„Keiner macht ein Geschenk, wenn die Antwort aus Bozen lautet: Behalt es“, so Griessmair. Er wäre nach Rom gegangen, um etwas zu bewegen, nicht „damit die eigenen Leute bei jedem Erfolg das Haar in der Suppe suchen.“<BR /><BR /><b>Herr Griessmair, nächste Woche behandelt die Kammer die Autonomiereform, doch Sie sind nicht Staatssekretär. Wird das noch was?</b><BR />Roland Griessmair: Der Ball liegt einzig bei der SVP. Ist sie überzeugt, dass ein Staatssekretär für die sprachlichen Minderheiten – ohne Eintritt in die Regierungsmehrheit – einen Mehrwert für Südtirol bringt, wird es ihn geben; andernfalls nicht.<BR /><BR /><b>Ist diese Frage nicht längst beantwortet? Das Nein aus der Brennerstraße war klar.</b><BR />Griessmair: Die Regierung wollte den sprachlichen Minderheiten im Allgemeinen und Südtirol im Besonderen mehr Einfluss geben. Lehnt die SVP dieses Angebot ab, wird es nicht umgesetzt. Man überreicht kein Geschenk, wenn der andere es nicht will – oder sich gar über das Geschenk beschwert.<BR /><BR /><b>Haben Sie wirklich gedacht, die SVP freut sich?</b><BR />Griessmair: Was ich mir gedacht habe, ist zweitrangig. So ein Vorschlag kommt nicht aus heiterem Himmel oder weil der Griessmair der Freund von Minister Lollobrigida ist. Wäre dem so, bräuchte Italien drei Millionen Staatssekretäre, denn jeder Minister hat Freunde. Der Vorschlag war das Ergebnis politischer Vorgespräche. Gestartet sind sie mit der Idee, einen Staatssekretär für Minderheiten zu institutionalisieren. Dann hat sich die Sache aufgrund der Autonomiereform beschleunigt. SVP-Obmann Steger war stets aktiv eingebunden und hat die Idee befürwortet, sonst wäre der Vorschlag nie gekommen. Es war der Landeshauptmann, der alles von vornherein blockierte.<BR /><BR /><b>Arno Kompatscher hat Sie „abgeschossen“?</b><BR />Griessmair: Er hat alles mit viel Einsatz verhindert. Als die Autonomiereform durch den Ministerrat ging, hat ihn Minister Calderoli auf die Nominierung des Staatssekretärs angesprochen. Kompatscher hat gemeint, er solle einen Aostaner oder sonst jemanden ernennen, was Calderoli angesichts der Vorgespräche mit SVP-Vertretern verwundert hat. Deshalb haben er und Minister Lollobrigida den SVP-Obmann und Landeshauptmann zu einem Gespräch geladen. Noch vor diesem Treffen fand eine Aussprache zwischen Steger und Kompatscher statt. Der Landeshauptmann positionierte sich strikt dagegen und erklärte abschließend, man solle am nächsten Tag die Medien lesen – und so kam es. Tags darauf sickerten die Idee Staatssekretär und mein Name in den Medien durch. Der Landeshauptmann ist in den Ring gestiegen, obwohl der Obmann die Sache positiv sah. Dass der Obmann mit seiner ausgleichenden Art und um keinen Konflikt mit dem Landeshauptmann zu haben, umgeschwenkt ist, kann ich nachvollziehen.<BR /><BR /><b>Wie erklären Sie sich das strikte Nein von Kompatscher?</b><BR />Griessmair: Der Landeshauptmann tut sich schwer, Macht zu teilen. Zudem ist er mandatsbegrenzt und der naheliegendste Weg, sofern er in der Politik bleiben will, ist eine Kandidatur für Rom, also bei den Parlamentswahlen. Da wäre ein Südtiroler Staatssekretär, der vielleicht bleiben möchte, ein Hindernis. <BR /><BR /><b>Sind Sie enttäuscht?</b><BR />Griessmair: Nein, aber ich bin überzeugt, dass die Position für Südtirol viel Positives bewirken hätte können. Viele sahen das gleich. Nicht von ungefähr wurde ich von hohen Funktionären des Bauernbundes und anderer Verbände kontaktiert. Ich bin Unternehmer, brauche weder Versorgungsposten noch Freundschaftsdienste. Das Angebot wäre nie gekommen, wenn es im Vorfeld nicht von SVP-Vertretern goutiert worden wäre. Verwundert hat mich allerdings die Mitteilung des Landeshauptmanns über die Medien, ich müsste raus aus der Partei, wenn ich Staatssekretär werde. Rausgeworfen wird jemand, der die Partei schädigt; das habe ich nicht getan – der SVP-Obmann war immer eingebunden.<BR /><BR /><b>Ihr Fazit? </b><BR />Griessmair: Fazit ist, dass ich das Ganze nur mit Zustimmung zumindest des Obmannes gemacht hätte und wenn ich nicht aus der Partei hinauskomplementiert werde. Wenn man mich ersucht hätte, die Mitgliedschaft ruhen zu lassen, um klar zu trennen, hätte ich Verständnis gehabt. Ich wäre nach Rom gegangen, um etwas zu bewegen und nicht als Einzelkämpfer und schon gar nicht, um mit den eigenen Leuten zu konkurrieren, die bei jedem Erfolg ein Haar in der Suppe gesucht hätten. Fazit ist, dass man Rom gegenüber keine gute Figur gemacht hat. Zuerst will man das „Paktl“, dann heißt es, nehmt es wieder mit.<BR /><BR /><b>Feind, Erzfeind, Parteifreund – auch in der SVP?</b><BR />Griessmair: Ich habe eine Sammlung von Mitgliedskarten der SVP, die bei meinem Urgroßvater 1945 anfängt und über meine Großeltern, Eltern und mich bis zu meinen Kindern reicht. Ich bleibe überzeugter Volksparteiler. In all den Jahren hat es bessere und weniger gute Zeiten gegeben – nur war man früher ehrlicher und kollegialer. Das würde einigen auch heute gut anstehen.