Erst vor wenigen Tagen ankündigt, hat die Mitte-Rechts-Allianz schon heute im Parlament einen aus drei Artikeln bestehenden Gesetzesentwurf zur Begrenzung der Prozessdauer eingereicht.Der Entwurf wurde vom Anwalt von Silvio Berlusconi, Niccolò Ghedini, der auch Abgeordneter ist, verfasst. Wenn die Kammer und der Senat das Gesetz befürworten, tritt es am Tag nach der Veröffentlichung in der Gazzetta ufficiale in Kraft.Alle Gerichtsverfahren von der ersten bis zur dritten Instanz sollen künftig höchstens sechs Jahre dauern. Wenn ein Prozess für eine Straftat, für die eine Haftstrafe unter zehn Jahren vorgesehen ist, nicht innerhalb von sechs Jahren abgeschlossen ist, wird das Gerichtsverfahren eingestellt.Vorgesehen ist auch, dass die Verjährung zwei Jahre nach der Einleitung eines Hauptverfahrens durch die Staatsanwaltschaft für Prozesse in erster Instanz und für Straftaten, für die eine Haftstrafe unter zehn Jahren vorgesehen ist, in Kraft tritt.Das Gesetz gilt nicht für Angeklagte, die in einem früheren Prozess bereits verurteilt wurden. Auch bei Mafia-Prozessen, bei Verfahren wegen Brandstiftung, Kinder-Pornographie, Freiheitsberaubung, Hintergehung von Unmündigen, schwerem Diebstahl, Verletzung der Normen zur Vorbeugung von Arbeitsunfällen, Immigration und Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung tritt das Gesetz nicht in Kraft."Sind Europas schwarzes Schaf"„Derzeit können sich Prozesse in Italien über mehr als ein Jahrzehnt hinziehen. Wir sind Europas schwarzes Schaf, was die Dauer der Prozesse betrifft. Eine zeitliche Begrenzung ist dringend notwendig, damit die Italiener das Vertrauen in die Justiz nicht verlieren“, erklärte Berlusconis Sprecher Paolo Bonaiuti. Die Regierung verpflichte sich hinzu, Finanzierungen für die Modernisierung des Justizsystems zur Verfügung zu stellen, so Bonaiuti."Größte versteckte Amnestie der Geschichte"Die Opposition protestiert heftig gegen den Entwurf. Während Antonio di Pietro (IdV) von der „größten versteckten Amnestie der Geschichte“ spricht, kritisiert Anna Finocchiaro, Vorsitzende der PD-Senatoren, dass „die Prozesse Eternit, Thyssen, Cirio und Parmalat damit hinfällig sind.“Oppositionspolitiker Pier Ferdinando Casini (UDC) bemängelte, dass in dieser Rezessionsphase die Reform der Justiz für die Italiener kein prioritäres Anliegen sei. „Der wahre nationale Notstand ist die Wirtschaftskrise, die die Kaufkraft der Familien und die Ressourcen der Klein- und Mittelunternehmen zerstört“, meinte Casini.Die langen Zeiten der Justizverfahren sind in Italien seit jeher ein chronisches Problem. Ein Zivilgericht braucht durchschnittlich 960 Tage bis zu einem Urteil, für ein Berufungsurteil sind es 1.500 Tage mehr. 5,4 Millionen Zivilverfahren sind derzeit anhängig. Bei Strafverfahren muss man 420 Tage auf ein Urteil warten. 3,6 Millionen Verfahren sind anhängig.apa/rb