Von wem sich Luis Durnwalder im Stich gelassen fühlt, warum er Wohnungen verkaufen und Raten abstottern muss und warum er künftig freier ist, den Kollegen seine Meinung zu sagen. <BR /><BR /><BR /><b>Herr Landeshauptmann a. D., 5 Jahre Regionalassessor, 10 Jahre Landesrat und 25 Jahre Landeshauptmann und jetzt wegen Veruntreuung zu 2-einhalb Jahren verurteilt. Wie schaut es in Ihnen aus?</b><BR />Landeshauptmann a. D. Luis Durnwalder: Nach außen versuche ich, mir nichts ankennen zu lassen, aber in mir brodelt es schon. Denn ich habe keinen einzigen Cent in die eigene Tasche gewirtschaftet, nichts Unrechtes getan. Ja, die Vorgehensweise beim Sonderfonds wurde vor Jahren von Staatsanwalt Tarfusser überprüft und für in Ordnung befunden. Ich habe das Gleiche getan wie Magnago – ich hatte ja die gleichen Beamten, habe es genauso gemacht wie im Bundesland Tirol und im Trentino. Und alle anderen Landesräte haben dasselbe getan wie ich. Aber der Prozess wurde nur mir gemacht. Ich habe das Gefühl, dass man es vor allem auf meine Person abgesehen hatte, und zudem wurde ich im Regen stehen gelassen.<BR /><BR /><b>Von wem hätten Sie sich Unterstützung erwartet?</b><BR />Durnwalder: Vom Landeshauptmann und der Landesregierung hätte ich mir mehr Unterstützung und mehr Mitgefühl erwartet. Sie hätten sich statt der schönen Worte vor dem Urteil ins Verfahren einlassen und die Autonomie verteidigen müssen. Das Jagdgesetz ist unsere primäre Zuständigkeit, der Sonderfonds beruht auf einem Landesgesetz. Man hätte sich ad adiuvandum in den Prozess einlassen und unsere Autonomie verteidigen können. Denn Rom schaut auch, wie die Reaktion auf Ortsebene ist. So sind unsere Regelungen und Gesetze einen Pfifferling wert.<BR /><BR /><embed id="dtext86-49345668_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wie schaut es mit der Solidarität der Menschen aus?</b><BR />Durnwalder: : Ich habe schon das Gefühl, dass die Bevölkerung hinter mir steht. Als ich heute (gestern, Anm. d. R.) Vormittag das Handy eingeschaltet habe, waren bereits über 200 Solidaritätsbekundungen eingegangen, darunter auch von Parteiobmann Achammer. <BR /><BR /><b>Würden Sie nochmals in die Politik gehen?</b><BR />Durnwalder: Sicher nicht, wenn man als Dank nach 40 Jahren Einsatz und Arbeit fast ins Gefängnis gehen muss. Ich würde Freiberufler werden, mein Leben selbst gestalten und müsste nicht mehr links und rechts Bücklinge machen. Ich habe meine Arbeit immer gern gemacht und mich mit Freude für Land und Leute eingesetzt. <BR /><BR /><b>Wie viel müssen Sie für den Sonderfonds zurückzahlen?</b><BR />Durnwalder: Rund 426.000 Euro muss ich dem Land Südtirol zurückzahlen. 500.000 muss ich an den italienischen Staat zahlen, weil ich durch die Abschussdekrete für Murmeltiere, Füchse, Kormorane und Steinböcke dessen Vermögen vermindert hätte. Wenn ich Zinsen und Rechtsanwaltskosten dazu rechne, sind es 1,2 Millionen Euro.<BR /><BR /><b>Wie stemmen Sie das?</b><BR />Durnwalder: Mit Erspartem und dem Verkauf zweier Wohnungen. Pro Monat zahle ich 8000 Euro zurück. In 9 Jahren sollte alles abbezahlt sein. Ich habe also 10 Jahre umsonst gearbeitet.<BR /><BR /><embed id="dtext86-49348210_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wie kommt die halbe Million für den Staat zustande?</b><BR />Durnwalder: Der Rechnungshof hat für Murmeltier, Schadfuchs und Kormoran den Wert eines ausgestopften Tieres hergenommen abzüglich der Arbeit. Beim Steinbock wurden Fleisch und Trophäe mit 5000 Euro bewertet. Das ist wie wenn ich den Wert eines Baumes nach dem Wert der Schnitzwerke bestimme, die daraus vielleicht entstehen könnten. Hier tut mir besonders Amtsdirektor Erhard leid, der wegen der Abschüsse, die von Bauernbund, Jagd- und Fischereiverband gefordert und von der Wildbeobachtungskommission gutgeheißen wurden, die Wohnung verkaufen muss.<BR /><BR /><b>Sie sagten, in der ganzen Angelegenheit habe auch Ihre Person eine Rolle gespielt. Wie ist das zu verstehen?</b><BR />Durnwalder: Ich habe immer offen und mit Überzeugung Forderungen an den Staat gestellt, darunter die Abschaffung des Regierungskommissariats und der Region bzw. neue Zuständigkeiten für Polizei und Post. Das haben nicht alle Staatsvertreter gern gesehen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Forderungen beigetragen haben, dass ich nicht Liebkind des Staates war. Man hat ein Exempel statuieren wollen, dass auch der Durnwalder keine Höhenflüge machen kann. Denn wenn der meint, er könne Wallnöfer oder Strauß nachahmen, dann zeigen wir ihm, wo der Bartl den Most holt.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-49348211_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Haben Sie schon überlegt, ob sie Sozialdienst ableisten?</b><BR />Durnwalder: Nein, das ist alles noch zu klären. Da kommt mir mein Alter vielleicht zugute. <BR /><BR /><b>Sie ziehen nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Warum?</b><BR />Durnwalder: Mir wurde nicht gestattet, einen Fachmann per Gutachten belegen zu lassen, dass ich nur Geld zurückbekommen habe, das ich bereits für die Öffentlichkeit vorgestreckt habe. Es muss doch jedem zustehen, seine Unschuld beweisen zu können. Mir ist bewusst, dass solche Verfahren lange dauern, und ich möchte nicht, dass das Urteil nach meinem Tod kommt. <BR /><BR /><b>Was sagt Ihre Tochter Greta zum Urteil? Und Ihre Frau?</b><BR />Durnwalder: Greta findet das Urteil ungerecht. Meine Frau hat in diesen 7-einhalb Jahren Gerichtsverfahren und Unsicherheit mehr gelitten als ich. Dass endlich ein Abschluss da ist, erleichtert sie. Und was mich betrifft: Ich werde freier werden, meinen Kollegen meine Meinung zu sagen.<BR />