„Wie man es sehen will, aber es ist vielleicht das Beste, was man herausholen kann“. <BR /><BR /><b>Die Meinungen zur Autonomie-Reform gehen auseinander. Ist es der ganz große oder eher ein kleiner Wurf?</b>Francesco Palermo: Das kommt darauf an, wie man es sehen will – und aus welchem Blickwinkel. Politisch gesehen ist die Reform durchaus positiv und vielleicht das Beste, was man herausholen kann – auf einer sehr pragmatischen Ebene. Als Jurist muss ich sagen, dies ist alles unsystematisch. Eine systemische Weiterentwicklung und Modernisierung wurde nicht erreicht.<BR /><BR /><b>Können Sie das an einem Beispiel erläutern?</b>Palermo: Etliche Bestimmungen beruhen auf aktuellen Anlässen. Nehmen wir die Großraubtiere. Der Passus, der den Abschuss bei einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit erlaubt, ist so formuliert, dass er den Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti gegen die Anzeigen und Eingaben der Tierschützer schützt. Das gilt mehr für den Bär, als für den Wolf, der bei uns noch keinen Menschen angegriffen hat. Es ist also keine systematische, sondern eine ad-hoc-Regelung. Doch das Ziel wurde erreicht. Das ist Pragmatismus pur. <BR /><b><BR />Worin besteht denn nun – pragmatisch gesehen – der größte Gewinn durch diese Reform für die Südtiroler Autonomie?</b>Palermo: Südtirols Gesetzgebung in den nun 32 Bereichen, in denen man ausschließliche Kompetenz hat, ist damit viel besser geschützt vor der Einflussnahme des Verfassungsgerichtes. Denn es sind die Grenzen der Zuständigkeiten genau und explizit definiert. Und innerhalb dieser Grenzen wird es nun unwahrscheinlicher, dass ein Landesgesetz angefochten wird. Der Südtiroler Gesetzgeber muss jetzt also nicht mehr ständig zittern. Das gibt Planungssicherheit. Und wenn man das aus politischer Sicht als unmittelbares Interesse des Landes ansieht, dann ist diese Autonomie-Reform absolut ein guter Fortschritt. Sie bringt andererseits aber auch viel Verantwortung mit sich.<BR /><b><BR />Inwiefern?</b><BR />Palermo: Der bessere Schutz der Landesgesetzgebung bedeutet ja nicht automatisch, dass dadurch bessere Gesetze gemacht werden. Wir müssen nur etwas weniger mit Rom verhandeln. Und das kann auch heißen, dass der Einfluss der lokalen Lobbys auf die lokale Gesetzgebung steigt. Das ist ein prinzipielles Dilemma in kleinen Realitäten, dem jetzt für Südtirol das Korrektiv fehlen wird. Bisher war es in manchen Fällen eine probate Strategie, ein schlechtes Gesetz zu machen, dann wurde es angefochten und man konnte behaupten, man habe alles versucht, doch Rom ist dagegen. Jetzt steigt die Verantwortung und die Gesetze müssen besser werden.<BR /><BR /><b>Wie beurteilen Sie die Formulierung zum Einvernehmen?</b><BR />Palermo: Aus meiner Sicht ist sie eine der beste Errungenschaften dieser Reform. Und viel mehr geht nicht, denn der Staat kann nicht die Souveränität seines eigenen Parlamentes komplett aufheben, indem es Südtirol ein absolutes Veto einräumt. Aber das Vetorecht ist auf jeden Fall gestärkt worden. <BR /><h3> Autonomiereform am Samstag übermittelt</h3>Am Samstag hatte – <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/autonomiereform-text-des-verfassungsgesetzentwurfs-uebermittelt" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">wie berichtet</a> – das Warten endlich ein Ende. Kurz vor 12 Uhr übermittelte Rom den Verfassungsgesetzentwurf zur Autonomiereform den zwei Landeshauptleuten Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti. Der Ministerrat hatte den Text vergangenen Mittwoch gutgeheißen. Zeitgleich traf auch der Begleitbericht von Regionenminister Roberto Calderoli ein.<BR /><BR />Arno Kompatscher übermittelte beide Dokumente sofort Landtagspräsident Arnold Schuler. Dieser leitete sie an die Mitglieder des Südtiroler Landtages weiter. Beide Landtage und der Regionalrat müssen gemäß Art. 103 des Autonomiestatus dazu Stellungnahmen abgegeben.