Vielen in Deutschland ist wohl gar nicht bewusst, dass sie dieser Tage beim Tanken die Taschen von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi füllen. Der Gaddafi-Clan kontrolliert über ein kompliziertes Firmengeflecht nach Erkenntnissen der deutschen Bundesregierung indirekt auch das Unternehmen Tamoil.Das ist in Zeiten des Aufruhrs in dem ölreichen Wüstenstaat am Mittelmeer natürlich ein Politikum: Während westliche Kampfjets im UN-Auftrag versuchen, Gaddafi-Gegner mit Luftangriffen zu schützen, und viele Länder längst Vermögenswerte in Milliardenhöhe eingefroren haben, macht die Gaddafi-Sippe in Europa mit Benzinverkäufen unverändert glänzende Geschäfte.Die 27 EU-Mitgliedstaaten haben nun weitere Sanktionen gegen libysche Unternehmen auf den Weg gebracht, darunter die staatliche libysche Ölfirma NOC, die über verschlungene Wege auch Tamoil kontrolliert. Damit setzt die EU Sanktionen um, die im Rahmen der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats festgelegt worden waren.Danach sollen Geschäftsbeziehungen von Tochterfirmen mit in Libyen gelisteten Mutterunternehmen wie der National Oil Copmany (NOC) künftig nicht mehr erlaubt sein. Diese Regelung betrifft die Tamoil GmbH und die Holborn Europa GmbH, die beide unter anderem über die Rotterdamer Holding Oil Invest mehrheitlich der NOC gehören, die unter dem Einfluss des Gaddafi-Clans steht. So fließt das Geld durch die Zapfsäulen über eine Holding namens Oil Invest in Rotterdam am Ende bis nach Tripolis. Eine sofortige Schließung der Tamoil-Gesellschaften gilt rechtlich dagegen als nicht durchsetzbar.Tamoil betreibt nach eigenen Zahlen von 2009 in Europa mehr als 2800 Tankstellen, davon die meisten in Italien. Der Umsatz der Gruppe beträgt laut Medienberichten rund 1,6 Milliarden Euro.Kommt das Öl-Embargo doch noch, würde den Tamoil-Raffinerien wohl bald der Nachschub ausgehen. Für die Autofahrer wäre das zu verschmerzen. dpa