Nach Angaben aus Verhandlungskreisen einigten sich Union und FDP in einem zähen Ringen auf Steuerentlastungen von insgesamt 24 Milliarden Euro ab 2011.„Die Koalition der Mitte steht", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zusammen mit seinen Kollegen von FDP und CSU, Dirk Niebel und Alexander Dobrindt. Für die letzte Etappe zur Steuerpolitik brauchten die Unterhändler noch einmal sechs Stunden bis kurz nach 2 Uhr morgens. Mehrfach zogen sich die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) mit ihren Generalsekretären und den Finanzfachleuten aus der großen Runde zurück und feilschten um das Steuerpaket. Es sei „intensiv diskutiert" worden, sagte Niebel. „Das war echt ein hartes Stück Arbeit", bestätigte Dobrindt.CSU-Chef Seehofer zeigte sich „voll zufrieden". „Da ist nichts dabei, wo ich rote Ohren bekommen müsste", sagte er nach der Marathonsitzung. Die CSU habe ein Betreuungsgeld für zu Hause betreute Kinder bis drei Jahren durchgesetzt. Ab 2013 sollten monatlich 150 Euro pro Kind fließen, was 1,6 Mrd. Euro koste. Die Union hatte eine Entlastungsvolumen von 20 Mrd. Euro vorgeschlagen, die FDP 35 Milliarden. Zum nunmehrigen Kompromiss in Höhe von 24 Mrd. Euro sagte CSU-Chef Seehofer: „Das haben Sie nicht von mir, auch wenn es stimmt." Die Parteichefs wollten die Details der Koalitionseinigung am Samstagvormittag in einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentieren.Eine Einigung gab es auch in der umstrittenen Frage der Wehrdienst-Verkürzung. Der Wehrdienst soll ab 2011 nur noch sechs Monate statt neun Monaten dauern, bestätigte CDU-Vize Jürgen Rüttgers. Die FDP hatte die Abschaffung der Wehrpflicht gefordert.Bereits vorzeitig einigten sich Union und FDP auf die neue Kabinettsliste. Wie aus Koalitionskreisen verlautete, wird Wolfgang Schäuble (67) überraschend neuer Finanzminister. Das Gesundheitsressort übernimmt ebenso überraschend der 36-jährige FDP-Politiker Philipp Rösler. Zuvor hatten Union und Liberale einen Durchbruch in der Gesundheitspolitik erzielt. Angestrebt wird ein völliger Umbau bei der Finanzierung des Systems.Kanzlerin Merkel soll bereits am Mittwoch vom Bundestag wiedergewählt werden. Ihre CDU wird künftig sieben Ministerposten haben, die CSU drei und die FDP fünf. Die zentrale Rolle neben Merkel spielen Außenminister Westerwelle und Finanzminister Schäuble. Der erfahrene CDU-Politiker hatte sich während der Koalitionsverhandlungen mehrfach in Finanzfragen eingebracht. Zunächst hatte Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere als Merkels Favorit für Finanzen gegolten. Der 55-Jährige wird nun Innenminister. Der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg wird neuer Verteidigungsminister, weil die FDP künftig mit Rainer Brüderle den Wirtschaftsminister stellt. Das Justizressort übernimmt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die als einzige FDP-Politikerin schon einmal Ministerin (1993-96) war.In der Gesundheitspolitik steht ein Radikalumbau bevor, der auch den Gesundheitsfonds wieder abschaffen könnte. Vorgesehen ist, dass die Arbeitnehmer künftig eine einkommensunabhängige Pauschale an ihre Kasse zahlen. Der Arbeitgeberbeitrag soll nicht weiter steigen. Für sozial Schwache ist ein Ausgleich aus Steuermitteln geplant. Eine Regierungskommission soll ein Modell für die Zeit ab 2011 erarbeiten. In der Übergangsphase soll der von der großen Koalition eingeführte und von CSU und FDP heftig kritisierte Gesundheitsfonds noch bestehen bleiben.apa/reuters/ap/afp