<b>von Rola Dashti, Claver Gatete und Mahmoud Mohieldin</b><BR /><BR /><BR />Das CBAM erhebt einen Preis auf den Kohlenstoffgehalt emissionsintensiver Importe wie Stahl, Aluminium und Zement. Ziel dabei ist es, das EU-Emissionshandelssystem (ETS) zu stärken und gleiche Wettbewerbsbedingungen für in- und ausländische Hersteller zu schaffen, um so Anreize für umweltfreundlichere Produktionsverfahren weltweit zu setzen.<BR /><BR />Trotz der Unterstützung des Europäischen Parlaments für jüngste Vorschläge zur Vereinfachung des CBAM besteht jedoch die Gefahr, dass seine derzeitige Ausgestaltung und das Tempo seiner Umsetzung die Legitimität des CBAM untergraben. Statt eine faire und gerechte Energiewende voranzutreiben, könnte es Handelsspannungen schüren und die wirtschaftliche Fragmentierung vorantreiben, die Ungleichheit verschärfen und dabei nur begrenzte Klimavorteile bringen.<BR /><BR />Während der laufenden Übergangsphase, die im Oktober 2023 begann, müssen Importeure die mit ihren Waren verbundenen CO2-Emissionen melden, aber nicht dafür bezahlen. Das wird sich im Januar 2027 ändern, wenn die Abgaben auf kohlenstoffintensive Importe im Rahmen des CBAM in Kraft treten.<h3> Der Globale Süden ist unvorbereitet</h3>Die meisten Länder des Globalen Südens – insbesondere die großen Exporteure in die EU – sind auf diese Umstellung nicht vorbereitet, da ihnen die technischen Fähigkeiten zur Erfassung und Meldung eingebetteter CO2-Emissionen, die institutionelle Infrastruktur zu ihrer Verifizierung und die Haushaltsspielräume zur Übernahme der Kosten für die Einhaltung der Vorschriften fehlen.<BR /><BR />Dies sind einige der Symptome eines zutiefst ungleichen globalen Systems, in dem die Belastungen durch den Klimaschutz nicht gerecht verteilt sind.<h3> Eine gerechte Energiewende?</h3>So lobenswert die erklärten Ziele des CBAM sein mögen: Man darf die ihm innewohnenden Asymmetrien nicht übersehen. Die Anwendung eines einheitlichen Kohlenstoffpreissystems auf Länder mit völlig unterschiedlichen Fähigkeiten untergräbt den Grundsatz einer gerechten Energiewende und die Legitimität globaler Klimamaßnahmen, indem sie denen, die am wenigsten für die Krise verantwortlich sind, unverhältnismäßig hohe Belastungen aufbürdet. <BR /><BR />Viele Entwicklungsländer sind noch immer dabei, sich von der Covid-19-Pandemie zu erholen, haben mit steigender Staatsverschuldung zu kämpfen und sind zudem äußerst anfällig für Klimaschocks. Jetzt wird von ihnen erwartet, die Standards der EU und des Vereinigten Königreichs einzuhalten, obwohl sie keinen Zugang zu robusten Emissionsdatensystemen haben und es ihnen an sauberen Technologien, einer regulatorischen Infrastruktur und angemessener Klimafinanzierung fehlt.<h3> Ein Fehler in der Konstruktion</h3>Erschwerend hinzu kommt, dass die durch das CBAM erzielten Einnahmen in die Haushalte der EU und des Vereinigten Königreichs fließen werden und nicht in die internationale Klimafinanzierung oder die Unterstützung der betroffenen Länder. <BR /><BR />Dieser Konstruktionsfehler verstärkt den Eindruck, dass es sich beim CBAM nicht um einen echten Versuch handelt, globale Klimaziele voranzutreiben, sondern um ein handelsprotektionistisches Instrument. Viele Länder, vor allem außerhalb Europas, haben derartige Bedenken geäußert und betrachten den Mechanismus als einseitige Handelsmaßnahme, die sich in grüne Rhetorik hüllt.