Die Neue Flämische Allianz (NV'A) von Bart De Wever wird stärkste Partei und erhält die meisten Sitze im nationalen Parlament. Aussichten auf das Amt des Regierungschefs haben aber vor allem die Sozialisten, wenn ihre wallonischen und flämischen Fraktionen koalieren. Die Christdemokraten von Premier Leterme wurden schwer geschlagen. Die Spaltung Belgiens steht nach diesem Ergebnis zwar nicht unmittelbar bevor, wohl aber eine weitere Schwächung der Zentralregierung. Neue Flämische Allianz tritt für die Gründung einer unabhängigen „Republik Flandern“ ein. Dagegen landeten in der französisch-sprachigen Wallonie nach ersten Ergebnissen die Sozialisten vorne, berichtete der belgische Rundfunk.Beide Parteien – flämische Nationalisten und französische Sozialisten – vertreten vollkommen entgegengesetzte Auffassungen über die dringend notwendige Staatsreform. Während die N-VA eine lose Staatengemeinschaft Belgiens fordert und den Sonderstatus von Brüssel beenden will, wollen die Sozialisten den föderalen Staat stärken und die Region Brüssel ausweiten. Die Bildung einer neuen Regierung dürfte daher extrem schwierig werden. Das Ergebnis verschärft die Vertrauenskrise zwischen dem Norden und dem Süden Belgiens.Eine der wichtigsten Aufgaben einer neuen Regierung wird die dringend nötige Staatsreform sein. Der Streit zwischen Flamen und Wallonen um die Stellung der beiden Sprachgruppen im 1830 entstandenen Königreich vergiftet seit Jahren das politische Klima in Belgien und hatte im April zum Sturz der Regierung unter dem flämischen Christdemokraten und Ministerpräsidenten Yves Leterme geführt. Deshalb waren vorgezogene Neuwahlen nötig geworden.Der Sprachenstreit hat somit die separatistischen Kräfte in Flandern gestärkt. Bei der Wahl ging es auch um die Frage, ob die Niederländisch sprechenden Flamen und die Französisch sprechenden Wallonen noch dauerhaft in einem gemeinsamen Staat zusammenleben wollen.In Flandern verdrängte die N-VA von Bart de Wever nach ersten Hochrechnungen die Christdemokraten vom ersten Platz. Allerdings ist kein deutlicher Rechtsruck zu beobachten: Die Zugewinne der N-VA gingen auf Kosten des rechtsradikalen und offen ausländerfeindlichen Vlaams Belang, der deutlich an Stimmen verlor. Zweitstärkste Kraft wurden die Sozialisten vor den flämischen Christdemokraten von Leterme, der von den Wählern abgestraft wurde.In der französisch-sprachigen Wallonie können die Sozialisten auf annähernd 30 Prozent der Stimmen hoffen. Die Liberalen werden laut Hochrechnungen zweitstärkste Kraft, gefolgt von den Christdemokraten.Der 39-jährige Bart De Wever hätte durchaus Chancen, künftiger belgischer Premierminister zu werden. Ob er aber zum Zuge kommt, ist keineswegs ausgemacht. Zwar hat der Politiker, der mit markigen Sprüchen bekannt wurde, in Flandern eine große Gefolgschaft, nicht aber im zweisprachigen Brüssel und in der französischsprachigen Wallonie. In einem Interview bekannte er zudem, nicht an diesem Posten interessiert zu sein.dpa