Vincze nimmt im folgenden Interview Stellung. <BR /><BR /><b>Was sind Ihre Ziele für die dritte Amtszeit?</b><BR />Lorant Vincze: Es geht darum, die FUEN auf lange Sicht zu stabilisieren. In der ersten Amtsperiode war es sehr schwierig; wir mussten die internen Abläufe und die Satzung ändern, um effizienter arbeiten zu können. In der zweiten Amtsperiode ging es darum, eine sichere finanzielle Grundlage zu schaffen. In der dritten ist die Herausforderung, sicherzustellen, dass das, was wir erreicht haben, langfristig Bestand hat. Mit den Fördermitteln der EU, die wir für 2023 erstmals in Aussicht haben, bekommen wir ein drittes Standbein neben den Beiträgen, die wir von Deutschland und Ungarn bekommen. Das bedeutet, dass ich nach diesen 3 Jahren eine langfristig stabile Organisation hinterlassen werden könne.<BR /><BR /><b>In Zeiten der Pandemie, des Ukrainekrieges und der daraus folgenden wirtschaftlichen Krisen waren Minderheitenfragen weniger wichtig, waren Minderheiten weniger sichtbar. Wie wollen Sie das ändern?</b><BR />Vincze: Hier kommt das Minority SafePack ins Spiel. Das ist das wichtigste Projekt der FUEN, und wir werden daran weiterarbeiten. Am 9. November wird vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg unsere Beschwerde gegen die Untätigkeit der EU-Kommission verhandelt. Rechtlich ist der Weg also noch nicht zu Ende. Politisch gesehen hat das Minority SafePack seine eigene Dynamik bekommen. Es hängt nicht mehr nur an der FUEN. Es ist eine Marke geworden für die Ziele der nationalen Minderheiten in Europa, auf europäischer Ebene einen rechtlichen Rahmen für ihren Schutz zu bekommen. <BR /><BR /><b>Wie wollen Sie mit den Folgen der Krisen umgehen?</b><BR />Vincze: Krisen sind nichts Neues in der EU, sondern eher die Regel. Es gibt immer Probleme, die wichtiger sind als jene der Minderheiten. Wir wissen sehr gut, dass wir nie ganz oben stehen werden auf der Tagesordnung. Aber trotzdem muss man uns die nötige Aufmerksamkeit und Unterstützung gewähren. Ich denke, unsere Anliegen sind nun sichtbarer als vorher. Wir stehen auf der Agenda der EU, sogar die EU-Kommission erkennt uns an, und nicht zu reden vom EU-Parlament, wo es eine große Mehrheit für unsere Vorschläge gibt. <BR /><BR /><b>Beim heurigen Kongress wurde hitzig diskutiert über die Entwicklung der Demokratie in Ungarn, die großen Anlass zur Sorge gibt <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/hitzige-debatte-ueber-haltung-zu-ungarn" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">(s+ hat berichtet)</a>; ähnliches gilt aber für Polen, und in Italien und Schweden wird es höchstwahrscheinlich Regierungen geben mit sehr weit rechts stehenden Partnern. Was bedeutet das für die Minderheiten und wie wird die FUEN damit umgehen?</b><BR />Vincze: Ich denke, es ist sehr einfach, Parteien und Organisationen Etiketten anzukleben. Aber wir reden hier von Zuschreibungen, denn wir haben diese Leute in Italien und Schweden noch nicht bei der Arbeit sehen können. Und auch was Polen und Ungarn betrifft, ist es sehr schwierig, ideologische Ziele und Fakten zu unterscheiden, also was wirklich geschieht. Es ist nicht gut, wenn solche ideologischen Kämpfe in die FUEN hineingetragen werden. Die Mitgliedsstaaten des Europarats sind alle Demokratien, aber sehr unterschiedliche. Alle Regierungen wurden in freien Wahlen gewählt – in all diesen Staaten. <BR /><BR /><b>Aber es muss doch jeder erschrecken, wenn die deutsche Minderheit in Polen eine klar diskriminierende Maßnahme nicht vor Gericht anfechten will, weil sie weiß, dass sie vor den von der Regierung nach politischen Kriterien eingesetzten Richtern keine Chance hat?</b><BR />Vincze: Das ist ein besonderer Fall, so wie es auch einen Fall in Rumänien gibt, wo ein Gericht entschieden hat, dass eine ungarische Schule nicht bestehen darf, weil sie nicht so aufgebaut war, wie es das Gericht für richtig hält. Das ist eine Entscheidung, die man diskutieren kann. Ich kritisiere die Entscheidung in Rumänien, auch weil man die Justiz als ein Instrument gegen die Minderheit benutzt. Dieses Problem müssen die Minderheitenorganisationen vorbringen, und dann bekommen sie die Unterstützung der FUEN gegenüber der jeweiligen Regierung. Man sollte immer der Minderheitenorganisation zuhören, was für sie ein Problem ist. Das ist besser, als etwas zu unternehmen, das ihr nicht hilft. Man sollte sich auch nicht ein Bild von einem Land zu machen versuchen, ohne mit der Minderheitenorganisation in diesem Land zu reden.<BR /><BR /><b>Könnten diese Fragen beim nächsten FUEN-Kongress eingehender diskutiert werden?</b><BR />Vincze: Es gibt eine Menge solcher Probleme. Da sind die Türken in Westthrakien, die seit 10 Jahren in der FUEN sind und darüber klagen, dass Griechenland sie nicht anerkennt. Griechenland sagt, dass es die Wiege der Demokratie sei, aber es handelt nicht wie eine. Frankreich erkennt die Existenz regionaler Sprachen nicht an. Wie können wir dem entgegentreten? Wir machen darauf aufmerksam, wir haben unsere Resolutionen, die wir an die Regierungen schicken. Ich bin damit nicht zufrieden, denn wir bekommen keine Antworten und wir sehen nicht, dass sich die Behandlung der Minderheiten ändert. Aber wir sollten uns auf unsere Aufgabe konzentrieren, Minderheitenrechte einzufordern, und nur in diesem Zusammenhang Kritik an Regierungen üben. <BR /><BR /><b>Würde Ungarn Minderheitenrechte verletzen, würden Sie die Regierung kritisieren?</b><BR />Vincze: Absolut. Würde ich sehen, dass Ungarn Minderheitenrechte verletzt, würde ich erst mit ihnen reden und dann die Sache in die FUEN bringen. <BR /><BR /><b>Können Sie verstehen, dass der Wunsch da war, dieses Thema hier zu diskutieren?</b><BR />Vincze: Auf persönlicher Ebene schon. Jeder schaut Fernsehen, wo öffentliche Debatten über diese Themen geführt werden. Diese Debatten sind aber total einseitig; die andere Seite kommt nie zu Wort. Jene, die bei unserem Kongress diese Debatte führen wollten, werden angetrieben von dieser öffentlichen Diskussion. Wir können das Thema diskutieren, aber es ist nicht unsere Aufgabe, Entscheidungen zu treffen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56341581_listbox" />