Damit hatte Vendola, Präsident der Region Apulien, auf den Beschluss des Starschauspielers Gerard Depardieu reagiert, auf die französische Staatsbürgerschaft zu verzichten, um sich dem hohen Steuerdruck auf Einkommensstarke zu entziehen. "Ich habe keinerlei Respekt für Depardieu, einen Millionär, der emigriert, um seinen Status zu verteidigen und sich in die Arme Putins stürzt", kommentierte Vendola den Beschluss des Franzosen, die russische Staatsangehörigkeit anzunehmen.Damit schüttet der Süditaliener Öl ins Feuer der lodernden Polemik um die Vereinbarkeit zwischen der linksradikalen Linie seiner SEL und der Demokratischen Partei (PD) Pierluigi Bersanis. Der 54-jährige Vendola, ein früherer Genosse des Altkommunisten Fausto Bertinotti, macht kein Hehl daraus, dass er die meisten Reformen der Regierung von Mario Monti wieder rückgängig machen will. Der Mitbegründer der Schwulenorganisation Arcigay kritisiert offen den EU-Fiskalpakt und stemmt sich vehement gegen den „von der Hochfinanz diktierten Austeritätskurs“ des Fachleutekabinetts. Dabei scheut sich Vendola nicht davor, altlinke Positionen, angefangen vom Kündigungsschutz, zu verteidigen. Die Möglichkeit einer Koalition mit Montis Zentrumsblock bezeichnet Vendola als "schauderhaft". Er vergleicht den scheidenden Premier gar mit dessen Vorgänger Silvio Berlusconi und wirft ihm vor, das Fernsehen "mit Berlusconi-ähnlicher Geschicklichkeit" zu besetzen. Damit gerät Vendola offen mit PD-Chef Bersani in Konflikt, der nach den Wahlen eine Kooperation mit Montis Zentristen eingehen will. "Vendola weiß, dass ich der Premierkandidat bin und dass wir Montis Reformagenda unterstützen", versucht Bersani Sorgen um die Stabilität des Mitte-links-Bündnisses zu zerstreuen. Trotzdem könnte sich eine neue Mitte-links-Regierung im internen Gezänk mit den linksradikalen Elementen der Koalition verlieren, warnen politische Experten in Rom. Dazu gehört auch der PD-Flügel um den wirtschaftspolitischen Sprecher Stefano Fassina, der wegen seiner linken Positionen für den Liberalen Monti ein rotes Tuch vor Augen ist. Kein Wunder, dass der Wirtschaftsprofessor kürzlich Bersani aufgerufen hatte, sich von den linksradikalen Elementen seiner Koalition zu trennen, die seinen Reformen Steine in den Weg gelegt hatten. "Vendola und Fassina wollen eine Arbeitswelt beibehalten, die im Vergleich zum Rest Europas übertrieben beschützt wird", sagte Monti. Er dagegen wolle neue Arbeitsplätze schaffen. Neben dem Erhalt des Kündigungsschutzes und dem Einsatz für die Begrenzung von Leiharbeit und befristeten Arbeitsverträgen, setzt sich Vendolas SEL im Bereich der kommunalen Infrastruktur gegen den Privatisierungstrend ein, zum Beispiel bei den lokalen Wasserbetrieben, da dies seiner Ansicht nach zu stark steigenden Preisen führen werde. Außerdem verlangt er die Einführung einer Reichensteuer. Er setzt sich außerdem für eine stärkere Vernetzung der europäischen Linken ein. Diese müsse laut Vendola gemeinsame Antworten auf die Finanzkrise entwickeln, die ein soziales und ökologisches Europa ermöglichen sollen.mit/D