Im Plenarsaal des Landtags wurde heute ein Festakt zur Erinnerung an das Inkrafttreten des Autonomiestatuts abgehalten, das vor 50 Jahren, am 20. Jänner 1972, in Kraft getreten ist. Dabei meldeten sich zahlreiche Südtiroler Persönlichkeiten zu Wort und unterstrichen, wie enorm wichtig das 2. Autonomiestatut für das Land Südtirol ist.<BR /><BR /><b>Südtirol als weltweites Paradebeispiel für Minderheiten</b><BR /><BR />„Wäre das 2. Autonomiestatut nicht vor 50 Jahren in Kraft getreten, wäre es nicht möglich gewesen, die Kultur, die Traditionen und die spezifischen lokalen Elemente zu bewahren und für unsere Bevölkerung zu verwalten“, erklärte Landtagspräsidentin Rita Mattei. „Das hat Südtirol zu einem blühenden Land gemacht, an dem sich viele Regionen der Welt, in denen Minderheiten leben, ein Beispiel nehmen. Seit dem 20. Januar 1972 kann der Landtag weit umfassendere Befugnisse wahrnehmen, als ihm ursprünglich zugestanden wurden, und mit eigenen Gesetzen auf die Bedürfnisse vor Ort reagieren, auch auf jene, die erst danach im Laufe der Jahre entstanden sind.“<BR /><BR />Landeshauptmann Arno Kompatscher stellte dem Landtag die Initiativen der Landesregierung in diesem Gedenkjahr vor. Er betonte, dass das Autonomiestatut in erster Linie eine Autonomie der Legislative bedeute. Bei den genannten Initiativen wolle man betonen, dass es sich um eine Autonomie aller Bürger handle, darum seien neben Museen und Bildungseinrichtungen auch Freiwilligenorganisationen eingebunden worden.<BR /><BR /><b>Südtirol könne zum „kleinen Europa“ werden</b><BR /><BR />Am 11. Juni, 30. Jahrestag der Streitbeilegung werde es eine prominent besetzte Tagung geben, auch den Tag der Autonomie am 5. September wolle man dementsprechend begehen. Die Autonomie sei eine Erfolgsgeschichte geworden, es sei nicht zur Assimilation gekommen, wohl aber zum Wohlstand. Die Autonomie müsse aber ständig angepasst werden, um den neuen Herausforderungen begegnen zu können. Aufgrund der Sicherheit, die das Statut biete, könne man aufeinander zugehen. Südtirol könne zum „kleinen Europa“ in Europa werden.<BR /><BR />„Wer für die Autonomie nur ein Achselzucken übrighat, sollte einmal versuchen, sich vorzustellen, was ohne sie wäre“, meinte Landtagsvizepräsident Josef Noggler, „Das zweite, verstärkte Autonomiestatut hat es zunächst einer Minderheit, die sich bedroht fühlte, ermöglicht, sich im eigenen Land sicher zu fühlen. Das war auch eine der wichtigen Rahmenbedingungen für den Aufschwung, der uns von einer der ärmsten Regionen Italiens zu einer der reichsten Europas gemacht hat und der allen zugutekommt. Es ist ebenso eine wichtige Rahmenbedingung für den Frieden, wenn man sich nicht um das tägliche Brot streiten muss.“<BR /><BR /><b>Silvius Magnago – Eine prägende Figur in der Geschichte Südtirols</b><BR /><BR />Landtagsvizepräsident Manfred Vallazza wies - in seiner ladinischen Ansprache - darauf hin, dass die Ladiner im Pariser Vertrag nicht und im 1. Autonomiestatut kaum berücksichtigt wurden. „Silvius Magnago, war es, der erreichte, dass die Ladiner im Autonomiestatut eine ganze Reihe von Rechten erhielten. So auch das Recht, dass zumindest ein Ladiner im Südtiroler Landtag sitzen muss. Erst durch das 2. Autonomiestatut für Südtirol erlangten schließlich die Ladiner im Jahr 1972 Minderheitenrechte: Ladinisch wurde zur dritten Landessprache und in Italien offiziell als Minderheitensprache anerkannt.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="727310_image" /></div> <BR />Professorin Eva Pfanzelter, Professorin für Zeitgeschichte an der Universität Innsbruck, ging in ihrem „historisch kritischen Blick auf die Jahrzehnte des Aufbruchs“ der Frage nach, ob 1972 als Wendepunkt in der Südtiroler Geschichte zu begreifen sei. Sie gab einen Überblick über die Ereignisse, die schweren Nachkriegsjahre, die Wachablöse in der SVP durch Magnago und Volgger, die Uno-Resolutionen, die 19-er Kommission, die Bombenanschläge, aber auch über den Wirtschaftsaufschwung, der Südtirol verspätet erreicht hat, den Aufbruch der Jugend, der 86-er Generation, die aus den Traditionen ausbrechen wollte und dabei auch die Volkstumspolitik in Frage stellte, und den Wandel der Medienlandschaft.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="727313_image" /></div> <BR />„Als das Statut 1972 in Kraft trat waren die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Weichen bereits gestellt. Das Autonomiestatut bot jedoch die politische Sicherheit und den Handlungsspielraum, die Südtirol für den nachfolgenden, rasanten Wachstum benötigte – insofern war es vielleicht mehr ein „Befähiger“ (besser ausgedrückt im englischen Wort „enabler“ oder im italienischen „abilitatore“), als eine Zäsur. Es wird sich zeigen, ob es auch geeignet ist, das Verhältnis der Menschen auch weiterhin angesichts sich diversifizierender Lebensvorstellungen und multikulturell werdender Bevölkerungszusammensetzung fruchtbar zu begleiten.“