Seit ihrer Einführung im Jahr 1989 zeigt diese <a href="https://www.usdebtclock.org/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">nationale Schuldenuhr</a> immer höhere Werte an – von damals 2,7 Billionen Dollar bis zum heutigen Stand von über 31 Billionen. Noch nie zuvor waren Amerika – und auch die gesamte Weltwirtschaft – so stark verschuldet. Seit 2000 ist der weltweite Schuldenstand von 87 Billionen auf über 300 Milliarden Dollar in die Höhe geschossen – und damit fast doppelt so stark gestiegen wie das globale BIP.<BR /><BR />Abgesehen vom politischen Theater, den Intrigen und dem riskanten Verhalten, von dem heute jede Erhöhung der US-Schuldenobergrenze begleitet wird, stellt sich die Frage: Können wir überhaupt etwas tun, um diese Schuldenuhr zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen?<BR /><BR />Zur letzten Jahrhundertwende fand die Schweiz eine Antwort auf diese Frage, die „Schuldenbremse“ genannt wurde und die Regierung des Landes dazu verpflichtet, ihre Haushalte innerhalb eines Wirtschaftszyklus wieder auszugleichen. Als Reaktion auf die immer höhere Verschuldung und wiederholten Defizite der 1990er hatte eine Gruppe Schweizer Ökonomen und Politiker begonnen, sich für eine Verfassungsänderung einzusetzen, um die öffentlichen Ausgaben und Kreditaufnahmen zu begrenzen. Als die Schweizer Regierung dann 2001 die Schuldenbremse zur Volksabstimmung brachte, wurde sie von den Wählern mit überwältigender Mehrheit angenommen und ging in die Verfassung des Landes ein.<BR /><BR />Diese Maßnahme hatte erstaunliche Folgen: Seit ihrer Einführung ging das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum BIP von 30% auf 20% zurück. Im gleichen Zeitraum schoss dieser Verschuldungsgrad in Großbritannien (186%), Japan (227%), den USA (123%) und anderswo in beispiellose Höhen.<BR /><BR />Die Schweizer Schuldenbremse funktioniert, weil sie ein einfaches und überzeugendes Ziel hat: das Wachstum der Staatsschulden zu begrenzen, indem die Regierung davon abgehalten wird, Geld auszugeben, das sie nicht hat. Darüber hinaus ist diese Maßnahme ein Teil der Schweizer Verfassung. Dadurch genießt sie ein hohes Maß an politischer Legitimität und ist schwer aufzuheben oder zu verändern. Und dadurch, dass sie eine klare Grenze bietet, an der Fortschritte gemessen werden können, werden die Politiker für die von ihnen vertretenen Bürger berechenbarer und geraten nicht in Versuchung, sich zum Zweck ihrer Wiederwahl zu verschulden und die Tilgungslast auf zukünftige Generationen zu verschieben.<BR /><BR />Gleichzeitig ist die Schuldenbremse keine Zwangsjacke: Sie enthält automatische und antizyklische Stabilisatoren, die während wirtschaftlicher Schwächeperioden wie der COVID-19-Krise temporäre Defizite erlaubt und in guten Zeiten zur Rückzahlung der Schulden ermutigt.<BR /><BR />Heute verfügt die Schweiz über ein AAA-Kreditrating, das in einer Welt steigender Finanzierungskosten eine wichtige Rolle spielt. Beim aktuellen Verschuldungs- und Zinsniveau geben die amerikanischen Steuerzahler etwa 15-mal mehr für Zinszahlungen aus als die Schweizer. Und während letztere dadurch Ressourcen übrig haben, die sie in Ausbildung, Forschung, Kinderbetreuung und andere wichtige öffentliche Güter und Dienstleistungen investieren können, müssen die Enkel der amerikanischen Steuerzahler deren Schulden bedienen, ohne je von ihnen profitiert zu haben.<BR /><BR />Die Bedeutung des Sozialvertrags zwischen den Generationen ist offensichtlich: Die Älteren geben ihre Tradition und Weisheit an die Jüngeren weiter, die wiederum neue Sichtweisen, Ideen und technologische Fortschritte einbringen. Aber dies muss ein fairer Austausch für alle sein. Im Deutschen beinhaltet das Wort „Schulden“, dass man in einer Schuld steht, also in gewisser Hinsicht „schuldig“ ist – eine Art moralischer Erinnerung daran, unseren Teil der Abmachung zu erfüllen.<BR /><BR />Zugegebenermaßen lässt sich die US-Verfassung viel schwerer ändern als diejenige der Schweiz. Aber auch die Gründerväter der USA sahen die Anhäufung öffentlicher Kredite als Thema von grundlegender Bedeutung. Sie erkannten, dass übermäßige Schulden zukünftige Generationen belasten, die wirtschaftliche Stabilität bedrohen und die nationale Unabhängigkeit untergraben. Und sie wussten, dass dies zum Untergang des römischen Kaiserreichs, der französischen Monarchie, der niederländischen Republik und des spanischen Reichs geführt hatte. Das Rezept dafür war immer gleich: teure Kriege und extravagante Ausgaben.<BR /><BR />Im Gegensatz dazu haben die amerikanischen Gründer an die Bedeutung fiskaler Verantwortlichkeit geglaubt und sich dafür eingesetzt, die Staatsausgaben zu begrenzen und übermäßige Schulden zu vermeiden. So argumentierte Alexander Hamilton, die Regierung solle sich Geld nur unter der strengen Bedingung leihen dürfen, dass „die Verschuldung immer von den Mitteln zur Tilgung begleitet“ sein müsse. Und Thomas Jefferson glaubte, um „die Unabhängigkeit [des Volkes] zu bewahren, dürfen wir nicht zulassen, dass uns unsere Politiker mit dauerhaften Schulden belasten“.<BR /><BR />Angesichts dieses Ziels wurde die Verfassung der USA mit Kontrollmechanismen ausgestattet, um Machtmissbrauch zu verhindern – darunter auch fiskale Verantwortungslosigkeit. Indem ihre Verfasser die Macht über die Staatskasse der Legislative zuwiesen, wollten sie die Kontrolle und den Überblick über die Ausgaben gewährleisten.<BR /><BR />Seit 1787 wurde die US-Verfassung nur 27-mal geändert, während dies bei der Schweizer Verfassung regelmäßig geschieht. Aber ein so rigoroser und herausfordernder Prozess benötigt größere Legitimität. Diese ist dadurch entstanden, dass 85% der Schweizer Bürger der Schuldenbremse zugestimmt haben. Auch die Amerikaner verdienen die Chance, zu entscheiden, ob auch sie etwas Ähnliches haben wollen.<BR /><BR />Aus dem Englischen von Harald Eckhoff<h3>Zum Autor</h3>R. James Breidingis ist Verfasser von Swiss Made: The Untold Story Behind Switzerland’s Success (Profile Books, 2013), und Too Small to Fail: Why Some Small Nations Outperform Larger Ones and How They Are Reshaping the World (Harper Business, 2019).<BR /><BR />Copyright: Project Syndicate, 2023.<BR /> <a href="https://www.project-syndicate.org/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.project-syndicate.org</a><BR /><BR />