<b>Ein Kommentar von Thilo Kößler</b><BR /><BR />Nachdem er Anfang der Woche dem TV-Sender „ABC“ mit einer Verleumdungsklage einen Vergleich von 15 Millionen US-Dollar (14,4 Millionen Euro ) abgerungen hatte, reichte er nun erstmals Klage gegen eine Tageszeitung ein. Dem „Des Moines Register“ in Iowa werfen Trumps Anwälte vor, gegen Bestimmungen des Verbraucherschutzgesetzes verstoßen zu haben, wonach „betrügerische Praktiken im Verkauf oder in der Werbung“ verboten sind.<BR /><BR />Konkret richtet sich die Klage gegen den Verlag und die Meinungsforscherin J. Ann Selzer. Ihr Institut hatte 3 Tage vor dem Wahltermin am 5. November eine Umfrage veröffentlicht, in der der demokratischen Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris (60) in Iowa ein Vorsprung von 3 Prozentpunkten gegenüber Trump attestiert wurde. Damit hätten die Meinungsforscherin und der „Des Moines Register“ sogar „dreiste Wahlbeeinflussung“ betrieben, behauptet die Klage der Trump-Anwälte. Die Fehleinschätzung der Meinungsforscherin sei kein Zufall, sondern beabsichtigt gewesen.<BR /><BR />Ein Sprecher des „Des Moines Register“ wies den Vorwurf zurück und stellte klar: „Wir stehen zu unserer Berichterstattung und glauben, dass diese Klage unbegründet ist.“ Damit zeigte sich das Blatt widerständiger als der Fernsehsender „ABC“. Er hatte sich im Zuge der Verleumdungsklage Trumps – vermutlich auch wegen des immensen Streitwerts – zu einem Vergleich breit schlagen lassen und sich neben der Zahlung von 15 Millionen Dollar (14,4 Mio. Euro) an ein Museums-Projekt Trumps auch noch zur Übernahme der Anwaltskosten bereit erklärt. Hintergrund war ein Interview, das Starmoderator George Stephanopoulos geführt hatte. Darin hatte er behauptet, Trump sei von einem New Yorker Gericht für schuldig befunden worden, eine Schriftstellerin vergewaltigt zu haben. Tatsächlich hatte das Gericht ihn wegen sexuellen Missbrauchs in diesem Fall verurteilt. <h3> Erhoffte Drohwirkung</h3>Nach Einschätzung von Medienrechtlern hätte Trumps Klage kaum Chancen auf Erfolg gehabt. Presserechtlich ist eine Verleumdungsklage in den USA nur dann gerechtfertigt, wenn eine „bewusste Missachtung der Wahrheit“ oder „tatsächliche Böswilligkeit“ nachgewiesen werden können. Umso mehr stieß auf Verwunderung, dass „ABC“ auch noch einen redaktionellen Vermerk veröffentlichte, wonach der Sender und der Moderator die Aussagen über Trump bedauerten. Mit dieser „abstoßenden Kapitulation der Medien“, so die Zeitschrift „The Nation“, sei ein Präzedenzfall geschaffen worden, der Trump zu weiteren Klagen ermuntere. Laut Experten zielen Trumps Klagen weniger auf einen juristischen Sieg ab als auf eine erhoffte Drohwirkung. Samantha Barbas, Jura-Professorin an der Uni Iowa, geht von gezielter Einschüchterungskampagne aus. <BR /><BR />Trump, der eine umfassende Politisierung der Justiz angekündigt hat, bringt sie nun gegen die Meinungsfreiheit in Stellung. Die Stimmen derer mehren sich, die angesichts solcher Attacken gegen Medien vor einer Rutschpartie in autokratische Verhältnisse warnen. In Gefahr ist am Ende die Demokratie. Denn wer Hand an die Meinungs- und Pressefreiheit legt, rüttelt an den Grundfesten des Pluralismus und der Gewaltenteilung.