„Ich höre mir genau die Probleme und Sorgen der Tirolerinnen und Tiroler an“, verspricht Mattle.<BR /><BR /><b>Ein leider sehr trauriges Ereignis hat Sie als Bürgermeister von Galtür international bekannt gemacht. Wie sehr haben diese schweren Tage Sie geprägt und welche Erinnerung tragen Sie bis heute in Ihrem Herzen mit?</b><BR />Anton Mattle: 31 Todesopfer in meiner Heimatgemeinde, tagelang waren wir damals in Galtür eingeschlossen – so eine Jahrhunderttragödie hat unser Dorf, aber selbstverständlich auch mich selbst geprägt. Bis heute pflege ich engen Kontakt zu einigen Familien der Hinterbliebenen. Damals habe ich gelernt, dass man als Krisenmanager auch in schwierigsten Situationen Ruhe und einen kühlen Kopf bewahren muss. Ich habe aber auch gelernt, dass keine Krise gleich ist, aber an überstandenen Krisen wächst man auch selbst.<BR /><BR /><b>Sie sind als sehr besonnener, fachorientierter Politiker bekannt. Werden Sie diese Linie jetzt als Spitzenkandidat der ÖVP Tirol ändern?</b><BR />Mattle: Ich bin, wie ich bin. Mir ist es wichtig, zuzuhören, ausgleichend zu wirken, aber auch<BR />zu entscheiden und umzusetzen. Es gibt aber auch bestimmte Themen – wie etwa die Energiewende oder den Umgang mit Großraubtieren – da braucht es eine klare Linie.<BR /><BR /><b>Wie sehen Sie sich selbst: Einzelkämpfer oder Teamplayer?</b><BR />Mattle: Definitiv Teamplayer.<BR /><BR /><b>Der Rückzug von Landeshauptmann Günther Platter kam doch sehr schnell und überraschend. Als er sie mit der Frage der Nachfolge konfrontierte: Was war Ihre erste Reaktion?</b><BR />Mattle: Zuerst hat es mir, ehrlich gesagt, den Boden unter den Füßen weggezogen. Nach reiflichem Überlegen und vielen Gesprächen habe ich zugesagt und freue mich nun, als Spitzenkandidat für die Tiroler Volkspartei in die Landtagswahl zu gehen. Vor allem, weil ich sehr viel Rückhalt verspüre und meine Familie hinter mir steht.<BR /><BR /><b>Mit wem haben Sie sich über diesen Schritt beraten und was war letztlich ausschlaggebend, dass Sie „Ja“ zur Kandidatur gesagt haben?</b><BR />Mattle: Am ersten Tag nach der Frage von Günther Platter habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Ich musste für mich selbst Antworten auf wesentliche Fragen finden. Dann folgten die Gespräche mit meiner Frau und meinen erwachsenen Kindern. Dass meine Familie hinter mir steht, hilft mir ungemein. Ausschlaggebend für das „Ja“ war aber schon die Möglichkeit und der Wille, mein Tirol führend mitgestalten zu dürfen.<BR /><BR /><b>Die Opposition hat Sie unter anderem als „Polit-Zwilling“ Platters bezeichnet. Sind Sie das?</b><BR />Mattle: Mich verbindet viel mit Günther Platter. Aber er war jetzt fast 40 Jahre Vollzeitpolitiker. Ich habe 30 Jahre lang als Unternehmer in Paznaun gearbeitet. Durch die Erfahrungen aus der Wirtschaft lege ich viel Wert auf unbürokratische, praktikable, aber auch innovative Lösungen. Politik muss das Leben der Menschen besser und leichter machen, nicht schwieriger und komplizierter. Dieser Ansatz prägt mein politisches Selbstverständnis. <BR /><BR /><b> Die Zeit bis zum Wahltag im September ist kurz. Wie wollen Sie die Tirolerinnen und Tiroler überzeugen, dass diese für Sie bzw. für die ÖVP Tirol stimmen?</b><BR />Mattle: Ich versuche, mit so vielen Tirolerinnen und Tirolern wie möglich ins persönliche Gespräch zu kommen, damit sie ein klares Bild davon bekommen, wohin ich das Land führen will und welche Positionen ich vertrete.<BR /><BR /><b>Die Meinungsumfragen für Ihre Partei sind momentan alles andere als ermutigend. Bereitet Ihnen das schlaflose Nächte?</b><BR />Mattle: Natürlich haben mich die Umfragen nicht gefreut, aber in erster Linie ist es für mich und mein Team vor allem Motivation und Ansporn, uns ab jetzt schrittweise nach oben zu arbeiten und die Menschen davon zu überzeugen, dass Tirol mit mir an der Spitze eine erfolgreiche Zukunft vor sich hat.<BR /><b>Welche Fehler hat die ÖVP gemacht, dass diese Werte so bescheiden sind?</b><BR />Mattle: Dass die Situation auf Bundesebene keine einfache ist, steht außer Frage. Ich lasse mich<BR />davon aber nicht beirren. Die Tirolerinnen und Tiroler unterscheiden ganz klar zwischen Gemeinde-, Landes- und Bundesebene. Ich stehe für ein christlich-soziales Wertefundament, für verbindliche und ausgleichende Politik und orientiere mich ausschließlich an den Bedürfnissen der Tirolerinnen und Tiroler.