<b>von Andreas Schwarz</b><BR /><BR />Nun, die Verlierer der Nationalratswahl sind die beiden Regierungsparteien ÖVP (26,5 Prozent) und Grüne (8), die gemeinsam fast ein Drittel ihrer Wähler verloren haben; und die ehemals stolze Kanzlerpartei SPÖ, die einen historischen Tiefstand um die 20 Prozent erreichte und auf Platz 3 rasselte. <BR /><BR />Sie war gestern die einzige, die ihre Gremien mit dem Wahlergebnis befasste, am Vormittag Parteipräsidium, am Nachmittag trat der Vorstand zusammen. Einen Rücktritt des glücklosen Ex-Marxisten Andreas Babler vom Amt des Parteichefs wollte niemand anregen, die Parteigranden waren um Einigkeit bemüht. Die Führungsdebatte folgt später. Babler konstatierte „strukturell-politische Probleme“ in ländlichen Regionen, deshalb werde man auf jene Gegenden den Fokus legen. Und man hat sich „professionell vorbereitet, falls Sondierungsgespräche auf die SPÖ zukommen“. Geeinigt habe man sich auf ein 5-köpfiges Team.<BR /><BR />Der alleinige Sieger (abgesehen von einem minimalen Plus für die NEOS) das Wahlsonntags heißt Herbert Kickl, der seine FPÖ aufs All-Time-High ihrer Geschichte und Platz 1 (29,2 Prozent) katapultierte.<BR /><BR />Und die große Frage, die noch viele Analytiker und Politologen beschäftigen wird, lautet: Wieso verliert eine Regierung, die das Land verhältnismäßig gut durch die großen Krisen gebracht hat (Pandemie, Energiekrise durch Ukraine-Krieg, schrumpfendes Wirtschaftswachstum), die Milliarden an Förderungen und Unterstützungen über der Bevölkerung ausgeschüttet hat (Klimabonus, Reparaturbonus), die „das Beste aus 2 Welten“ (so der Werbespruch bei der Regierungsbildung vor 5 Jahren), also Wirtschaftsliberalismus und Ökologie, verbinden wollte, so massiv? Und wieso folgt nahezu ein Drittel der Wähler einem rechten Rattenfänger und Krankjammerer wie FPÖ-Chef Kickl, obwohl das Land nach allen Parametern (Sicherheit, Wohlstand, Soziales) zu den lebenswertesten der Welt zählt?<BR /><BR />Die Zuwanderung und die zunehmende Überfremdung in Europa samt der wachsenden Bedrohung durch Islamismus spielen wohl eine Rolle. Die irrationale Corona-Verärgerung samt vermeintlicher Übervorteilung durch staatlichen Dirigismus auch. Und die unerklärliche Anziehungskraft, die ein Rebellieren der radikalen Populisten gegen „das System“ und „die Systemparteien“ ausübt, auch.<BR /><BR />Genau dieser radikale Populismus ist jetzt der große Stolperstein, der der Kickl-FPÖ beim Wunsch, Regierungsverantwortung übernehmen zu können, im Weg liegt. <h3> Nehammers klare Worte</h3>Es war überraschend und ungewöhnlich, wie deutlich ÖVP-Chef Karl Nehammer kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen eine Koalition mit der FPÖ und ihrer radikalen Politikausübung ausschloss („Was wir vor der Wahl gesagt haben, gilt auch nach der Wahl“); wie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf die Versäumnisse des seinerzeitigen Innenministers Herbert Kickl und darauf verwies, dass mit jemandem, der Pferdeentwurmungsmittel gegen Covid empfahl und sein ganzes Augenmerk auf die Anschaffung von Polizeipferden richtete, keine Regierungszusammenarbeit möglich sei.<BR /><BR />Das waren Pflöcke, die die ÖVP eingeschlagen hat. Vielleicht auch, um schnell jenen in der eigenen Partei den Wind aus den Segeln zu nehmen, die mehr inhaltliche Schnittmengen mit der FPÖ als mit allen anderen zur Regierungsverfügung stehenden Parteien sehen und sich doch lieber eine Koalition mit der FPÖ als mit der SPÖ sähen.<BR /><BR />So war schnell klar: Die ÖVP, seit 36 Jahren in Regierungsverantwortung, will und wird weiter regieren, aber voraussichtlich nicht mit der FPÖ. Die devastierte SPÖ steht für Regierungsverhandlungen zur Verfügung, das machte sie gestern einmal mehr deutlich, aber nicht mit der FPÖ.<BR /><BR />Die NEOS wollen endlich regieren, und da kommen nur ÖVP mit SPÖ als Partner in Frage. Und die Grünen würden auch gerne weiterregieren und zeigen auf, aber die braucht eigentlich niemand mehr für eine Regierungsmehrheit.<BR /><BR />Herbert Kickl ist also mit seinem ersten Platz ziemlich allein zu Haus. Und hat auch noch den Bundespräsidenten nicht unbedingt als Verbündeten, der genau weiß, dass ihn die Verfassung überhaupt nicht zwingt, dem Wahlersten den Regierungsbildungsauftrag zu geben. Er wird nun einmal sondieren lassen – hat aber schon am Wahlabend gesagt, dass Kanzler nur sein könne, wer Rechtsstaat, Freiheit der Medien, Minderheitenrechte und die EU-Mitgliedschaft nicht in Frage stelle. Damit deutete er schon an, wer dafür nicht in Frage kommt: Wahlsieger Herbert Kickl.