„Wir müssen Förderungen so gestalten und den Tourismus dort unterstützen, wo es Sinn macht“, sagt der ÖVP-Politiker und nennt konkrete Beispiele. <BR /><BR /><b>Erstmals ist ein Unternehmer aus dem Tourismus Wirtschaftslandesrat. Was hat Sie an dieser Verantwortung gereizt?</b><BR />Gerber: Für mich persönlich ist es eine große Ehre. Ich habe immer gesagt, wenn ich Regierungsverantwortung übernehme, dann nur ein Ressort, wo ich eine Ahnung habe. Kompetenz ist für mich sehr wichtig. Ich kann als Unternehmer sehr viel Erfahrung einbringen. Neben der touristischen und wirtschaftlichen Seite habe ich noch den Bereich der Digitalisierung, was mir sehr, viel Spaß macht. Ich will, dass die Industrie, die Wirtschaft und der Tourismus an einem Strang ziehen. <BR /><BR /><b>Ist der Umstieg vom Hotelier zum Landesrat schwer gefallen?</b><BR />Gerber: Nein, der Schritt ist mir nicht schwer gefallen. Ich war ja bereits 5 Jahre als Abgeordneter im Landtag. Mit Landeshauptmann Günther Platter hatte ich einen starken Mentor, der mich sehr geprägt und geformt hat. Um diesen Weg gehen zu können, musste ich mich schon vorbereiten. Ich habe dies aber mit meiner Familie abgeklärt, speziell mit meiner Frau und meinem Bruder, müssen doch die Betriebe weitergeführt werden.<BR /><BR /><b>Welchen Weg wollen Sie einschlagen, um den Tiroler Tourismus zukunftsfit zu machen?</b><BR />Gerber: Mir liegt der Dialog mit der Bevölkerung und jenen, die den Tourismus kritisch sehen, am Herzen. Ich sage bewusst nicht Diskussion, sondern Dialog. Wir müssen die Menschen abholen und Mythen und falsche Fakten aufklären – wie der Tourismus ist für den Verkehr verantwortlich, es wir alles durch den Tourismus teurer, er zerstört unsere Natur usw. Das hat sich in den Köpfen manifestiert. Mir ist es daher ein großes Anliegen hier aufzuklären. Ich möchte zum Beispiel eine seriöse Diskussion über die Nachhaltigkeit im Tourismus führen. Bisher hat dies keiner ernsthaft gemessen. Wir diskutieren einfach. Man muss der Bevölkerung schon auch sagen, welche Vorteile sie vom Tourismus hat. Daher braucht es einen Dialog, der mit Fakten argumentiert. Ich habe daher nach meinem Amtsbeginn ein Tourismus-Future Lab und -Nachhaltigkeitskompetenzzentrum initiiert. Hier forschen wir, was ist in den nächsten 10 Jahren und nicht nächstes Jahr für den Tourismus in Tirol wichtig ist.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="890660_image" /></div> <BR /><BR /><b>Die Wissenschaft prophezeit, dass vor dem Hintergrund des Klimawandels der Wintertourismus in Tirol an Bedeutung verlieren wird. Was entgegnen Sie diesen?</b><BR />Gerber: Ich leugne den Klimawandel nicht. Der Skitourismus wurde schon länger tot gesprochen, aber der Tiroler Tourismus ist immer innovativ gewesen. Es werden Produkte entstehen, die den Skisport ersetzen werden. Die gibt es ja jetzt schon. Wir haben nicht nur den alpinen Skisport, sondern auch den Wellness-, Genuss- oder allgemeinen Sporturlaub. Wir sind in einem Wandel und der Tiroler Tourismus muss sich auf neue Herausforderungen einstellen.<BR /><BR /><b>Mit welchen konkreten Schritten wollen sie diesem Wandel begegnen?</b><BR />Gerber: Wir sehen, dass der Sommertourismus immer stärker wird und der Winter hingegen stagniert. Daher brauchen wir eine innovative Forschung, sprich Future Lab, wo wir ja nicht nur die Nächtigungszahlen heranziehen, sondern auch andere Messwerte wie Mitarbeiter-Zufriedenheit, Nachhaltigkeit oder den öffentlichen Verkehr miteinbeziehen. Wir müssen daher Förderungen so gestalten und den Tourismus dort unterstützen, wo es Sinn macht. Wir fördern daher keine Betten mehr, sondern nur mehr die Qualität. Ein Beispiel: Wenn ein Ort kein Gasthaus mehr hat, bekommt dieser Ort sofort 20.000 Euro, weil ein Gasthaus nicht nur für die Touristen wichtig ist, sondern auch für die Einheimischen. Es werden auch keine Betten mehr gefördert, sondern ausschließlich die Qualität.