Kurz vor Mittag wurde die Sitzung vertagt, da sich die Fraktionsvorsitzenden und der Landtagspräsident mit Gewerkschaftsvertretern zur Aussprache trafen. Am Nachmittag wurde weiter debattiert: Elena Artioli, Alessandro Urzì und Hans Heiss knüpften an die Vormittags-Kritik von Eva Klotz, Donato Seppi und Pius Leitner an (siehe eigenen Artikel).Artioli listet Verbesserungsvorschläge auf Die Lega-Abgeordnete Elena Artioli machte Durnwalder ein paar Verbesserungsvorschläge.Durnwalder habe in seiner Rede um Vorschläge gebeten. Hier seien ein paar: Teure Strukturen hätten keinen Sinn, wenn sie nicht auch mit qualifiziertem Personal besetzt würden.Artioli forderte dazu auf, die 150 Millionen teuren Gefängnisbau zu stoppen, das TIS um 60 Mio., das kein Unternehmer wolle. Das EOS biete innovativen Unternehmen kaum Unterstützung, der Flughafen habe in einem Berggebiet wenig Sinn.Trotzdem baue die Landesregierung munter weiter an Großprojekten, vom Thermenhotel über die modernen Schutzhütten bis zur 600.000 Euro teuren Umgestaltung des Magnago-Platzes.Der Landeshaushalt sehe eine Milliarde an Beiträgen vor. Mit dem Gießkannenprinzip müsse Schluss sein, stattdessen sei auf Steuersenkungen zu senken.Urzì: Ein Protokoll des Scheiterns Durnwalders Haushaltsrede sei das Protokoll eines Scheiterns und würde an sich eine Sammelklage rechtfertigen, erklärte Alessandro Urzì (Futuro e Libertà).Man sei mit den Wüstenkathedralen zu weit gegangen. Schuld daran sei nicht das Südtiroler Parteiensystem oder die Politik im Allgemeinen, sondern diese Mehrheit.Die Kritik an Monti komme nicht von der Landesregierung, sondern von der SVP, denn der PD gehöre zu den eifrigsten Unterstützern des Ministerpräsidenten. Der PD bedinde sich hier in Zwiespalt.Rom benutze Südtirol wie einen Bankomat, behaupte Durnwalder, dabei habe Brugger vor wenigen Jahren damit geprahlt, dass man die römische Zitrone ausgepresst habe.Mit dem Toponomastikgesetz sei das Prinzip der gleichen Würde aller Sprachgruppen verletzt worden, nicht umsonst hätten nur zwei von acht italienischen Abgeordneten dafür gestimmt.Menschlich gesehen sei Durnwalders Eingeständnis zur SEL mutig. Aber das könne nicht darüber hinwegtrösten, dass ein Schaden von mehreren hundert Millionen Euro entstanden sein könnte, Geld, das eigentlich den Bürgern zustünde.Urzì kritisierte außerdem die Rolle des PD in der Landesregierung und fragte, wie sich die beiden Landesräte fühlten, wenn der Landeshauptmann auch in ihrem Namen vom "Vaterland Österreich" spreche, wenn Landesrätin Kasslatter Mur die 5-Tage-Woche einführe, wenn die SVP das Toponomastikgesetz durchdrücke.In diesen Fällen wäre ein Rücktritt fällig gewesen, denn hier sei da Recht einer Sprachgruppe, über die eigenen Belange zu entscheiden, übergangen worden.Heiss blickt in die Zukunft Hans Heiss (Grüne) wagte einen Blick in die Zukunft, auf den Herbst 2017, wenn Landeshauptmann Arno Kompatscher den kommenden Landeshaushalt vorstellt: Dieser ist kürzer geworden, der Flughafen geschlossen, dafür erholt sich Berlusconi im Palace Hotel. Die Energiewirtschaft aus alternativen Quellen erlebt einen Boom, Landesrat Theiner hat den Sanitätsbereich endlich reformiert, Enel und Edison haben ihre Anteile an die SEL abgegeben, die satte Gewinne erwirtschaftet, Landesrat Schuler ist ein Abbau der Verwaltungskosten gelungen, das E-Government habe sich bewährt, so die Ausführungen von Heiss.Und weiter: Die Vertragsurbanistik wurde abgeschafft. Die zweisprachige Schule bewährt sich, die Uni hat über 5000 Studenten. Die neun Freiheitlichen haben nur knapp den Einzug in die Landesregierung verfehlt, und bedauern