Die Verhandlungen mit Ingemar Gatterer zum Verkauf der Betriebshalle von Gert Lanz in Toblach beginnen in der Weihnachtszeit 2018. Laut veröffentlichten Abhörprotokollen ergreift Gatterer die Initiative und ruft Gert Lanz an, um ihm ein unmoralisches Angebot zu machen: Gatterer kauft die Lanz Halle, wenn die SAD im Pustertal den Zuschlag für die Buskonzessionen erhält. Lanz befand sich damals mit seinem metallverarbeitenden Betrieb bereits in einer finanziellen Schieflage.
Lanz ist interessiert und meldet sich im neuen Jahr 2019 bei Gatterer, um ein Treffen auszumachen. Nach dem Treffen schickt Lanz gleich einen Vertragsentwurf an Gatterer. Bei den folgenden Verhandlungen wird der Kaufpreis mit 4,5 Millionen Euro beziffert. Lanz drängt, Gatterer möge ihm eine Vorauszahlung von 200.000 Euro leisten. Gatterer wiederholt im Gegenzug, dass er das Geschäft nur abschließe, wenn die SAD die Buskonzession erhalte.
Trotzdem verhandelt Lanz weiter und macht den Gegenvorschlag, auf die Anzahlung zu verzichten, wenn Gatterer den Kaufpreis auf 4,8 Millionen erhöhen würde.
Inzwischen wird Gert Lanz zum Fraktionsführer der SVP im Landtag gewählt. Da Gatterer wegen der geplanten Inhouse- Lösung für den Nahverkehr nervös wird, verspricht ihm Lanz, Informationen zu liefern. Und Lanz drängt auf einen Kaufvorvertrag, da ihn die Banken bedrängen.
Gatterer willigt ein und schickt Lanz einen Kaufvorvertrag, um die Banken zu beruhigen, allerdings mit einem Passus, der eine Bedingung erhält: Der Kauf ist nur dann abgeschlossen, wenn Gatterer das Ausschreibungslos Pustertal gewinnt.
Streng geheime Nebenvereinbarung
Da Lanz versteht, dass das Bekanntwerden dieser Klausel seinen politischen Tod bedeuten würde und die Banken einem bedingten Kaufvertrag nicht zustimmen würden, steigt er nicht etwa aus den Verhandlungen aus. Lanz macht Gatterer einen neuen Vorschlag: diese Bedingung in einem getrennten, streng geheimen Dokument festzulegen und dort auch eine Anzahlung vorzusehen.
Ingemar Gatterer willigt ein und SAD-Direktor Mariano Vettori verfasst gemäß Wunsch von Gert Lanz einen Kaufvorvertrag über 4,5 Millionen Euro für die Halle und eine streng geheime Nebenvereinbarung mit der Bedingung, dass der Vertrag nur dann gültig ist, wenn Gatterer die Buskonzessionen erhält. Lanz nimmt die über 2 Monate ausverhandelten Verträge entgegen, unterschreibt sie aber nicht.
Nach 19 Monaten, im vergangenen Juli, trat Lanz dann die Flucht nach vorne an. Mit einer von Landeshauptmann Arno Kompatschers Rechtsvertretern Karl Zeller und Alessandro Melchionda hinterlegten Eingabe bei der Bozner Staatsanwaltschaft wird Ingemar Gatterer der Anstiftung zur Korruption bezichtigt. Die Staatsanwaltschaft hat entsprechende Vorerhebungen in die Wege geleitet. „Ich habe meine Sicht der Dinge in dieser Sache der Staatsanwaltschaft gegenüber schon dargelegt“, bestätigt Gatterer auf Nachfrage. Der Sachverhalt würde auch ganz klar aus den im Zuge der Ermittlungen rund um die zurückgezogene Ausschreibung der Buskonzessionen abgehörten Telefongesprächen hervorgehen.
Mit dem Geld hätte Lanz den drohenden Konkurs von seinem Betrieb, der sich damals bereits in arger finanzieller Schieflage befand, abwenden können. Doch dazu kam es schlussendlich nicht mehr. Ein Ausgleichsverfahren scheiterte. Im August 2020 erklärt das Landesgericht den Konkurs für das Unternehmen von Gert Lanz. Dank verschiedener Verkäufe konnten laut Konkursmasseverwalter zumindest die Ausstände bei Angestellten und einigen Gläubigern getilgt werden. Noch nicht abgeschlossen ist ein Streitfall zu einem Guthaben. Zwar herrscht über den verbliebenen Schuldenstand eisernes Stillschweigen. Vom ursprünglichen Schuldenberg von 12 Millionen sollen aber noch immer kolportierte knapp 3 Millionen Euro offen sein. Ein Abschluss des Konkursverfahrens ist erst für den Sommer zu erwarten.
Lanz, der kürzlich wissen ließ, ihm graue davor, „diese Leute in der Fraktion zu sehen“, ließ gestern per Aussendung wissen, dass die von Gatterer getätigten Aussagen „vollinhaltlich falsch“ seien. „Es war Gatterer, der mir ein Angebot vorgelegt hat und nicht umgekehrt. Ich bin auf das Angebot nicht eingegangen, da von mir eine unlautere Gegenleistung verlangt wurde“, schreibt Lanz. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft werden klar zeigen, wer von den beiden Beteiligten die Unwahrheit sagt.