<BR /><BR />Die geopolitischen Folgen könnten verheerend sein. Das CBAM entstand in einer Zeit, in der der Multilateralismus schwächelt und Handelsspannungen eskalieren. Ohne breitere Beteiligung und greifbare Unterstützung der betroffenen Exporteure besteht die Gefahr, dass es die wirtschaftliche Fragmentierung vorantreibt und das globale Vertrauen untergräbt – und das ausgerechnet, während die internationale Klimazusammenarbeit besonders wichtig ist und die offizielle Entwicklungshilfe gekürzt wird.<h3> Das CBAM lässt sich reparieren</h3>Doch das CBAM lässt sich reparieren. Mit durchdachten Reformen kann es sich von einem starren politischen Instrument zum Katalysator einer gerechten Klimawende entwickeln. Um dies zu erreichen, sollten die EU und das Vereinigte Königreich erwägen, den Beginn der finanziellen Durchsetzung bis mindestens 2028 zu verschieben, um den Entwicklungsländern Zeit zur Vorbereitung und Anpassung zu geben.<BR /><BR />Dieser Aufschub muss in einem strategischen Partnerschaftsrahmen verankert werden, der die Ressourcen auf die Einrichtung von Systemen zur Emissionserfassung, die Stärkung der Regulierungsfähigkeiten, die Entwicklung von Märkten für Emissionsgutschriften und die Beschleunigung umweltfreundlicher Industrieprojekte in klimagefährdeten Volkswirtschaften ausrichtet.<BR /><BR />Darüber hinaus sollte ein Teil der CBAM-Einnahmen für internationale Klimapartnerschaften verwendet werden. Dies würde den Mechanismus gerechter machen, aufseiten der Entwicklungsländer Vertrauen schaffen und sicherstellen, dass die Kohlenstoffbepreisung als Anreiz und nicht als Strafe dient. Am wichtigsten ist, dass das CBAM nicht als Endziel, sondern als Schritt in Richtung eines koordinierteren und inklusiveren Rahmens zur Bepreisung von CO2-Emissionen verstanden werden muss. Die gegenseitige Anerkennung nationaler Systeme, politische Flexibilität und Übergangsschwellen könnten dazu beitragen, eine Fragmentierung zu verhindern und eine internationale Angleichung zu fördern.<h3> Mehr als kühne politische Ambitionen</h3>Während die EU und das Vereinigte Königreich die Fähigkeit und den Einfluss haben, globale Standards mitzugestalten, erfordert eine Führungsrolle beim Klimaschutz mehr als kühne politische Ambitionen; sie erfordert Solidarität, Partnerschaft und die Anerkennung gemeinsamer, aber unterschiedlicher Verantwortlichkeiten. Statt Importe einfach nur durch einen transaktionalen Ansatz zu dekarbonisieren, müssen sich die politischen Entscheidungsträger darauf konzentrieren, eine kohlenstoffarme Entwicklung zu fördern.<BR /><BR />Dieses Ziel lässt sich nicht allein durch Grenzmaßnahmen erreichen. Wenn das CBAM überstürzt eingeführt wird, könnte es zu lediglich einer weiteren spaltenden internationalen Abgabe werden. Kalibriert man es jedoch im Rahmen eines konstruktiven und pragmatischen, auf Vertrauensbildung basierenden Prozesses neu, hat es das Potenzial, als einende Plattform für internationale Klimazusammenarbeit zu dienen.<BR /><BR />Der Kampf gegen den Klimawandel lässt sich nicht durch Ausgrenzung gewinnen. Eine nachhaltige Zukunft erfordert den Aufbau von Systemen, die andere einbeziehen. Ein gut konzipiertes CBAM könnte bei diesen Bemühungen eine entscheidende Rolle spielen.<h3> Zu den Autoren</h3>Rola Dashti ist Untergeneralsekretärin und Exekutivsekretärin der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien. Claver Gatete ist Untergeneralsekretär und Exekutivsekretär der UN-Wirtschaftskommission für Afrika. Mahmoud Mohieldin ist UN-Sonderbeauftragter für die Finanzierung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und Co-Vorsitzender der UN-Expertengruppe für Schuldenfragen. Er ist ehemaliger ägyptischer Investitionsminister (2004-10), ehemaliger Senior-Vice President der Weltbankgruppe und ehemaliger Exekutivdirektor des Internationalen Währungsfonds.