<b>Herr Myftiu, Sie stammen ursprünglich aus Albanien. Wann sind Sie nach Italien gekommen?</b><BR />Tritan Myftiu: Das war im März 1991. Aufgrund der schwierigen Situation in meinem Heimatland haben sich viele Menschen dazu entschlossen, nach Italien auszuwandern. In der ersten Märzwoche sind wir mit einem Schiff im Hafen von Brindisi angekommen. Dort bin ich zunächst zehn Tage lang geblieben. Zahlreiche katholische Vereine haben sich damals um uns gekümmert.<BR /><BR /><BR /><b>Wie ging es dann weiter?</b><BR />Myftiu: Anschließend hieß es, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder nach Turin oder nach Bozen. Zunächst war ich fest entschlossen, nach Turin zu fahren. Der Arbeitsplatz war dort gesichert, immerhin hatte Fiat einen großen Sitz in Turin. Zudem hatte meine Großmutter dort studiert und mir bereits sehr viel über die Stadt erzählt.<BR /><BR /><BR /><b>Warum haben Sie sich trotzdem für Bozen entschieden?</b><BR />Myftiu: Das lag daran, dass die Schwester eines guten Freundes von mir bereits in Bozen mit ihrem Kind lebte. Ich hatte die italienische Sprache bereits Jahre zuvor erlernt, konnte mich also schon verständigen. Zudem habe ich bereits gewusst, dass es in Südtirol eine deutsche Minderheit gibt, das hat eine gewisse Neugierde in mir geweckt. Ich habe mich deshalb für Bozen entschieden. Für mich ging es zunächst mit einem Bus zu einem Bahnhof, ehe uns ein Zug nach Welsberg im Pustertal brachte. Am 18. März 1991 bin ich schließlich in Bozen angekommen.<BR /><BR /><BR /><b>Seitdem sind über 34 Jahre vergangen. Bereuen Sie es, sich für Bozen entschieden zu haben?</b><BR />Myftiu: Nein, eigentlich nicht. Andererseits kann man nicht wissen, was gewesen wäre, wenn ich mich für die Fahrt nach Turin entschieden hätte. Aber in Bozen bin ich sehr glücklich geworden.<BR /><BR /><BR /><b>Seit wann sind Sie in der Politik aktiv?</b><BR />Myftiu: Ich habe im Jahr 2005 erstmals für den Bozner Gemeinderat kandidiert. Bei den folgenden Wahlen habe ich mich jeweils als Kandidat aufstellen lassen. Der Sprung dorthin gelang mir aber erst bei den Wahlen vor fünf Jahren. Seit knapp einem Monat darf ich mich jetzt sogar Stadtrat nennen.<BR /><BR /><BR /><b>Wie war die Anfangszeit?</b><BR />Myftiu: Ich habe sie mir schlimmer vorgestellt (lacht). Die ersten vier Wochen waren sehr positiv. Ich kann mich sehr glücklich schätzen, einen Sekretär zu haben, der mir sehr viel geholfen hat. Auch die gesamten Mitarbeiter in den Ämtern, die ich seit kurzem betreue, sind sehr nett und zuvorkommend. Ich hatte zunächst befürchtet, dass mir alle das Leben schwer machen wollen, so wie ich es aus meinen Zeiten in der Opposition gewohnt war. Doch das genaue Gegenteil war der Fall.<BR /><BR /><BR /><b>Ein wichtiger Bereich Ihrer Zuständigkeiten ist die Integration. Sie selbst mussten sich auch erst integrieren. Wie wollen Sie anderen Menschen dabei helfen?</b><BR />Myftiu: Mein großes Ziel ist es, wieder einen Integrationsbeirat zu errichten. Ich selbst war sechs Monate lang Präsident des Beirates, als er noch bestand. Dann habe ich die italienische Staatsbürgerschaft erhalten und musste das Amt abgeben. Die Vorbereitungen laufen, in einem zweiten Moment soll es eine Aufforderung an Vereine geben, Kandidaten für den Beirat vorzuschlagen. Mein großer Wunsch ist, dass sich die Menschen, die aus anderen Ländern nach Bozen kommen, hier wohl und zuhause fühlen. Dafür müssen sie sich aber auch an die Regeln halten, das ist die Voraussetzung dafür.<BR /><BR /><BR /><b>Sie sind auch für die Digitalisierung zuständig. Warum sollte Bozen digitaler werden?</b><BR />Myftiu: Bereits jetzt sind sehr viele Dienste der Gemeinde online nutzbar. Das ist sowohl eine Entlastung des Personals als auch eine Vereinfachung für die Bürgerinnen und Bürger. Der Bereich Smart City wird in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Für die älteren Menschen, die Schwierigkeiten mit der Digitalisierung haben, sind die Dienste dagegen weiterhin in den Bürgerzentren möglich – teilweise auch ohne sich vorher anmelden zu müssen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70834746_listbox" />