Nach 66 Jahren sind die faschistischen Relikte in Südtirol – Siegesdenkmal, Mussolini-Relief am Gerichtsplatz, Kapuziner-Waschtl und Beinhäuser – kein Tabu mehr. Als die Nachricht am 26. Januar bekannt wurde, schlug sie in Südtirol ein wie eine Bombe – vor allem im italienischen Rechts-Lager. Es dauerte einige Tage, bis sich die Rechte wieder einigermaßen gefangen hatte.Ihre erste Reaktion: Sie versuchte es mit der Verharmlosung des Briefes. Es sei „nur ein Brief“, so die Südtiroler PdL-Koordinatorin Michaela Biancofiore auf einer Pressekonferenz in Bozen.Zudem stimme es nicht, dass das Land über das Relief alleine verfügen könne. Die Antwort von Landeshauptmann Luis Durnwalder ließ nicht lange auf sich warten. Wenn man sich auf die offizielle und schriftlich bestätigte Zusage eines Ministers, der Mitglied der Regierung sei, nicht mehr verlassen könne, mache es keinen Sinn mehr, mit der Regierung überhaupt noch zu verhandeln.Kurz darauf las er Journalisten Auszüge aus dem Brief vor – den gesamten Inhalt wolle er aber nicht veröffentlichen, so der Landeshauptmann.Seit dem heutigen Freitag ist der vollständige Wortlaut des Briefes kein Geheimnis mehr. Auffallend dabei: In seinem Brief spricht Bondi von „l’intera comunità del Sud Tirol“, er verwendet weder den Begriff „Alto Adige“ noch die offizielle Doppel-Bezeichnung „Alto Adige – Südtirol“. STOL veröffentlicht den Brief hier vollinhaltlich, außerdem hat die Redaktion von Südtirol Online den Brief des Kulturministers übersetzt (siehe unten). Der Bondi-Brief.pdf 496,69 kB Der Brief in Übersetzung "Sehr geehrter Landeshauptmann, wie bereits in meiner gestrigen Presseaussendung (24. Januar, A. d. R.) dargestellt, möchte ich meine Beteuerungen in Sachen Restaurierung des Bozner Siegesdenkmals erneuern. Glauben Sie mir, es ist eine Angelegenheit, die für mich eine sehr delikate ist. Wie Sie wissen, handelt es sich hier um ein Projekt, das ich von früheren Regierungen geerbt habe. Mir war es von Anfang ein Anliegen, dass dieses Projekt von den Südtirolern gemeinsam im Sinne einer historischen Erinnerung an eine schmerzvolle Vergangenheit getragen wird; ein Projekt der Restaurierung, mit dem sich das gesamte Südtiroler Volk (Bondi schreibt: „Sud Tirolo“; Anm.d.Redaktion) identifizieren können soll. Daher habe ich immer an das Amt für Kulturgüter der Region Venetien Anweisungen gegeben - so weit wie möglich - eine Lösung zu suchen, in die alle Institutionen vor Ort eingebunden werden sollten. Um diese breitestmögliche Lösung zu erreichen, wurden die Erhaltungsarbeiten, wie Sie feststellen konnten, nicht fortgeführt und werden erst weitergehen, wenn eine gemeinsame Entscheidung getroffen worden ist.In diesem Sinne werde ich die zuständigen Ämter anweisen, u.a. bei dem zu restaurierenden Denkmal Erklärungen zur Geschichte und der Erinnerung anzubringen. Auch was das Alpini-Denkmal in Bruneck betrifft, wird mit allen betroffenen Institutionen nach einer gemeinsamen Lösung gesucht werden. Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen auch mitteilen, dass ich bereits die Erlaubnis des zuständigen Ministers (Finanzminister Giulio Tremonti; Anm.d.Red.) erhalten habe, dass die faschistischen Relikte im Stadtzentrum an andere Standorte, u. a. in museale Einrichtungen, verlegt werden können, die geeigneter sind, ihren historischen Wert zu unterstreichen. Im Besondern gilt das für das Piffrader-Relief, welches am Finanzgebäude auf dem Bozner Gerichtsplatz angebracht ist. Die Entfernung desselben kann auch von der Provinz durchgeführt werden. Des Weiteren verweise ich in Sachen Anbringung von erklärenden Tafeln bei den Beinhäusern in Burgeis, Gossensass und Innichen auf den entsprechenden Text des Briefes vom 18.3.2009 prot.GD/11.05/157496. Ich übermittle Ihnen hiermit freundliche Grüße, Sandro BondiRom, 25. Januar 2011"