<b>STOL: Herr Theiner, wie verfolgen Sie die Politik heute?</b><BR />Richard Theiner: Ich verfolge das Geschehen interessiert, aber mische mich nicht ein. Ich bin zwar nach wie vor überzeugtes SVP-Mitglied, derzeit gibt es aber spezielle Herausforderungen für die Partei und die Politik allgemein. Viele Menschen haben das Vertrauen in die Politik verloren, das Klima wird generell rauer und aggressiver – in der Gesellschaft sowie auch in der Politik. <BR /><BR /><embed id="dtext86-58173920_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Die Politik wird also aggressiver?</b><BR />Theiner: In ganz Europa sind die politischen Auseinandersetzungen aggressiver geworden. Es geht leider nicht mehr so sehr um Inhalte, sondern mehr um das Persönliche. Die Politik ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Insbesondere mit den sozialen Medien wurden die Umgangsformen gegenüber Entscheidungsträgern und das Verhalten bei Meinungsverschiedenheiten immer bedenklicher. Das ist eine Entwicklung, die sich seit mehreren Jahren abgezeichnet hat. <BR /><BR /><b>STOL: Inwiefern erleben Sie eine Verrohung der Gesellschaft?</b><BR />Theiner: Die Gehässigkeit, die Art und Weise, wie mit unterschiedlichen Meinungen umgegangen wird, ist bedenklich. Es geht oft nicht mehr um einen Wettstreit von Ideen, sondern wenn jemand nicht derselben Meinung ist, wird dieser häufig mit einer beispiellosen Aggressivität fertiggemacht. Diese Verrohung nehme ich in vielen Bereichen des täglichen Lebens wahr. Dadurch ist es auch verständlich, dass es immer weniger Menschen gibt, die in Vereinen, Organisationen oder in der Politik Verantwortung übernehmen wollen. Es werden die Entscheidungsträger selbst und mittlerweile auch deren Familiengehörige vielfach niedergemacht. <BR /><BR /><embed id="dtext86-58173921_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: In der SVP geht es teils heiß her. Interne Grabenkämpfe scheinen das Wahljahr zu prägen. Ihr Blick von außen auf die Sammelpartei?</b><BR />Theiner: Die Zwistigkeiten und die Art und Weise, wie die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Sammelpartei ausgetragen wurden, haben sicher nicht dazu beigetragen, dass die Zustimmung in der Bevölkerung gewachsen ist. <BR /><BR /><b>STOL: Warum kommt es immer wieder zu solchen Streitigkeiten in der Partei?</b><BR />Theiner: Teils ließen sich Politiker treiben von Animositäten und persönlichen Befindlichkeiten. Diese wurden in den Vordergrund gestellt. Das schadet der Partei insgesamt. In einer Sammelpartei gibt es nun einmal verschiedene Meinungen. Ich denke aber, hier geht es nicht um große Unterschiede inhaltlicher Natur, einige Personen können einfach nicht miteinander. Man muss sich wieder der politischen Aufgaben besinnen und das Persönliche in den Hintergrund stellen. Unterschiedliche Meinungen und Interessen gehören zur Demokratie und müssen insbesondere in einer Sammelpartei Platz haben. Wir brauchen schließlich einen fairen Wettstreit der Ideen. Aber wenn Entscheidungen in der Partei getroffen werden, müssen sich alle Mandatare daran halten. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="863126_image" /></div> <BR /><BR /><b>STOL: Ist ein gutes Wahlergebnis für die SVP dennoch möglich?</b><BR />Theiner: Die parteiinternen Streitereien der vergangenen Jahre haben sicherlich nicht dazu beigetragen, dass die Zustimmung innerhalb der Bevölkerung wächst. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Partei, wenn sie die Grabenkämpfe sowie persönliche Befindlichkeiten zur Seite legt und die Politik für Land und Leute in den Mittelpunkt rückt, ein akzeptables Wahlergebnis erzielen kann. Es wird jedenfalls ein spannendes Jahr.<BR /><BR /><embed id="dtext86-58173922_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Sie selbst haben sich Anfang 2019 nach 20 Jahren aus der Landespolitik verabschiedet. Was machen Sie heute?</b><BR />Theiner: Bereits 2015 habe ich gemeinsam mit Freunden eine Sozialgenossenschaft ohne Gewinnabsicht gegründet. Diese führt den Latscher Weltladen. Seit 2019 kann ich mich mehr einbringen. Große Freude bereitet uns das Verwirklichen von Projekten wie aktuell die Versorgung mit Medikamenten der Kinder-Palliativstation in Kiew oder ein Ausbildungsprojekt von 15 Mädchen auf den Philippinen. Gleichzeitig wollen wir den fairen Handel voranbringen. Unser Weltladen versucht Produzenten über Kontinente hinweg zu verbinden. Dabei entstanden schon 2 Eigenkreationen, nämlich „Juanita“ und „Malaya“. Bei „Juanita“ handelt es sich um einen Arabicakaffee aus den Honduras. Er ist seit zweieinhalb Jahren in den Südtiroler Weltläden erhältlich und das Produkt einer Zusammenarbeit mit den „Pech“, einem Stamm von Ureinwohnern in den Honduras, die unter schwierigsten Bedingungen Kaffee anbauen, und der Kaffeerösterei Schreyögg – Alps Coffee. Der Apfel-Mango-Saft „Malaya“ wurde im Jahr 2021 offiziell vorgestellt. Er verbindet Latscher Bio-Äpfel mit Mangos aus den Philippinen. Die Mangos werden vom Urvolk der Aeta angebaut, in Zusammenarbeit mit Irmi Oberhofer von eva bio Apfelsaft wird dann „Malaya“ schließlich produziert. Auf diese beiden Projekte sind wir besonders stolz – mit dem Weltladen wollen wir aber natürlich immer weiter Zeichen setzen, was Nachhaltigkeit und fairen Handel betrifft. <BR />