Nach letzten Hochrechnungen fuhr die FDP mit bestenfalls 4,7 Prozent nicht nur ihr schlechtestes Wahlergebnis aller Zeiten ein. Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte ist sie im Bundestag nicht mehr dabei. F?r eine Partei, die fast ein halbes Jahrhundert immer mit in der Regierung war und die deutsche Au?enpolitik ma?geblich pr?gte, eine historische Schmach.Bei den ersten TV-Prognosen gab es im Saal nur ein leises, langgezogenes ?Ooooooh? ? wie bei einem schweren Schlag in die Magengrube. Zur Grabesstimmung passte, dass der Ton der TV-?bertragung abgeschaltet blieb. Die FDP-Spitze um Parteichef Philipp R?sler und Spitzenkandidat Rainer Br?derle verfolgte die Schockzahlen in einem Raum im Untergeschoss. F?r die politische Karriere des ungleichen Duos bedeutet das Ergebnis von Sonntag praktisch schon den Knockout.Nur etwas mehr als eine Dreiviertelstunde dauerte es dann, bis sich die beiden auf der B?hne zeigten. ?Das ist eine schwere Stunde f?r die FDP. Als Spitzenkandidat ?bernehme ich daf?r Verantwortung?, sagte Fraktionschef Br?derle. Hinter ihm auf der B?hne standen viele Minister, R?sler mit seiner Frau Wiebke, die um Fassung rangen. Der Vizekanzler sagte: ?Es ist die bitterste, die traurigste Stunde in der Geschichte der Freien Demokratischen Partei.? Br?derle und R?sler werden beim Neuaufbau der FDP keine Rolle mehr spielen.Alle Hoffnungen ruhen jetzt auf Christian Lindner. Der 34-j?hrige Ex-Generalsekret?r zeigte sich am Abend als erster der FDP-Promis: ?Wir haben offensichtlich die Erwartungen nicht erf?llt. Auch im Stil hat die FDP nicht ?berzeugt.? Die Partei m?sse sich jetzt grunds?tzliche Gedanken machen. ?Die Situation ist sehr ernst. Deutschland braucht eine liberale Partei, wie sie die FDP traditionell einmal war.?Lindner, der im Vorjahr in Nordrhein-Westfalen die FDP auf 8,6 Prozent brachte, hat aber auch Kritiker. Ende 2011 sei er doch im Frust ?ber R?sler als Generalsekret?r aus Berlin gefl?chtet. Alternativen dr?ngen sich aber nicht auf, die Personaldecke ist d?nn. In D?sseldorf k?nnte das neue Zentrum einer FDP in der au?erparlamentarischen Opposition liegen.Die Liberalen sind zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik nicht mehr im Bundestag. Dass eine Regierungspartei direkt aus dem Parlament fliegt, gab es nur einmal, vor ?ber 50 Jahren. Noch gr??er w?re die FDP-Schmach gewesen, wenn ausgerechnet die eurokritische AfD die liberale Europapartei ersetzt h?tte. Die AfD kam laut Hochrechnungen nicht ?ber die F?nf-Prozent-Marke, raubte der FDP gegen?ber 2009 laut Meinungsforschern aber 450.000 W?hler.Wie konnte es soweit kommen mit der Partei von Theodor Heuss, Thomas Dehler, Walter Scheel, Karl-Hermann Flach und Hans-Dietrich Genscher? Es d?rfte an einer Mischung aus Selbst?bersch?tzung, schlechter Kampagne und Panik gelegen haben. Letztere griff nach dem 3,3-Prozent-Desaster in Bayern um sich. ?Jetzt geht's ums Ganze?, klebte die FDP danach auf ihre Plakate. Die alte Masche, jahrzehntelang erfolgreich. Mehr kam aber nicht.Br?derle und R?sler bettelten um Zweitstimmen von Unionsw?hlern. Dabei hatte der FDP-Chef vor zwei Jahren bei seinem Amtsantritt noch geschworen, seine Partei wolle sich nie wieder zum Stimmvieh erniedrigen. Die Zweitstimmen-Kampagne verpuffte, auch weil die Union gnadenlos dagegen hielt. Die Union nahm der FDP laut ARD mehr als 2,2 Millionen W?hler ab, verbuchte die gute Wirtschaftslage allein f?r sich. Die FDP dachte, ein inhaltsleerer ?Angst-Wahlkampf? gegen rot-gr?ne Steuererh?hungen und die fleischlosen Kantinentage der Gr?nen reiche locker f?r ein gutes Ergebnis.Br?derles politische Karriere ist mit 68 Jahren nun zu Ende. Auch R?sler, der zumindest bis 45 in der Politik bleiben wollte, sieht f?r sich wohl keine Zukunft mehr, wie er auf offener B?hne andeutete. Auch Ex-Chef Guido Westerwelle und viele andere in der F?hrung tragen ihren Anteil. Westerwelle war es, ?ber den viele sagen, dass er das Rekordergebnis von 2009 (14,6 Prozent) mit allzu schriller Selbstdarstellung verspielte.Wie geht es weiter? Der Verlust einer finanziell gut ausgestatteten Bundestagsfraktion trifft die chronisch klamme Partei hart. Die Landesverb?nde m?ssen nun daf?r sorgen, dass die FDP nicht v?llig von der politischen Bildfl?che verschwindet. Da sie auch in Hessen laut Hochrechnungen an der F?nf-Prozent-H?rde scheiterte, ist sie nur noch in der H?lfte der 16 Landtage.Auch muss die Partei jetzt ihren Euro-kritischen Fl?gel um den Finanzexperten Frank Sch?ffler im Auge behalten. Er hatte die FDP schon einmal ? beim knapp gescheiterten Mitgliederentscheid zum schwarz-gelben Euro-Kurs ? an den Rand einer Zerrei?probe gebracht.dpa