Im Raum steht, dass Katar im EU-Parlament mit Geld- und Sachgeschenken versucht haben soll, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Auch wenn die Vorwürfe, die Katar bestreitet, nicht bestätigt sind: Nach vielen negativen Schlagzeilen rund um die Weltmeisterschaft in Katar dürfte das Image einen noch tieferen Kratzer bekommen haben.<BR /><BR />Katar, das steht für Aufbruch im Eiltempo, für klimatisierte Moderne und Wolkenkratzer, wo noch vor 100 Jahren vor allem Wüstenvölker lebten. Die Staatskassen füllt das Land, das mit dem sogenannten North Field über das größte Gasfeld weltweit verfügt, vor allem durch Langzeitverträge für die Lieferung von Flüssigerdgas (LNG) unter anderem nach Asien. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundene Energiekrise ließ die Nachfrage noch kräftig steigen.<BR /><BR />Auch international ist Katar, eine Halbinsel mit 11.572 Quadratkilometern etwas größer als Südtirol (7400 Quadratkilometer), zu fast überproportional hohem Ansehen gelangt. Doha vermittelte den – wenn auch später katastrophal verlaufenen – US-geführten Truppenabzug aus Afghanistan und nahm 60.000 Evakuierte vorübergehend auf. <h3> „Große politische Dummheit“</h3>Die USA, die in Katar ihre größte Militärbasis im Nahen Osten unterhalten, verlegten ihre Botschaft nach Doha und lassen sich in Afghanistan durch die Katarer vertreten. Nachdem 2021 eine jahrelangen Blockade durch Saudi-Arabien und Verbündete endete, ist das Emirat auch regional gestärkt. Im Konflikt des Westens mit dem Iran ist Doha ebenfalls ein wichtiger Ansprechpartner.<BR /><BR />Aber die Öffentlichkeitsarbeit steckte dabei „in den letzten Jahren noch in den Kinderschuhen“, sagt Experte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik im Deutschlandfunk. PR-Firmen seien spät engagiert worden. Wenn die katarische Führung oder deren Diplomaten wirklich glaubten, dass sie durch Geldgeschenke Einfluss in Europa erkaufen könnten, sei das ein „Hinweis auf große politische Dummheit“, sagt Steinberg. Womöglich wüssten sie einfach nicht, wie politische Einflussnahme in Brüssel abläuft.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="843479_image" /></div> <BR /><BR />Dort greift nach dem ersten Schock auch das Misstrauen um sich. Der französische Sozialdemokrat Raphaël Glucksmann schrieb auf Twitter bereits, das aufgedeckte Netzwerk sei überwältigend. „Und das ist wahrscheinlich erst der Anfang...“ Die gesamten Beziehungen der Europäischen Union zu Katar dürften auf den Prüfstand gestellt werden. Jeder Kontakt wird im Nachhinein argwöhnisch begutachtet.<BR /><BR />So etwa die zahlreichen Treffen des Vizepräsidenten der EU-Kommission Margaritis Schinas. Der Grieche ist in der Behörde unter anderem für Sport zuständig, traf in dieser Funktion zuletzt regelmäßig katarische Regierungsvertreter – und lobte die Reformen und Fortschritte des Landes etwa bei Arbeitnehmerrechten. Die französische Fraktionschefin der Linken forderte angesichts derlei „Lobeshymnen“, die Verbindungen zwischen Katar und den Mitgliedern anderer EU-Institutionen zu überprüfen.<BR /><BR />Wichtige Gasabkommen mit Katar würden sicher nicht gekippt, weil das Land „irgendwelche obskuren Politiker in Brüssel möglicherweise hat bestechen lassen“, sagt Experte Steinberg. In eine ähnliche Richtung äußerte sich der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der erklärte, die mutmaßliche Bestechung von EU-Politikern und das Thema Gaseinkäufe seien „zwei verschiedene Sachen“.