Die USA und ihre Verbündeten befürchten nun Vergeltungsschläge des Al-Kaida-Netzwerks und seiner Unterstützer. Dass Bin Laden getötet worden sei, heiße nicht, dass nun die Organisationen verschwänden, „die Al-Kaida angegliedert oder davon inspiriert sind“, erklärte Interpol-Chef Ronald Noble in Lyon. Die Polizeibehörden in den 188 Mitgliedstaaten von Interpol seien in höchster Alarmbereitschaft.In seiner Rede an die Nation bezeichnete US-Präsident den Tod Bin Ladens zwar als bisher größten Erfolg der USA im Kampf gegen Al-Kaida. Zugleich warnte er aber, dass die Organisation weitere Angriffe vorbereiten werde. Daran gebe es „keinen Zweifel“, sagte Obama. „Wir müssen und wir werden zu Hause und im Ausland wachsam bleiben.“ Ähnliche Warnungen gaben auch andere westliche Regierungen aus. Taliban drohen mit Vergeltungsschlägen So waren auch bereits am Montag im Internet Drohungen radikaler Islamisten zu lesen. So kommentierte ein Nutzer die Bilder jubelnder Menschen in den USA mit den Worten: „Feiert die Nachricht (vom Tod Bin Ladens) so viel ihr wollt, Ungläubige. Denn ihr habt hienieden nur wenig Zeit, um es zu tun“. Auch die radikalislamischen Taliban drohten mit Anschlägen in Pakistan und den USA.Experten gehen allerdings davon aus, dass sich mit dem Tod Bin Ladens die Aufspaltung von Al-Kaida beschleunigen wird. Al-Kaida habe jetzt ein „Zentrum“ in Pakistan, im Irak einen auf Angriffe gegen Schiiten ausgerichteten sunnitischen Zweig und einen jemenitisch dominierten Ableger auf der arabischen Halbinsel, sagt Jean-Pierre Filiu, Professor an der Pariser Politik-Kaderschmiede Sciences Po und Autor eines Buchs über Al-Kaida. Die Gruppe Al-Kaida im islamischen Maghreb (Aqmi) wiederum habe sich zwar mit ihren Beziehungen zu dem Saudi-Araber Bin Laden gebrüstet, sei aber schon zu dessen Lebenszeiten als größtenteils eigenständige Organisation gesehen worden.Folgt al Zawahiri bin Laden nach? Die bisherige Nummer zwei von Al-Kaida, der Ägypter Ayman al Zawahiri, werde nicht in der Lage sein, seinen Willen in ähnlicher Weise innerhalb des Terrornetzwerks durchzusetzen, wie dies Bin Laden gelungen sei, sagt Filiu voraus. Ähnlich sieht es der französische Anti-Terror-Richter Marc Trevidic. Bin Laden sei als ideologischer Anführer „als einziger in der Lage gewesen, die vielen disparaten Gruppen in aller Welt zusammenzuhalten“. Deshalb sei seine Tötung ein „sehr schwerer Schlag“ für Al-Kaida.Gerade um zu beweisen, dass sie durch den Tod ihres Chefs nicht paralysiert sei, werde Al-Kaida allerdings wieder zuschlagen, ist sich Frank Faulkner, Terrorismusexperte an der britischen Universität Derby, sicher. Er hält Vergeltungsschläge für unvermeidlich. Die Frage sei lediglich, wann und wo. Al-Kaida werde zwar nicht sofort zuschlagen. Aber die Gruppe wolle beweisen, dass sie noch über genügend Schlagkraft verfüge, „um ihre Feinde anzugreifen“. apa/dpa