Für Polemik sorgte die jüngste Attacke von Regierungschef Silvio Berlusconi gegen die Opposition. „Wer links wählt, hat kein Hirn“, meinte der Ministerpräsident, der einen Linksruck in Großstädten wie Mailand und Neapel befürchtet. Der Medienzar bangt in seiner Heimatstadt Mailand um seine Kandidatin, Bürgermeisterin Letizia Moratti. Diese war beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen auf lediglich 41 Prozent der Stimmen gekommen, während ihr Herausforderer aus dem Mitte-Links-Lager, Giuliano Pisapia, 48 Prozent der Stimmen erobert hatte.Die Sorge des Premiers, nach einer Schlappe bei den Stichwahlen in Mailand auch auf nationaler Ebene in Gefahr zu kommen, sei real, warnte Oppositionschef Pierluigi Bersani. Berlusconi warnt „islamischer Stadt voller Zigeuner“ Die Mailänder Bürgermeisterin Moratti bemängelte, dass der Wahlkampf in der lombardischen Metropole zu stark von der nationalen Politik belastet worden sei. Damit seien die realen Probleme Mailands in den Schatten gestellt worden.Stark populistische Töne wurden in den letzten Tagen des Wahlkampfes angeschlagen. Wiederholt warnte Berlusconi vor einer Machtübernahme durch „linke Extremisten“ in Mailand. Die Linke werde die lombardische Hauptstadt zu einer „islamischen Stadt voller Zigeuner“ machen, die Opposition wolle Ausländern das Wahlrecht geben, warnte der Premier.Auch die mit Berlusconi verbündete rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord sorgte für hitzige Diskussionen. Sie drohte mit einem Steuerboykott in Norditalien, sollten nicht mehrere Ministerien im Rahmen des Föderalisierungsprozesses von Rom in den Norden verlegt werden. Lega-Minister Roberto Calderoli zitierte ein demokratisches Prinzip der USA: “Keine Steuern ohne Vertretung.“ Das müsse auch für Norditalien gelten, meinte Calderoli. Mit der Kampagne zur Verlegung mehrerer Ministerien nach Norditalien hofft die Lega Nord, Wählerstimmen zu gewinnen, nachdem sie in Mailand und anderen norditalienischen Gemeinden beim ersten Wahldurchgang unter den Erwartungen abgeschnitten hatte.Spannender Wahlkampf in Neapel Besonders spannend ist der Wahlkampf in Neapel. Die Opposition setzt auf den Kandidaten der Partei “Italia dei Valori“, Luigi De Magistris, der beim ersten Wahlgang überraschend auf 27,5 Prozent der Stimmen gekommen war. Der kämpferische De Magistris, der mit seinen deftigen Anti-Berlusconi-Slogans für das Mitte-Rechts-Lager ein rotes Tuch ist, misst sich in der Vesuv-Stadt mit dem Ex-Präsidenten der neapolitanischen Industriellen, Gianni Lettieri, der von einem Mitte-Rechts-Bündnis unterstützt wird. Lettieri hatte sich beim ersten Wahlgang mit 38 Prozent der Stimmen begnügen müssen, was klar unter den Erwartungen des Berlusconi-Bündnisses lag. Der Kampf gegen die Müllkrise und die Camorra, die wirtschaftliche Entwicklung und die Beschäftigung sind die Hauptthemen des Wahlkampfes in der größten Stadt Süditaliens.5,5 Millionen Italiener sind zu Stichwahlen in 84 Gemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern aufgerufen, in denen beim ersten Wahlgang am 15. und 16. Mai kein Bürgermeisterkandidat die Mehrheit von 50 Prozent erreichen konnte. Zu den Urnen sind auch die Bürger von sechs Provinzen gerufen: Mantua, Pavia, Triest, Macerata, Vercelli und Reggio Calabria. Gewählt wird außerdem in 27 sizilianischen Gemeinden, darunter in der Provinzhauptstadt Ragusa. Die Wahllokale sind am Sonntag von 8.00 bis 22.00 Uhr und am Montag von 7.00 bis 15.00 Uhr geöffnet. Mit Wahlergebnissen ist am Montagabend zu rechnen. apa/stol