Der Historiker Nawrocki gilt als politisch unerfahren. Offiziell ist der 42-Jährige parteilos, trat aber als Kandidat der rechtskonservativen PiS an, Polens größter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit Brüssel.<BR /><BR />Polen ist ein wichtiger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land mit knapp 38 Millionen Einwohnern sieht sich auch selbst von Moskau bedroht und rüstet massiv auf. Anders als in der Slowakei, Ungarn oder Rumänien gibt es in Polen keinen ernst zu nehmenden Politiker, der prorussische Positionen vertritt. In der wichtigsten außenpolitischen Frage, der Unterstützung für die Ukraine, zogen Duda und Tusk stets an einem Strang. Dies könnte sich mit Nawrocki ändern, der zum Beispiel gegen einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine ist.<h3> Wahlkampf: Nawrocki sucht Näh zu Trump</h3>Während sich mit Tusk als Regierungschef das Verhältnis zwischen Warschau und Berlin entspannte, vertritt Nawrocki eher die Deutschland-feindliche Linie der PiS und suchte im Wahlkampf die Nähe zu US-Präsident Donald Trump. Er erneuerte die Forderung nach Reparationen für die Schäden, die Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet hat. Von der EU will sich Nawrocki, das hat er betont, für Polen nichts vorschreiben lassen.<h3> Nawrocki will Ukraine weiter unterstützen</h3>Nawrocki hatte wie auch Trzaskowski im Wahlkampf erklärt, dass höhere Verteidigungsausgaben notwendig seien, wie sie US-Präsident Donald Trump von Europa fordert. Zudem will auch er die Ukraine in ihrem Kampf gegen die russische Invasion weiter unterstützen. Doch während der 53-jährige Trzaskowski, Sohn eines Jazzmusikers, eine liberale Agenda mit Schwerpunkt auf Frauenrechten und engen Beziehungen zur EU betrieben hat, hat sich Nawrocki an Trump orientiert und als Neuling ohne politischen Ballast positioniert. Er betrachtet die USA und nicht die EU als Polens wichtigsten Verbündeten, lehnt Abtreibung ab und ist gegen die Migrationspolitik der EU.<h3> Trzaskowski gab sich am Wahlabend als Sieger</h3>Am Wahlabend sah eine erste Prognose zunächst Trzaskowski vorn, und der 53-jährige Sozialwissenschaftler gab sich auch schon als Wahlsieger. Er gilt allerdings selbst in seinem politischen Lager als sehr weit links und war für viele Wähler in katholisch geprägten ländlichen Regionen des Landes ein rotes Tuch.<h3> Tiefe politische Spaltung</h3>Die über Nacht eingehenden Einzelergebnisse belegten die tiefe politische Spaltung Polens, das in den vergangenen Jahren große wirtschaftliche Erfolge erzielt hat. Trzaskowski siegte demnach in den großen Städten wie Warschau, Krakau und Lodz, die vom Aufschwung besonders profitiert haben. In kleineren Städten und den ländlichen Regionen Polens lag Nawrocki vorn.<BR /><BR />Ein Grund für die Niederlage Trzaskowskis könnte sein, dass das liberale und linke Lager sein Wählerpotenzial nicht ausgeschöpft hat. Die Wahlbeteiligung lag mit 71,7 Prozent zwar gut 3 Prozentpunkte höher als bei der vorherigen Präsidentenwahl vor 5 Jahren. Doch beim Sieg über die PiS bei der Parlamentswahl 2023 hatte eine Rekordzahl von 74,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben.<BR /><BR />„Wir werden siegen und Polen retten. Wir werden nicht zulassen, dass Donald Tusks Macht sich festigt“, sagte Nawrocki nach Bekanntgabe erster Prognosen. Er war bisher Direktor des Instituts für Nationales Gedenken (IPN), eine Art polnisches Pendant zur mittlerweile aufgelösten Stasi-Unterlagen-Behörde in Deutschland.<h3> Vergangenheit als Amateurboxer</h3>Für Aufsehen - und Sympathien bei manchen Wählern - sorgte immer wieder seine Vergangenheit als Amateurboxer in jungen Jahren und als Türsteher während des Studiums in einem Luxushotel mit möglichen Kontakten ins Rotlichtmilieu. Doch schon im ersten Wahlgang vor 2 Wochen hatten Nawrocki und noch weiter rechts stehende Kandidaten zusammen eine deutliche Mehrheit erhalten.<h3> Präsident in Polen hat Vetorecht</h3>In Polen amtiert der Präsident 5 Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als etwa der Bundespräsident in Österreich und repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er der Regierung mit seinem Vetorecht das Leben schwer machen.