Die von Skandalen und permanent schlechter Stimmung geprägte Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen in Wien bietet jeder Oppositionspartei ein leichtes Ziel, um an den Wahlurnen zu punkten. Was die FPÖ problemlos und fast ohne eigenes Zutun schafft, will der SPÖ einfach nicht gelingen – und das schon seit Jahren. Doch selbst jetzt, wo man mit einer Mitgliederbefragung endlich Ruhe in die Partei bekommen möchte, geht es drunter und drüber. <BR /><BR /><BR />Stattdessen stolpert die Partei in der Zielgeraden, nein: allenfalls in der Zielkurve von einem Sturz zum nächsten …<BR />Moment, wird der eine oder andere Leser jetzt sagen: Die Führungsdiskussion in der einst so stolzen SPÖ, schwelt die nicht seit Jahren? Brennt die nicht seit Jahresbeginn? Und ist die Partei nicht Mitte März daran gegangen, sie endlich und final zu lösen und löschen? Um dann einig und geschlossen den entstandenen Schaden aufzuräumen?<BR /><BR /><BR />Ja eh. Aber wenn man schon in der Selbstzerstörung drinnen ist … - dabei wurde die These des Wiener Vaters der Psychoanalyse, Sigmund Freud, vom Selbstzerstörungstrieb des Menschen von seinen Psychiaterkollegen schon frühzeitig widerlegt.<BR /><BR /><BR />Die SPÖ liefert den Gegenbeweis. Seit ihr Parteichef Christian Kern nach der Niederlage gegen ÖVP-Wunderwuzzi Sebastian Kurz hinwarf und die Medizinerin und frühere Quereinsteigerin Pamela Rendi-Wagner zur Parteichefin machte, rütteln einige Alphatiere in der Partei an ihrem Sessel. Am heftigsten und beständigsten: Hans Peter Doskozil, burgenländischer Landeshauptmann, der glaubt, dass die Partei mit ihm besser dastünde (und das sogar per Umfrage abfragen ließ). Im Moment liegt sie nämlich mit mageren 22 bis 23 Prozent auf Platz 2 bis 3, hinter der rechtspopulistischen FPÖ und neben der Kanzlerpartei ÖVP.<BR /><BR /><BR />Kanzlerpartei will sie wieder werden, die SPÖ. Und Kanzler will neben Rendi-Wagner auch Doskozil werden. Als er Mitte März den Handschuh in den Ring warf („Ich will“), schlug Rendi Wagner einen Parteitag zur Führungsfrage vor, Doskozil eine Mitgliederabstimmung – also (Logik?) gab es beides. <BR /><BR /><BR />Für das Mitgliedervotum meldeten sich dann Dutzende Bewerber, die Partei ließ, um Peinlichkeiten zu vermeiden, nur 3 zu: Rendi-Wagner, Doskozil und den links-linken Bürgermeister von Wiener Neustadt, Andreas Babler. Und, so SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch: Die Abstimmung sei eine Befragung und Empfehlung, die Kür erfolge durch den Parteitag am 3. Juni.<BR /><BR /><BR />Seit 10. Mai wird abgestimmt (zu knapp 140.000 SPÖ-Mitgliedern meldeten sich 8000 neue hinzu), Ende vergangener Woche war Abstimmungsschluss – und das Ergebnis soll am 22. Mai vorliegen…<BR /><BR />Das öffnet Spekulationen Tür und Tor (wird so lange gezählt, bis …?). Dann trat auch noch das Wiener SPÖ-Urgestein und Wahlkommissionsmitglied Harry Kopietz zurück (Gesundheitsgründe), und die Kommissionsleiterin Michael Grubesa – ihr wird eine Doskozil-Nähe nachgesagt – forderte mehr Transparenz und unabhängige Einsicht in die Abstimmungsunterlagen. Geschäftsführer Deutsch – ein Rendi-Wagner-Mann – weist Grubesa und ihre Forderungen öffentlich in die Schranken. Kurzum: Es fliegen die Fetzen. Die Kommentatoren der Medien kommen gar nicht nach im Wundern.<BR /><BR /><BR />Pamela Rendi-Wagner versucht sich derweil als Chefin einer Partei, die doch noch anderes im Sinn hat. Sich etwa um die Opfer der galoppierenden Teuerung zu kümmern.<BR /><BR /><BR /> Als die Regierung aus ÖVP und Grünen nun ein Anti-Teuerungs-Paket vorlegte, war das der SPÖ-Frau natürlich nicht weitreichend genug – zum Trotz will die SPÖ nun bis zum Ende der Legislaturperiode die Zusammenarbeit bei 2-Drittel-Materien verweigern. <BR /><BR /><BR />Ein Schuss, der nach hintern los ging: Erstens sind die Menschen das Streiten der Parteien satt; zweitens bleiben dann einige wichtige Gesetze wie etwa in Sachen Klimaschutz auf der Strecke; und drittens kann dieser Patschen, wie man hier sagt (Plattfuß) nicht von der SPÖ-Selbstzerstörung, Freud hin oder her, ablenken. Egal, wer am Montag als Sieger aus der Mitgliederbefragung heraus hüpft. <BR />