Mit der Erinnerungskultur ist es hierzulande so eine Sache. Von interethnischer Seite wird der deutschen Sprachgruppe regelmäßig vorgeworfen, sie würde die Opfer-Täter-Diskussion nicht allzu ernst nehmen. Von der deutschen Seite wiederum wird der Italiener überspitzt als im Kollektiv faschistisch eingeordnet. Beide haben recht und zugleich unrecht. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56803532_quote" /><BR /><BR />Während sich darob viele noch länger die Haare raufen werden, steht es bei den faschistischen Relikten schon länger 1:0, oder mehr. Mittlerweile werden die Gebäude rationalistischer Formen als heilige Kühe gesehen. Ihnen wird ein Wert übergestülpt, der vielleicht eine gewisse Berechtigung hat, andererseits stehen sie als Zeugen einer Zeit im Raum, die bekanntlich wenig erquicklich für das kleine Südtirol war. Noch leben sie, die Zeugen, die berichten können, was damals abging. Wie damals von heute auf morgen alles anders und vor allem unmenschlich war. <BR /><BR />Viele haben eine Erinnerung, als zwischen Bozen und Gries noch gar nichts stand. Vor allem kein protziges sogenanntes Siegesdenkmal. Oder in Bozen Süd die Apfelbäume vor sich hinblühten und später die Stahlwalzen rumorten. Im Nachhinein gesehen ist es nach wie vor völlig absurd, dass abseits der großen Metropolen Industriebetriebe aus dem Boden gestampft wurden, die schon am ersten Tag dem Tode geweiht waren. Es passt aber zweifelsohne in diese Zeit des kranken Größenwahns. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56803536_quote" /><BR /><BR />Die Zeiten sind vorbei und irgendwie hat sich alles zum Guten gewendet – irgendwie. Die steinernen Zeugnisse stehen aber noch und werden gehegt und gepflegt. Experten reden von der architektur- oder kunsthistorischen Bedeutung. Derweil verändert sich im Vorbeigehen das schönere Gesicht unseres Landes immer mehr. Prägende Gebäude werden plattgewalzt, gesichtslose Häuser hochgezogen. Bei faschistischen Relikten wird aufgeheult, bei wirklich und tatsächlich historischen Gebäuden kräht kein Hahn danach. <BR /><BR />Ein aktuelles Beispiel für Ersteres ist die Diskussion um das Kasernen-Areal in Schlanders. Das Vorgehen des Bürgermeisters war zweifelsohne ungeschickt, dass nun aber plötzlich und landesweit sich so viele Menschen als Schützer ehemaliger Kasernen-Gebäude outen, ist doch verwunderlich. Bei vielen wird es eine Kompensation ihrer Langeweile sein, nach dem Motto: Endlich wieder protestieren. Andere sehen sich als Förderer einer Kreativszene, die eine große Spielwiese haben will. Rational betrachtet ist die Polemik völliger Mumpitz. Das ganze Gedöns um die Baracken ist Zeitverschwendung. Diese heilige Kuh sollte rasch geschlachtet werden. <BR /><BR />michael.fink@athesia.it<BR /><BR />