<b>von Andreas Schwarz</b><BR /><BR />Nun also hat Österreich seinen ersten blauen Landeshauptmann seit Jörg Haider (1950– 2008) zu Beginn der 2000er-Jahre in Kärnten: Der steirische Landtag wählte gestern Mario Kunasek (48, FPÖ) nach dessen triumphalem Wahlsieg vor 4 Wochen zum Landeschef, heute wird sein FPÖ-ÖVP-Team vereidigt. <BR /><BR />Es ist die fünfte Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen in den Bundesländern. Nur im Bund ist die FPÖ für alle anderen Parteien ein No-Go, vor allem wegen ihres Parteichefs Herbert Kickl (56). Also verhandeln ÖVP, SPÖ und NEOS, wie sie inzwischen bekannt gaben, auch über die Weihnachtsfeiertage weiter, um trotz des FPÖ-Wahlsiegs bei den Nationalratswahlen Ende September eine schwarz-rot-pinke Koalitionsregierung zustande zu bringen.<BR /><BR />Der verbindliche, immer freundliche Mario Kunasek und der hetzerische, brunnenvergiftende Herbert Kickl – symbolträchtiger kann der Unterschied gar nicht sein, der erklärt, warum die FPÖ in den Ländern salonfähig ist, in der Bundespolitik aber nicht. Und zwar nicht nur salonfähig für die ÖVP, mit der sie auch in Salzburg, Vorarlberg, Ober- und Niederösterreich regiert, sondern auch für die SPÖ: Die steirische SPÖ hätte eine Regierungsbeteiligung mit Handkuss genommen, der Wahlzweite ÖVP erhielt aber seitens Kunaseks den Zuschlag. <BR />Mario Kunasek, ehemaliger Verteidigungsminister in der ÖVP-FPÖ-Ära des Sebastian Kurz, ist das gemäßigte Gesicht der Freiheitlichen. Ihm kommt kein gehässiges Wort über die Lippen, er ist umgänglich und kumpelhaft, jeder kann mit ihm.<h3> Steirisches Programm ist stramm freiheitlich</h3> Dabei ist das Programm der steirischen FPÖ und mithin der neuen Landesregierung durchaus stramm freiheitlich: Es sieht ein Genderverbot in der Landesverwaltung vor (kein Gender-* oder Binnen-I) und ein Kopftuchverbot ebendort; es fokussiert auf die Kürzung von Sozialleistungen bei überwiegend migrantischen Vielkind-Familien mitsamt einem landesweiten Erhebungsdienst zur Bekämpfung von Sozialbetrug; es enthält ein Bekenntnis zum Autoverkehr und will einen Corona-Hilfsfonds für „Opfer“ von Corona-Maßnahmen.<BR /><BR />Eine „Auflistung blauer Gassenhauer“ und „Symbolpolitik“ wird das in Zeitungskommentaren genannt. Auch da unterscheidet sich die Steiermark nicht von den anderen FPÖ-mitgeführten Bundesländern – und vom Kurs der Bundes-FPÖ. <BR /><BR />Die Bezahlkarte für Asylwerber zum Beispiel (statt Geldleistungen) gibt es in Ober- und in Niederösterreich, „Bürokratieabbau“ wird als Schlagwort in der Steiermark und in Vorarlberg geführt, die „Herdprämie“ (Förderung von Kinderbetreuung zu Hause) ist durchgängig schwarz-blaue Bestrebung. Sanktionen für Integrationsunwillige und weniger Sozialhilfe für Asylwerber sowieso – und so leben bereits drei Viertel der arbeitslosen Flüchtlinge im Sozialparadies des roten Wien.<BR /><BR />Den Unterschied zwischen Ländern und Bund in Sachen FPÖ machen tatsächlich die handelnden Personen aus: Bis auf Udo Landbauer (38), Landeschef-Vize in Niederösterreich und strammer Kicklianer, treten alle FPÖ-Länderchefs gemäßigt auf: Marlene Svazek (32) in Salzburg ist das sympathisch-junge Gesicht der FPÖ, das sich schon mehrfach dem Diktum des FPÖ-Parteichefs widersetzt hat; Manfred Haimbuchner (46), seit 15 Jahren in der oberösterreichischen Landesregierung, galt parteiintern immer schon als Kickl-Alternative; und Christof Bitschi (33) in Vorarlberg lag mit dem dortigen Landeschef Markus Wallner (57, ÖVP) zwar die längste Zeit im Clinch und sitzt nun als Vize in der Regierung, weil, wie es Wallner formulierte: „Wir haben keinen Kickl im Land.“<h3> 2024 – Das Jahr der FPÖ</h3>2024 ist das Jahr der FPÖ in Österreich geworden – wird die FPÖ nach 5 Regierungsbeteiligungen im Land zunehmend zur Normalität? <BR /><BR />Immerhin hat auch SPÖ-Altkanzler Franz Vranitzky (87), der seinerzeit wegen des Aufstiegs Jörg Haiders die SPÖ-Koalition mit den Freiheitlichen platzen ließ (1986) und eine „Nie mit der FPÖ“-Doktrin verkündete, jüngst einen Schwenk getan und die „Vranitzky-Doktrin“ aufgrund „veränderter Zeiten“ für beendet erklärt.