die Erfolge, die vom Freistaat ablenken. Die Verwaltung ist transparent geworden, Walter Andreaus steht der Sparkasse vor, Cristina Kury der SEL, Richard Piock der Handelskammer.Heiss räumte ein, dass die Zukunft wahrscheinlich anders ausschauen werde, was auch der anstehende Haushalt aufzeige. In ganz Europa liege wegen der Krise der Zentralismus im Trend, die Interventionen Roms gingen nicht auf eine feindliche Gesinnung gegenüber der Autonomie zurück.Nun verlasse die SVP die Blockfreiheit und lehne sich an einen starken Partner an, dies bedeute, wieder einen Dialog eröffnen und auch den Föderalismus wieder ins Licht rücken.Die Grünen blieben Verfechter der Autonomie und damit Konservative im besten Sinne. Der Weg des Freistaats und der Selbstbestimmung sei für Südtirol nicht gangbar, es wäre vielmehr der Ausstieg aus der Geschichte. Er selbst habe intensive Beziehungen und familiäre Bindungen zu Österreich, aber die Autonomie sei der bessere Weg, so Heiss.Tinkhauser: Opposition soll auch Lösungswege aufzeigen Mit Bezug auf die SEL-Affäre meinte Roland Tinkhauser (Freiheitliche), die Opposition solle nicht nur die Unzulänglichkeiten aufdecken, sondern auch Lösungswege aufzeigen. Es brauche einen Landesenergieplan, bei dem alles offen zu diskutieren sei.Mario Monti habe Italien ein gutes Ansehen im Ausland verschafft, aber Italien sei anders als Griechenland hauptsächlich bei seinen Bürgern verschuldet. Jedenfalls habe die Verschuldung unter Monti zugenommen, und die Aussichten seien nicht gut. Nun komme wieder Berlusconi mit seinen gefährlichen Versprechungen: IMU weg und dergleichen mehr.Die Linken hingegen hätten noch nie Steuern gesenkt. Mit der IMU habe der Staat Geld entzogen, das eigentlich unseren Gemeinden gehöre, nun habe er ähnliches mit der Müllgebühr vor.Der Landeshaushalt sei in drei Jahren von 5,4 auf 5,1 Mrd. Euro gesunken, während der Landeshauptmann behaupte, die Wirtschaft sei um jährlich 2 Prozent gewachsen. Da passe etwas nicht zusammen, wahrscheinlicher sei, dass das Wachstum nur nominell sei,Tinkhauser unterstrich auch, dass die Polemik um die Kürzungen der Personalkosten beim Land hätte vermieden werden können, wenn man mit den Betroffenen frühzeitig geredet hätte. Es müsse möglich sein, innerhalb Mai auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.Pardeller tut „sich schwer“ dem Haushalt zuzustimmen Auch Georg Pardeller (SVP) meldete sich zu Wort: Dies sei der bisher schwierigste Haushalt, befand er.Die Probleme gingen vor allem auf die fehlende Sensibilität der Regierung Monti gegenüber der Autonomie zurück. Nun wolle Berlusconi wieder an die Macht, der Italiens Schulden über zwanzig Jahre lang angehäuft habe.Nun sei der Landeshaushalt kleiner geworden, und alle müssten den Gürtel enger schnallen, vor allem Rentner, Arbeitnehmer, Arbeitslose und Jugendliche.Zehn Prozent Jugendarbeitslosigkeit seien ein Alarmsignal für Südtirol, und die Einschnitte im Sanitätsbereich lasse Schlimmes befürchten.Der Haushaltsbericht des Landeshauptmanns sei kühl und logisch, aber es fehle darin etwas. Es sei sicher viel gebaut und geschaffen worden, aber die Gesellschaft und die Politik seien in einer Krise, es mangle der Wille zum Dialog.Die Sozialpartnerschaft habe ihre Kraft verloren, der Liberalismus habe zugenommen, heute herrschten das Kapital und seine Medien, die Politik komme erst an dritter Stelle.Er tue sich schwer, diesem Haushalt zuzustimmen, erklärte Pardeller, er sei Frucht eines Verteilungskampfes. Die Ausgewogenheit zwischen den Sozialpartnern sei neu zu überdenken, damit Südtirol wieder ein sozial orientiertes Land sein könne.stol