<BR /><BR /><embed id="dtext86-59344699_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Ein Problem, nicht nur im Tourismus, ist der Fachkräftemangel. Gibt es hierfür eine Erklärung?</b><BR />Gerber: Wir haben nicht nur einen Fach- sondern auch einen Hilfskräftemangel. Das sind die Nachwehen von Corona. Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir einen Schritt zurück zur Leistungsgesellschaft machen müssen. Wir müssen Menschen, denen es schlecht geht, noch mehr unterstützen, aber jene, die arbeiten können, müssen wir wieder in die Leistungsgesellschaft bringen. Unser System und unseren Wohlstand können wir nur aufrechterhalten, wenn jeder einen Beitrag zur Gesellschaft leistet. Wir brauchen wieder mehr Eigenverantwortung – auch bei den Unternehmern. Wir müssen jungen Menschen, die gerne arbeiten, eine Vision geben. Wenn diese keine Vision zum Thema Wohnen haben, wird es schwer sein, sie in die Gesellschaft zu bringen, wenn es heißt „Ich kann es mir eh' nicht leisten“. <BR /><BR /><b>Sie haben eine neue Wirtschaftsförderung gestartet. Wie sieht diese aus?</b><BR />Gerber: Wirtschaft, Tourismus und Wissenschaft müssen näher zusammenrücken und diese Bereiche müssen noch besser verknüpft werden. Ein starker Fokus liegt auf der Innovations- und Digitalisierungsförderung, wo wir beispielsweise Startup- Unternehmen mit einem eigenen Programm fördern. Ich bin nicht der Politiker mit der Gießkanne. Wir fördern nur dort, wo es auch gebraucht wird.<BR /><BR /><b>Warum ist die Digitalisierung so wichtig für Sie?</b><BR />Gerber: Weil wir unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern und unsere Kompetenzführerschaft ausbauen wollen. Wir sind schon jetzt die Besten in Österreich. Die Digitalisierung ist die Zukunft für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Daher haben wir – als erste Region europaweit – den „Digi Tirol Daten Hub“ ins Leben gerufen. Wir sammeln hier nicht nur die Daten, sondern verbinden diese auch. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="890663_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Mit Corona und anderen Krisen hat sich auch ein Pessimismus entwickelt. Wie sehen Sie die Stimmung?</b><BR />Gerber: Es geht wieder aufwärts. Ich bin generell ein optimistischer Mensch. Wir haben eine Zeit der multiplen Krisen. Ich glaube, wir müssen als Gesellschaft noch mehr zusammenhalten. Die positive Stimmung ist da. Es gibt eben noch Fragezeichen. Wir werden diese Herausforderungen aber gewiss meistern und viel aus den Krisen lernen. <BR /><BR /><b>Welchen Stellenwert nimmt die Euregio in ihrer Wirtschaftspolitik ein?</b><BR />Gerber: Die Idee ist richtig und wichtig, einen freundschaftlichen Austausch zu fördern, weil man nur weiterkommt, wenn wir an einem Strang zieht, auch wenn es immer wieder unterschiedliche Interessen geben wird. Mir ist der Austausch mit meinem Südtiroler Amtskollegen Philipp Achammer wichtig. Denn durch diesen Austausch kommt eine Vielfalt heraus. Dann liegt es wieder in der Hand des Politikers zu filtern, welche Themen man angeht.<BR /><BR /><BR />ZUR PERSON<BR /><BR />Geboren am 8. Jänner 1981 geboren, wohnhaft in Innsbruck-Igls und ein begeisterter Skifahrer. Von 1996 bis 1999 absolvierte er die Lehre „Hotel- und Gastgewerbeassistent“. Seit 2003 führt er gemeinsam mit seiner Familie die Gerber Hotels (Kühtai). 2018 zog er als Abgeordneter in den Tiroler Landtag ein. Seit 25. Oktober 2022 ist er Mitglied der Tiroler Landesregierung. <BR /><BR />