Schweizerischen Volkspartei (SVP), die das Referendum mit initiiert hatte, nicht erwartet worden. Andere bürgerliche Parteien sowie Sozialdemokraten und Grüne hatten sich zusammen mit der Regierung vehement gegen das Bauverbot ausgesprochen. Es werden vor allem wirtschaftliche Repressalien arabischer Staaten befürchtet. In ersten Reaktionen sprachen Vertreter zahlreicher Parteien von einer „politischen Abstimmung“ gegen einen Islam, der von vielen Schweizern als militant empfunden werde. Die SVP und ihre Mitstreiter hätten die Sorgen der Bevölkerung mit ihrer Initiative richtig eingeschätzt. So kam es auch zu einer hohen Beteiligung von rund 54 Prozent. Im Durchschnitt gehen in der Schweiz bei Wahlen nur 44 Prozent der Bürger zur Urne. Die Abstimmung war durchgesetzt worden, nachdem weitere Bauanträge für Minarette an bisher unauffälligen islamischen Gebetshäusern eingereicht worden waren. In der Schweiz, wo etwa 400.000 Muslime unter zusammen mehr als 6 Millionen katholischen und protestantischen Christen leben, gibt es derzeit vier Minarette. Der Unmut in der Bevölkerung gegen den Bau weiterer solcher Gebäude sei von der Politik „unter dem Deckel gehalten worden“, sagte Walter Wobmann, Präsident des Initiativkomitees, im Schweizer Fernsehen. Die Schweizer wollten keine Minarette in der Schweiz. Nun wolle man gegen Zwangsehen und Beschneidungen vorgehen und die Ganzkörperverschleierung von Frauen verbieten. Die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagte zum Ergebnis der Volksabstimmung, im Kampf gegen Extremismus sei ein Minarett-Verbot kein taugliches Mittel. Die Regierung in Bern sei zwar über die Mehrheit für das Bauverbot enttäuscht, müsse die Entscheidung aber respektieren. Nach Ausgang der Abstimmung sei der Bau von Minaretten damit künftig verboten.Noch offen ist für die Justizministerin die Frage, welche Konsequenzen aus internationalen Verpflichtungen der Schweiz erwachsen. Das Minarett-Verbot stehe im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zu UN- Abkommen, die für die Schweiz bindend seien. Bischofskonferenz besorgtDie Schweizer Bischofskonferenz (SBK) zeigte sich über die Annahme des Verbots besorgt. Für Sprecher Walter Müller ist das Ja „ein Hindernis auf dem Weg der gegenseitigen Integration und des interreligiösen Dialogs“. Die Zustimmung zur Anti-Minarett-Initiative stelle die Schweiz international an den Pranger, sagt die Religionsexpertin Rifa ’at Lenzin. Die Schweiz habe in der „Islamophobie eine Vorreiterrolle“ übernommen. Die Forderung „Der Bau von Minaretten ist verboten“ kommt nun in die Schweizer Bundesverfassung. Nach Ansicht mancher Experten schränkt sie damit die Religionsfreiheit ein, wovor auch die Schweizer Regierung gewarnt hatte. Die Religionsfreiheit gehört zu den allgemeinen Menschenrechten. Islamische Welt überrascht und schockiertDas Verbot von Minaretten in der Schweiz hat die islamische Welt überrascht und schockiert. Gewalttätige Reaktionen sind jedoch nach Ansicht von Babacar Ba, Botschafter der Organisation der islamischen Konferenz (OCI), nicht zu erwarten. Die Schweizer Regierung habe klar gegen die Initiative Stellung genommen. Das Ansehen der Schweiz in den islamischen Ländern leide aber, sagte Ba am Sonntagabend der Nachrichtenagentur SDA.Und den Fundamentalisten könnte das Abstimmungsergebnis neue Türen öffnen. Die OCI appelliere deshalb an die Wachsamkeit. Die Schweizer Muslime könnten sich bedroht fühlen. Eine Diskussion über die Rolle der Muslime in der Schweiz sei deshalb nötig.„Die Schweiz hat nicht rassistisch abgestimmt. Es war wohl vielmehr blanker Egoismus und die Sorge, dass jemand des Volkes Ruhe stören könnte“, sagte Anouar Abou Eisheh, Rechtsprofessor an der Al-Quds-Universität in Ost-Jerusalem. Das Abstimmungergebnis liefere den muslimischen Extremisten Argumente für ihren Kampf gegen den Westen. Für sie sei der Entscheid eine frontale Attacke gegen den Islam und seine Symbole. Er hoffe, dass das Beispiel in Europa nicht Schule mache.Arabische Medien zum ThemaIn den arabischen Medien warf das Minarett-Verbot hohe Wellen. Die Reaktionen reichten von Überraschung, Unverständnis und Enttäuschung bis hin zu blanker Wut. Es werde befürchtet, dass sich die Schweiz von ihren traditionell liberalen Werten abwende, sagte Hasni Abidi, Direktor des arabischen Forschungszentrums in Genf.Das Minarett-Verbot liefere dem libyschen Staatschef Muammar Gaddafi zusätzliche Munition im Streit um die beiden festgehaltenen Schweizer Geschäftsleute. Libyen habe seit Beginn der Krise der Schweiz Rassismus gegenüber der arabischen Welt vorgeworfen.Das Abstimmungsergebnis ist nach Ansicht des ägyptischen Großmuftis Ali Gomaa ein Warnzeichen, dass die versteckten Ängste in der Bevölkerung ernst genommen werden müssen. Der Integration unterschiedlicher Kulturen gelte es weltweit Priorität einzuräumen, sagte Gomaa gegenüber Swissinfo. Der Islam sei dazu bereit.Applaus erntete das Schweizer Minarett-Verbot bei rechten Parteien im Ausland. „Aus der Schweiz kommt ein klares Zeichen: Ja zu Kirchtürmen, Nein zu Minaretten“, sagte der italienische Reformminister Roberto Calderoni von der Lega Nord. Die Schweiz habe nicht die Religionsfreiheit beschränkt, sondern den politischen Islam in die Schranken gewiesen. Diese Meinung teilt Marine Le Pen vom französischen Front National. Die politische Elite in der Schweiz habe Volkes Stimme überhört. Zuvor hatten bereits FPÖ und BZÖ das Minarettverbot begrüßt.dpa