Der Alleingang bei den Kommunalwahlen am Sonntag und Montag, zu denen neun Millionen Italiener aufgerufen waren, erwies sich für die rechtspopulistische Gruppierung als katastrophal. Ohne die Unterstützung von Berlusconis PdL verlor die Lega Nord in traditionsreichen Hochburgen in der Lombardei und im Veneto gewaltig an Wählerstimmen. In Como, in der die Lega bei den Regionalwahlen 2010 noch 25,2 Prozent erobert hatte, brach sie auf 7,5 Prozent ein. In Verona sank die Zustimmung zu der Partei von 30,4 Prozent auf 10,7 Prozent.Die Blamage hätte nicht schmerzhafter sein können. In Cassano Magnago, dem Heimatort von Parteigründer Umberto Bossi unweit von Mailand, schaffte es der Kandidat der Lega nicht einmal in die Stichwahlen. Auf Platz eins gelangte der Kandidat des PD. Einziger Trost für die Lega ist die Wiederwahl des Bürgermeisters von Verona, Flavio Tosi, in der ersten Runde. Der junge Hoffnungsträger der Partei ließ mit 57,3 Prozent seinen Mitte-Links-Herausforderer Michele Bertucco (knapp 22 Prozent) weit hinter sich.“Lega zahlt hohen Preis“„Die Lega zahlt einen hohen Preis für die Skandale der letzten Wochen. Wir haben aber eine tiefgreifende Erneuerungsphase in die Wege geleitet, die bald Resultate zeigen wird“, versichert Ex-Innenminister Roberto Maroni, der nach Bossis Rücktritt vor einem Monat das Ruder in der Partei übernommen hat. Maroni steht eine schwere Aufgabe bevor. Er muss das Vertrauen der Wählerschaft nach dem Skandal um die veruntreuten Parteigelder zurückgewinnen, der zum Rücktritt Bossis geführt hat. Dabei geht es um die Verwendung von Millionen aus dem Topf der Wahlkampfkostenerstattung, die der Lega jährlich zufließt.Die Lega Nord – von Bossi im Jahr 1984 gegründet – ist Italiens älteste noch aktive Großpartei. Die föderalistische Bewegung, die mit ihren rebellischen Sprüchen und sezessionistischen Slogans zur zweitstärksten Regierungspartei avancierte und mit Berlusconis Hilfe jahrelang Schlüsselressorts in den Machtzentralen am Tiber besetzte, hat Italiens politische Landschaft in den vergangenen Jahren entscheidend umgekrempelt. Mit seiner Mischung aus Populismus und Ausländerfeindlichkeit gab Partei-Übervater Bossi dem Unmut der norditalienischen Regionen über den „diebischen“ römischen Zentralismus eine Stimme.Unter dem Druck der unzähligen Skandale rund um sein Privatleben, der Justizprobleme und der Korruptionsaffären in seiner Partei hatte Berlusconi bei der Lega viele Sympathien eingebüßt. Immer mehr „Leghisti“ hatten schon monatelang vor dem Ende der Mitte-Rechts-Regierung im November offen Berlusconis Rücktritt gefordert und einen Regierungsaustritt ihrer Partei verlangt. Nach dem Ende der Regierung Berlusconi versuchte Bossi wieder zu seinem Hardliner-Kurs und seiner alten separatistischen Linie zurück zu finden. Dafür brach er die langjährige Partnerschaft mit Berlusconis Gruppierung endgültig. Seitdem ist es mit der Lega rasant bergab gegangen. Die Partei versuchte vergebens, die von den Sparmaßnahmen schwer belasteten Norditaliener zur „Revolution“ gegen die „Regierung der Banker“ aufzurufen.Geld-Skandal um BossiBossi geriet überdies parteiintern wegen des Vorwurfs eines intransparenten Umgangs mit Parteigeldern unter Druck. Vor einem Monat musste schließlich der Lega-Schatzmeister Francesco Belsito aufgrund des Verdachts von Betrug, Geldwäsche und illegaler Parteienfinanzierung zurücktreten. Schwere Vorwürfe der Günstlingswirtschaft belasten auch den Lega-Gründer, der nach 25 Jahren an der Spitze seiner Partei das Handtuch werfen musste. Der Politiker, der den Kampf gegen die „römische Korruption“ zu einem der wichtigsten Ziele erhoben hatte, hätte sich wohl kein bittereres Ende vorstellen können.Der politische Schaden für die Gruppierung ist unermesslich, wie die Wahlpleite bezeugt. Nach dem Schock des Korruptionsskandals konnte die Lega Nord nur noch versuchen, massive Stimmenverluste einzudämmen. Zwar verspricht Bossis „rechte Hand“ Maroni tiefgreifende Aufräumarbeiten im Hinblick auf einen Parteikongress im Juni, bei dem ein neuer Parteichef gewählt werden soll. Das Image der Lega Nord als Partei der Radikalopposition gegen Korruption und Kriminalität dürfte jedoch endgültig der Vergangenheit angehören. apa