Aus ärmsten Verhältnissen, Autor eines Bestsellers, „wütender Atheist“ und dann bekennender Katholik, Vizepräsident der USA: Der Lebenslauf von J. D. Vance bietet reichlich Stoff für einen Roman oder eine Verfilmung. <BR /><BR />Geboren ist er 1984 in der kleinen Stadt Middletown im so genannen „Rust Belt“, dem Rostgürtel, der ältesten und größten Industriegegend der USA. Arbeitslosigkeit und Armut belasten das Leben vieler Familien, Drogen, häusliche Gewalt und Scheidungen gehören zum Alltag. Sie prägen auch die Kindheit von J. D. Vance. Sein Großvater war viele Jahre lang Alkoholiker, seine Mutter von verschiedenen Drogen abhängig und sein Vater ist einfach weg. <BR /><BR />Dass er aus diesem Milieu herauskommt, verdankt Vance seiner Großmutter. Als seine Oma zum ersten Mal bemerkt, dass er mit Kindern unterwegs ist, die Drogen nehmen, habe sie zu ihrem 12- oder 13-jährigen Enkel gesagt: „Hör zu, J. D., entweder hörst du auf, dich mit denen abzugeben, oder ich überfahre sie mit meinem Auto.“<h3> Ein Bestseller über die traurige Kindheit</h3>Später geht Vance zum Heer (US Marine Corps), studiert unter anderem an der Eliteuniversität Yale Rechtswissenschaften und arbeitet in San Francisco für eine Investmentfirma.<BR /><BR />Bekannt wird er in den USA 2016 durch sein Buch „Hillbilly Elegy“, in dem er von seiner tristen Kindheit und Jugend erzählt. „Hillbilly“ heißt so viel wie „Hinterwäldler“. Einfühlsam und tiefgründig beschreibt Vance, wie er den Weg vom verwahrlosten Arbeiterstädtchen ins Silicon Valley schaffte. Die deutsche Version des Buchs hat sogar Bundeskanzler Olaf Scholz zu Tränen gerührt, wie er in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ verriet.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1148913_image" /></div> <BR /><BR /> Auch die Verfilmung von „Hillbilly Elegy“ mit Glenn Close in der Hauptrolle wurde ein weltweiter Erfolg. „Ich identifiziere mich mit Millionen von Working Class White Americans mit schottisch-irischen Wurzeln, die keinen College-Abschluss haben. Für diese Leute ist Armut die Familientradition. Amerikaner nennen sie Hinterwäldler, Rednecks, White Trash. Ich nenne sie Nachbarn, Freunde und Familie“, sagt Vance über seinen Werdegang. <BR /><BR />Ursprünglich war er ein Kritiker von Präsident Trump, er ändert im Laufe der Jahre seine Haltung und wird schließlich ein enger Verbündeter. Im Juli 2024 wählt Trump J. D. Vance als seinen Vizepräsidentschaftskandidaten für die Präsidentschaftswahl 2024 aus. <h3> Vor sechs Jahren getauft</h3>Eine ähnliche Kehrtwende macht er auch im religiösen Leben. Wie J. D. Vance in einem Interview verriet, sei er zwar mit christlichen Verwandten aufgewachsen, die aber nie in die Kirche gingen; als Student hatte er eine „wütende Atheisten-Phase“ Dann folgt die Hinwendung zum Katholizismus. Diese hätte früher erfolgen können, wenn es da nicht die Krise um sexualisierte Gewalt durch Geistliche gegeben hätte. Im Jahr 2019 lässt sich J. D. Vance taufen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1148916_image" /></div> <BR /><BR />Er hängt einer Glaubensrichtung an, die „Catholic integralism“ genannt wird. Das ist eine geistige Strömung, deren erklärtes Ziel es ist, christlichen Einfluss auf die Politik auszuüben. Die USA seien eine multikulturelle, multiethnische und multireligiöse Demokratie, lautet das Credo des Vizepräsidenten: Allerdings hätten viele Landsleute noch nicht herausgefunden, was es unter diesem Vorzeichen im 21. Jahrhundert bedeute, amerikanisch zu sein: „Ich bin der Meinung, dass der christliche Glaube ein guter Weg ist, um eine Antwort auf diese Frage zu geben.“<BR /><BR />Allerdings ist seine Haltung zur US-Version der Gretchenfrage („Wie hältst du es mit der Abtreibung?“) nicht eindeutig. J. D. Vance schwankt zwischen kompletter Ablehnung und dem vorsichtigen Zulassen bestimmter Ausnahmen.