Der Chat-Leak der Trump-Regierung könnte als Real-Satire vom Feinsten durchgehen. Da kommuniziert das gesamte für die Nationale Sicherheit zuständige Team des Präsidenten über einen ungesicherten Kanal Kriegspläne in Echtzeit und niemand fragt sich, wer der Teilnehmer mit dem Kürzel „JG' ist. Dieser entpuppt sich nun als Jeffrey Goldberg, Chefredakteur des renommierten Magazins „The Atlantic“. <b>von Thomas Spang</b><BR /><BR />Vermutlich aus Versehen fügte der Nationale Sicherheitsberater Michael Waltz den Journalisten dem Zirkel der „America-First“-Strategen hinzu. Er verschaffte ihm so Einblick in das Teenager-Verhalten dieser Leute, die eigentlich für Amerikas Sicherheit zuständig sein sollen. Ein Trupp, der mehr von Testosteron als Verstand angetrieben wird. Allen voran der Moderator des Chats, Verteidigungsminister Pete Hegseth. <BR /><BR />Der ehemalige FOX-Moderator im Wochenendprogramm wird in den sozialen Medien wegen seiner mangelnden Eignung als „DEI-Einstellung“ des Pentagon verspottet. Eine Anspielung auf die Besessenheit des mit dem Feldzug gegen Inklusions-Programme, die angeblich nicht die Besten, sondern Minderheiten anheuern. <BR /><BR />Leider bestätigt Hegseth alle Befürchtungen bei seiner Nominierung durch Donald Trump. Wie sonst hätte er so achtlos das Leben amerikanischer Soldaten mit dem Herausposaunen detaillierter Militärpläne auf einem ungesicherten Gruppenchat riskieren können? <BR /><BR />Aber auch CIA-Direktor John Ratcliffe und die Nationale Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard müssten kraft ihres Amtes wissen, dass nicht die App „Signal“ das Problem ist, sondern die ungesicherten Geräte, auf denen sie installiert war. Amateure allesamt.<BR /><BR />Fast lachhaft wirkt auch die Scheinheiligkeit, mit der Donald Trump 2016 noch „Sperrt Sie ein“-Sprechchöre gegen Hillary Clinton wegen des Gebrauchs eines privaten E-Mail-Servers angefeuert hatte. Jetzt tut der Präsident so, als ob nichts geschehen sei.<BR /><BR />Weit von einer Real-Satire entfernt ist dagegen der Einblick, den die Runde in die Europa-Feindlichkeit der neuen US-Regierung vermittelt. Einmal mehr profilierte sich Vizepräsident J.D. Vance als Scharfmacher gegen die Verbündeten. Er riet von einem Schlag gegen die Huthi-Miliz ab, weil der Miliz-Beschuss der Handelsrouten durch den Suezkanal vor allem der EU helfen würde. <BR /><BR />Erhellend ist dann der Rest des Austauschs. Man werde Europa für den Militärschlag zur Kasse bitten, versicherte Sicherheitsberater Michael Waltz. Kurios, aber bedenklich, weil das für den NATO-Gipfel im Sommer Schlimmes befürchten lässt. <BR /><BR />Schließlich gerät die Rolle von Steve Witkoff in den Blick, der wie Elon Musk von niemandem gewählt im innersten Zirkel der Regierung mitmischt. Der Golffreund und Ukraine-Vermittler Trumps entpuppte sich in einem Interview nach Rückkehr aus Moskau als großer Putin-Versteher. <BR /><BR />So peinlich der Chat-Leak auch sein mag, aus europäischer Sicht ist die Lage zu ernst, um sich über das Amateur-Team auf dem Zirkuswagen des Präsidenten bloß zu amüsieren. Ein Grund mehr, schleunigst die eigene Sicherheit in die Hand zu nehmen.