Theoretisch möglich ist alles. Auch, dass Silvio Berlusconi, der derzeit seine inzwischen vierte Regierung anführt, weiterhin im Amt bleibt oder dorthin zurückkehrt. Ein Überblick.Staatspräsident ist zunächst gefordertVerliert eine Regierung das Vertrauen des Parlamentes oder tritt sie zurück, geht der Ball an den Staatspräsidenten. Dieser muss sich dann mit den Parlamentsspitzen sowie Vertretern der politischen Parteien beraten und eine mögliche parlamentarische Lösung der „institutionellen Krise“ ausloten.Ist kein Ausweg möglich, löst der Staatspräsident das Parlament auf und schreibt für die ersten Monate des Jahres 2012 Neuwahlen aus.Nach übereinstimmenden Medienberichten tendiert Giorgio Napolitano allerdings dazu, alles zu versuchen, um Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeit gültigen Wahlgesetz zu verhindern.Option 1: Regierung der nationalen EinheitDer wohl einfachste Weg ist eine so genannte „Regierung der nationalen Einheit“. Dabei würden die Berlusconi-Partei PdL, deren abtrünnige Splittergruppen und die oppositionellen Fraktionen des PD und des christdemokratischen UDC eine neue Regierung auf breiter parlamentarischer Grundlage aufstellen.Diese Regierung würde etwa ein Jahr amtieren und ein Haushaltsgesetz verabschieden, das den krisenbedingten Vorgaben der EU und des IWF entspricht. Außerdem könnte diese Regierung das Wahlgesetz reformieren, das derzeit von so gut wie allen politischen Parteien als „unzulänglich“ empfunden wird. Unklar ist derzeit, wer einer solchen Regierung vorsitzen soll.Klar ist nur, dass sowohl PD als auch der UDC auf keinen Fall Silvio Berlusconi als Regierungschef unterstützen würden. Die Lega Nord und die Di-Pietro-Partei IdV sind prinzipiell gegen solche Übergangslösungen und fordern Neuwahlen.Option 2: Technische Regierung Sollte keine „große Mehrheit“ für eine Übergangsregierung zusammen kommen, könnte es zu einer – im Politjargon so genannten – „technischen Regierung“ bzw. „Regierung des Staatspräsidenten“ kommen. Beide Begriffe sind leicht verwirrend: Auch eine solche Regierung benötigt eine politische Mehrheit im Parlament.Die Idee dabei ist: Der Staatspräsident beauftragt eine über den politischen Betrieb hinaus geachtete Person mit der Regierungsbildung und gibt dabei meist sogar Eckpunkte des Regierungsprogrammes mit (Wahl- oder Haushaltsgesetz).Die Parlamentsparteien tragen diesem in Inhalt und Dauer eindeutig formulierten Willen des Präsidenten meist Rechnung und zimmern eine ad-hoc-Mehrheit zusammen. Immer wieder genannt wird in diesem Zusammenhang der Name Mario Monti.Der ehemalige EU-Kommissar und derzeitige Präsident der Mailänder Universität Luigi Bocconi genießt über parteiübergreifend und auch in Wirtschaftskreisen Achtung und Vertrauen.Option 3: Interne Lösung Auch eine Lösung allein innerhalb des Mitte-rechts-Blockes ist möglich. Zum einen könnte Silvio Berlusconi seinem Staatssekretär Gianni Letta oder sonst einem PdL-Exponenten Platz machen und damit abtrünnige Mandatare wieder zurück ins Mehrheitsboot holen.Eine PdL-Lega-Regierung ohne Berlusconi ist aber aus Sicht der Lega Nord schwer denkbar und hätte ein vorbestimmtes Ablaufdatum. Es ist theoretisch auch möglich, dass der Staatspräsident Silvio Berlusconi mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Dazu müsste der „Cavaliere“ Napolitano aber eine sichere Mehrheit garantieren.Option 4: Alles bleibt beim AltenOder Berlusconi gewinnt wie in den vergangenen Monaten die Abtrünnigen im Laufe des Abstimmungstages zurück. Und alles bleibt beim Alten. Eine Möglichkeit, der die Analysten des „Corriere della Sera“ gestern eine Wahrscheinlichkeit von fünf Prozent einräumten.mtz