In Österreich wurden in den vergangenen Tagen Stimmen laut, die die Sanktionen des Westens gegen Russland oder zumindest Teile davon in Frage stellen. Dabei muss man wissen, dass Österreich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Moskau gegenüber recht aufgeschlossen war. Diese Verbindungen sind letzthin schwächer geworden, aber es gibt sie noch.<BR /><BR />Während der russische Präsident anderswo schon geächtet wurde, freute sich der damalige österreichische Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, den Kremlchef bereits zum dritten Mal begrüßen zu dürfen, was der mit einem scherzhaften „Diktatur“ quittierte und nachsetzte: „Aber gute Diktatur“. Alle, inklusive dem damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer, lachten herzlich auf.<BR /><BR />Die Szene kommt deshalb gerade jetzt wieder in Erinnerung, weil Österreichs Repräsentanten immer schon ihr Russland-freundliches, um nicht zu sagen: liebedienerisches Verhalten ganz ungeniert vor sich her getragen haben. <h3> Wettern gegen die Sanktionen</h3>Die Sanktionen gegen Russland nach der Krim-Annexion gefielen der Wirtschaft gar nicht, auch die Politik zeigte sich stets wenig begeistert – unter der späteren ÖVP/FPÖ-Regierung saß mit den Freiheitlichen gar eine Partei an der Macht, die einen Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei „Einiges Russland“ unterhielt -, und ein Jahr nach der Putin-Visite feierte die OMV, der zu einem Drittel staatliche Öl-, Gas- und Chemiekonzern, „50 Jahre verlässliche Gaslieferungen aus Russland“. Und der Kämmerer Leitl war die Speerspitze beim Wettern gegen die Russland-Sanktionen.<BR /><BR />Heute sind die Sanktionen nach dem Überfall auf die Ukraine wieder im Gerede. Die FPÖ, längst wieder in der Opposition, will sie ohnehin abschaffen – weil sie nicht wirkten bzw. die Vergeltung die Österreicher treffe, wie holzschnitzartig argumentiert wird – die russische Retorsion sorge nicht nur für einen Gas-knappen und kalten Winter, sondern befeuere auch die Teuerung, die gerade die 10-Prozent-Marke (Inflation) erreicht.<BR /><BR />Aber auch in der ÖVP gibt es erste Stimmen, die Zweifel an den Sanktionen hegen. Zunächst war es der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer, der in einem Interview meinte, man müsse die Sanktionen überdenken, falls es im Herbst zu Energieengpässen kommen sollte.<BR /><BR /> Der Tiroler ÖVP-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen im Herbst, Anton Mattle, zeigte sich prompt „offen“ gegenüber Stelzers Vorstoß, die Sanktionen gegen Russland auf „Treffsicherheit zu überprüfen“. Und selbst eine Kanzlersprecherin wurde nun damit zitiert, dass „es immer unsere Position war, dass die Wirksamkeit der Sanktionen von Zeit zu Zeit evaluiert werden muss“, dabei sei zu prüfen, ob die Maßnahmen „uns nicht mehr schaden als Russland“. <BR /><BR />Der Kanzler selbst ließ allerdings wissen: dass die Sanktionen aufrecht zu erhalten seien - die Frage sei aber berechtigt, ob sie Russland oder die EU mehr treffen. <h3> Die Sanktionen wirken</h3>Während internationale Experten zunehmend darauf hinweisen, dass die Sanktionen sehr wohl wirken, der russischen Wirtschaft großen Schaden zufügen und sich der Westen nicht von Putins Propaganda blenden lassen solle, hat der Vizepräsident des Europaparlaments, der ÖVP-Mandatar Othmar Karas, nur heftige Schelte für seine Parteikollegen in Sachen Russland-Sanktionen übrig: „Wer jetzt der Lockerung oder dem Ende von Sanktionen das Wort redet, der schwächt die europäische Einigkeit, stärkt Putins Spaltungsstrategie und dessen barbarische Expansionspläne. Wir haben in dieser Frage vor der Geschichte zu bestehen – nicht vor der nächsten Wahl“, so Karas.<BR /><BR /> Zudem sei es ein „geschichtsvergessener Fehler“ zu glauben, wenn die Sanktionen beendet seien, sei alles so wie früher.<BR /><BR />Das dürfte ja die Hoffnung derer sein, die die Sanktionen lieber heute als morgen verräumen würden: Dass dann Gas fließt, wie eh und je, und billig wie früher soll es auch sein. So hat man sich in Österreich immer angebiedert, egal, ob Altkanzler Wolfgang Schüssel und Ski-Ikone Karl Schranz mit Putin am Arlberg über die Skihänge wedelten, die OMV jahrzehntelange Knebelverträge mit Russland abschloss oder Kurzzeit-Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) auf ihrer Hochzeit einen vielsagenden tiefen Knicks vor Tanzpartner Wladimir Putin hinlegte.<h3> Die tätschelnde Hand</h3>Bei besagtem Empfang in der Wirtschaftskammer im Jahr 2014 sagte Leitl in seiner Rede auch, dass ein Teil der Ukraine einst Österreich gehörte. „Was soll das heißen, welche Vorschläge haben Sie“, fragte Putin und erntete erneut Gelächter und eine tätschelnde Hand des Bundespräsidenten auf seiner Schulter.<BR /><BR />„Das hat dem damaligen Verhältnis entsprochen“, sagt Heinz Fischer heute. Und Christoph Leitl, der bis zuletzt Verständnis für die Position des russischen Präsidenten durchblicken hatte lassen, ist nun „wie viele andere entsetzt über seine Entwicklung. Was er tut, ist das Gegenteil dessen, was ich immer wollte“, sagte er zuletzt in einem Interview.<BR />