Es gehe bei der Verfassungsreform nicht nur um die Reform des Senats, dies sei nicht der wichtigste Aspekt, erklärte Sen. Francesco Palermo, der die aus seiner Sicht positiven und negativen Aspekte der Reform aufzählte.Diese bringe mehr Ordnung und vereinfache die Beziehungen zwischen Regierung und Parlament, sodass man weniger auf Notverordnungen und Vertrauensabstimmungen zurückgreifen müsse.Die Reform des Parlaments sehe einen auf regionaler Basis gewählten Senat vor, in dem vor allem Regionalratsabgeordnete und einige Bürgermeister sitzen würden. Für unsere Region gebe es eine Sonderregelung, die Südtirol zwei Senatoren sichere.Andererseits werde der Senat weniger Macht haben.Schwächung der Regionen: Garantieklausel für SüdtirolKritisch sah Palermo auch die Schwächung der Regionen zugunsten von Parlament und Regierung. Südtirol habe mit der Schutzklausel das Beste erreicht, das unter diesen Umständen möglich gewesen sei. Es sei ein Airbag, der zwar nicht den Unfall verhindere, aber den Unfalltod.Südtirol werde weiter vor dem Verfassungsgericht um den Bestand seiner Zuständigkeiten kämpfen müssen, da Rom nicht bei jedem Gesetz automatisch auf uns Rücksicht nehmen werde.Die Garantieklausel sei immerhin besser als alles, was in den vergangenen Jahren zur Absicherung der Autonomie vorgeschlagen wurde. In der Abgeordnetenkammer sei sie allerdings mit einem Änderungsantrag verschlechtert worden. Ein bisschen sei Südtirol auch selbst an der Situation schuld, da man eine rechtzeitige Anpassung des Statuts versäumt habe.Die nun verhandelten Durchführungsbestimmungen würden nun einige der verlorenen Zuständigkeiten wieder bringen.Autonomie wäre mit Federstrich verschwundenPositive Aspekte an der Reform sah Karl Zeller nicht viele, immerhin habe man mehr Vertreter im Senat erreicht, dessen Zuständigkeiten allerdings beschnitten würden. So werde diese neue Länderkammer nicht einmal bei der Finanzausstattung der Gemeinden mitreden können.Den genannten "Airbag" hätte man nicht bekommen, wenn man nicht für die Mehrheitsbeschaffung wichtig wäre. Die Südtiroler Abgeordneten hätten die Sonderrolle der Föderalisten übernommen, denn eigenartigerweise hätten sich nicht einmal die von der Lega geführten Regionen gegen die zentralistische Reform gewehrt. Gäbe es nicht die Schutzklausel, wäre die Autonomie mit einem Federstrich faktisch verschwunden, denn die Verfassungsreform habe einen höheren Rang als das Statut. Auch Regierungsvertreter hätten bis zum Schluss dagegengerudert, und es sei der Wachsamkeit Palermos zu verdanken, das nichts Schlimmeres passiert sei. Die zentralistische Reform an sich hätten die Südtiroler Vertreter nicht verhindern können, man habe deswegen geschaut, die Autonomie zu schützen.Schwarz sehe er beim Art. 117 zu den Kompetenzen der Regionen, bei der Wahl des Senats werde Renzi einlenken müssen.Der entscheidende Schritt werde im Senat vorgenommen, denn die Kammer werde dann wahrscheinlich nichts mehr am Entwurf ändern, dort sei die Regierungsmehrheit viel größer. Man sollte diese Position der Stärke, die man derzeit habe, ausnutzen. Daher sei die Reform des Statuts bald anzugehen, wenigstens jene Dinge, zu denen es breiten Konsens gebe, damit die Vertreter in Rom etwas voranbringen könnten.Verfassungsreform ist autoritär und schlampigDas Beste an der Verfassungsreform sei das, was nicht drin sei, und zwar die