<BR /><BR /><b>Wenn Sie eine Prioritätenliste erstellen. Welche Themen für Tirol stehen an erster Stelle?</b><BR />Mattle: Zuerst geht es um die alltäglichen Probleme und Sorgen der Menschen. Diese stehen an erster Stelle und hier gilt es, täglich an Verbesserungen für die Bevölkerung zu arbeiten. Bei den Zukunftsthemen stehen für mich die Energiewende und die Digitalisierung ganz oben auf der Liste. Von einem zukünftigen Koalitionspartner erwarte ich mir deshalb auch ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Wasserkraft und der Fotovoltaik im Land, damit Tirol energieautonom wird.<BR /><BR /><b> Ukraine-Krieg, Corona, Klimawandel, Flüchtlingswellen – Wie nachdenklich stimmen Sie diese Entwicklungen?</b><BR />Mattle: Ich mache mir definitiv Sorgen. Wir alle stehen vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam meistern können. Aber ich bin keiner, der sich davon entmutigen lässt. Im Gegenteil: Tirol hat beispielsweise alle Möglichkeiten, um rasch unabhängiger und damit krisenresistenter zu werden. Wir haben ein riesiges ungenutztes Potenzial an erneuerbaren Energieträgern, eine leistungsfähige Landwirtschaft und eine starke, vielfältige Wirtschaft. Diese Stärken müssen wir nutzen.<BR /><BR /><b>Ihr Vorgänger Günther Platter war ein starker Verfechter der Euregio Tirol. Wie stehen Sie zur Euregio?</b><BR />Mattle: Ich bin ein glühender Europäer, und freue mich, wenn ich das, was Günther Platter, Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti in den letzten Jahren in punkto Europaregion erreicht haben, noch weiter vorantreiben darf. Zudem habe ich in den vergangenen 30 Jahren, in der Zusammenarbeit in der Terra Raetica, sehr viele interessante Menschen kennenlernen dürfen, und auch selbst grenzüberschreitende Freundschaften zwischen dem Tiroler Oberland und dem Vinschgau schließen können. Generell bin ich ein großer Freund von internationaler Zusammenarbeit. Auch wenn es für manche Probleme regionale Lösungen braucht, können wir die großen Herausforderungen nur gemeinsam meistern. <BR /><BR /><b>Aufgrund Ihrer politischen Funktionen hatten Sie schon regelmäßig Kontakte nach Südtirol. Was ist Ihnen dabei in Zukunft wichtig?</b><BR />Mattle: Ganz egal, ob Nord-, Ost- oder Südtirol oder ganz woanders auf der Welt – mir ist immer der Austausch auf Augenhöhe wichtig. In der Zusammenarbeit in der Euregio können wir abseits vom Institutionellen noch vielmehr gesellschaftlichen Tiefgang erreichen. Da geht es zum Beispiel um Freundschaften innerhalb der Terra Raetica, gemeinsame Aktivitäten im Bereich Kultur, Sport und vieles mehr. Man muss den Menschen zuhören, ihre Sorgen ernst nehmen, und dann unbürokratische Lösungen anbieten. Und das ist auch mein politischer Stil. Mit ehrlicher und verantwortungsvoller Politik habe ich mir in Galtür über 30 Jahre als Bürgermeister das Vertrauen der Bevölkerung bewahrt, und ich bin immer ein optimistischer Realist geblieben. <BR /><BR /><b>Wenn Sie privat nach Südtirol kommen. Was ist Ihr Lieblingsplatzl?</b><BR />Mattle: Da gibt es definitiv mehr als eines! Mir gefällt es in Meran sehr gut, in Sulden war ich mal zum Skifahren, der Ortler hat mich damals sehr beeindruckt. Ich bin aber zum Beispiel vor 3 Jahren mit dem Rad von Nauders bis zum Gardasee hinunter gefahren, und da gibt es gerade in Südtirol so viele schöne Plätze, dass man sich kaum entscheiden kann. Wenn man zwischen Weinbergen und Apfelwiesen so dahinradelt, vor diesem traumhaften Panorama der Dolomiten, das ist schon unglaublich schön. Aber natürlich haben wir auch in Nordtirol viele solche traumhaften Plätze.<BR /><BR /><b>Wie hoch haben Sie sich die Latte für die Landtagswahl im September gelegt, sprich welches Resultat sehen Sie realistisch für Ihre Partei?</b><BR />Mattle: Die Prognosen der jüngsten Umfragen (30 Prozent, Anm. d. Red.) möchte ich auf jeden Fall übertreffen, um einen klaren Gestaltungsauftrag zu haben. Dafür arbeite ich bis zum 25. September jeden Tag mit aller Kraft.<BR />Interv.: Bernhard Liensberger<BR />