Wir trafen das „politische Ehepaar“ während des Urlaubes in Toblach. <BR /><b>von Elmar Pichler Rolle</b><BR /><BR /><b>Welche Eindrücke haben Sie von Südtirol gewonnen?</b><BR />Csaba Sógor: Es ist wunderschön hier. Wir waren vor Jahren zum Skifahren in Schnals. Jetzt kommen wir fast regelmäßig. Diesmal waren wir in Toblach und haben die Dolomiten erkundet. Herrlich!<BR />Enikö Sógor: Auch im Szeklerland, also bei uns in den Karpaten, gibt es kleine Skigebiete, und es gibt zwar wenig, aber doch immer mehr Tourismus, dann viel Land- und Holzwirtschaft.<BR /><BR /><b>Wie beurteilen Sie die Lage in Rumänien?</b><BR />Enikö Sógor: Die EU hat Rumänien einen strengen Sparkurs verordnet, nach einer jährlichen Neuverschuldung von zuletzt 9,3 Prozent! Das spüren die Menschen, reagieren oft verärgert und wählen radikal rechte Parteien. Dabei kann ich von meiner Erfahrung als Vizebürgermeisterin sagen, dass die EU für uns wie das Paradies ist. Sie fördert nämlich auf direktem Weg viele kommunale Projekte und das ist ein Segen, denn Rumänien wird absolut zentralistisch regiert und von Bukarest fließt wenig an Steuern in viele entlegene Gebiete retour.<BR /><b><BR />Was ist im Szeklerland anders als in Südtirol, was fällt Ihnen spontan ein?</b><BR />Enikö Sógor: Wir haben dank der EU auch in ländlichen Gebieten teils perfekte Dienstleistungen, zum Beispiel schnelles Internet. Wer als Gast zu uns kommt, wird staunen. Blickt der Gast aber aus dem Hotelzimmer sieht er Bauern, die mit einem Ochsengespann das Feld pflügen. Diese Kontraste gibt es hier nicht…<BR /><BR /><b>Und wie ist die Lage der ungarischen Minderheit in Rumänien?</b><BR />Csaba Sógor: Rumänien hat heute 19 Millionen Einwohner, davon spricht etwas mehr als eine Million Ungarisch. Einige Millionen Rumänen sind zuvor, nach der Wende, in alle Welt ausgewandert, darunter auch Hunderttausende in Rumänien lebende Ungarn. Die Demokratische Union der Ungarn in Rumänien hält aktuell im Senat 10 von 134 Sitzen und im Abgeordnetenhaus 22 von 331 Mandaten. Sie ist sogar an der Staatsregierung beteiligt und stellt drei Minister. In Bukarest treten wir Ungarn auch aufgrund einer Sperrklausel geschlossen auf, im Szeklerland gibt es mittlerweile jedoch drei ungarische Parteien, die sich bekämpfen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1208304_image" /></div> <BR /><BR /><b>Zwischen Ungarn und Rumänien gibt es wohl ein besonderes Verhältnis, wie ist das jetzt unter Viktor Orban?</b><BR />Csaba Sógor: Orban unterscheidet sich in der Frage nicht gegenüber seinen Vorgängern. Ungarn fühlt sich nämlich immer für uns verantwortlich, erhebt aber niemals territoriale Ansprüche. Wir sind halt ungarisches Land außerhalb der Landesgrenzen, aber innerhalb historischer Grenzen. Die Szekler waren immer die Grenzwächter des Königreichs Ungarn gegen Osten. Wir sind also Ungarn, aber eben seit 1920, nach dem Vertrag von Trianon, rumänische Staatsbürger. <BR /> Enikö Sógor: Als Vizebürgermeisterin von Miercurea Ciuc leite ich das Kulturressort. Alle unsere Initiativen werden von der ungarischen Staatsregierung gefördert. Das war vor Orban so, das ist jetzt so und das wird so bleiben. So ist es in allen Gebieten Rumäniens, wo die ungarische Minderheit siedelt. Ungarn finanziert in Rumänien sogar eine ungarische Privatuniversität.<BR /><BR /><b>Gibt es niemals Spannungen zwischen Ungarn und Rumänen?</b><BR />Csaba Sógor: Die gab und gibt es. Die Ungarn im Szeklerland haben nach dem Zerfall der k.-u.-k.-Monarchie 1919 ja das gleiche Trauma erlebt wie Österreich. Danach haben wir Nationalisten, Faschisten und Kommunisten ertragen müssen. Da konnte man nichts aufarbeiten und man konnte nicht aufbegehren. Ab und zu spielt die Religion mit herein. Ich bin Pastor der reformierten, also der calvinistischen Kirche Ungarns. Die Gläubigen der rumänisch-orthodoxen und der katholischen Kirche sind Traditionalisten und sehr konservativ.<BR /><BR /><b>Wie ist es um die Sicherheit bestellt, auch angesichts des Krieges in der Ukraine?</b><BR />Enikö Sógor: Die Menschen bei uns sind genauso besorgt wie die Menschen hier. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Aber wenn Sie die Sicherheit im Alltag meinen, kann ich sagen, dass es nirgendwo so sicher ist wie bei uns im Szeklerland.<BR />Csaba Sógor: Wir würden uns über Gäste aus Südtirol freuen.<BR /><BR /><b>Haben Sie besten Dank für das Gespräch.</b>