Verfassungsklausel, erklärte Florian Kronbichler. Einen Autonomiepatriotismus bemerke er in diesem Land leider noch nicht, selbst von regierungsverantwortlichen Politikern werde die Autonomie als das kleiner Übel hingestellt.Die Verfassungsreform sei autoritär und schlampig.Mit der Wahlrechtsreform werde die Regierung einen großen Mehrheitsbonus haben, gleichzeitig nehme man den Regionen ihre derzeit schon nicht große Autonomie. Der Senat werde aus rund hundert Regionalratsabgeordneten bestehen, die gerade Zeit hätten und die nicht bezahlt würden.Die Schutzklausel biete nicht den Schutz, den Zeller darin erkenne. Sie gelte bis zur Reform des Statuts. Ohne gute Verfassung gebe es keine gute Autonomie, die Südtiroler nicht nur Nabelschau betreiben.Kronbichler lobte Zellers Verhandlungsgeschick. Aber aus einer abgesicherten Autonomie könne auch eine blockierte werden.Es sei problematisch, wenn man sich in dieser Schutzklausel gemeinsam mit den anderen Sonderautonomien befinde. Zwei hochrangige Vertreter Siziliens, darunter Leoluca Orlando, hätten sich für die Abschaffung der Sonderautonomien, und dies im Rahmen einer von vielen Anhörungen zum Thema, bei denen die Sonderautonomien angegriffen wurden.Südtirol werde sich alleine verteidigen müssen, denn laut Experten verdiene nur Südtirol eine Sonderautonomie.Gianclaudio Bressa habe jüngst von einem Treffen zwischen Gruber und Degasperi berichtet und dabei betont, dass auch Gruber die Autonomie für das Trentino als essentiell bezeichnet habe. Für die gemeinsame Verteidigung der Sonderregionen sehe es nicht gut aus, Sizilien verzichte praktisch darauf, Friauls Autonomie habe mit der Zonengrenze ihre Begründung verloren. Froh über Ladiner in KommissionAbg. Daniel Alfreider zeigte sich froh, dass nun auch die Ladiner in der Sechserkommission vertreten seien. Es gehe darin nicht darum, den Staat zu vertreten, sondern die Autonomie weiterzuentwickeln.Wie Zeller drängte auch Alfreider darauf, die Zeit für eine Anpassung des Statuts zu nutzen. Man müsse schnell vorgehen, auch um auf Gerichtsurteile reagieren zu können.Die Arbeit an der Reform sei in den Verfassungskommissionen geleistet worden, aber auch der Landeshauptmann habe wesentlich zur genannten Schutzklausel beigetragen, deren wesentliches Element das Einvernehmen sei. Es wäre nicht klug, als Vertreter einer Sonderautonomie auf die Abschaffung anderer Sonderautonomien hinzuarbeiten.Neue Vollmachten für die RegierungAllgemein sei die Verfassungsreform eine Verschlechterung, auch sprachlich, meinte. Luisa Gnecchi. Sie habe große Stücke auf die Reform von 2001 gehalten, die mit dem V. Titel die Zuständigkeiten der Regionen neu geregelt habe, aber man habe gesehen, dass sich dann jede Region wie ein Freistaat aufgeführt habe.Man habe versucht, Ministerin Boschi von der Wichtigkeit einer Autonomie für die Regionen zu überzeugen, und es sei zum Beispiel gelungen, dass die Berufsbildung unter den regionalen Zuständigkeiten bleibe. Ebenso wichtig sei für unsere Region die Zuständigkeit für die Zusatzfürsorge.Allgemein negativ seien die neuen Vollmachten für die Regierung, sie hoffe Renzi werde hier noch einlenken. Sie denke, dass diese Verfassungsreform letztendlich in Kraft treten werde, auch weil sie als Abschaffung des Senats verkauft werde, was in Sparzeiten populär sei. Es fehle aber der Wille, die Dinge zu vertiefen.stol