Vorgängerregierung. Nimmt man nun also Letzteres an oder lehnt man eher kühl ab? Eine schwere Entscheidung. <BR /><BR />Denn: Kommen auch die 2.300 Ex-Helfer beim deutschen Militär-Einsatz sowie Journalisten und Menschenrechtler noch zu uns oder nicht? Es ist eine wahrhaft schwierige Abwägung, denn der innere Frieden in der wieder aufgeheizten innenpolitischen Atmosphäre steht auf dem Spiel - und damit die Stabilität unserer Demokratie. Auf der anderen Seite der Waage drückt das Völkerrecht. Erben ist manchmal halt schwierig – auch politisch und moralisch...<BR /><BR /> <a href="mailto:redaktion@stol.it" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Haben Sie einen Fehler gefunden? Geben Sie uns bitte Bescheid.</a>