Die Regierungsbildung sei eine schwierige Herausforderung, denn wahrscheinlich werde es eine Dreier-Koalition brauchen, sagt der bekannte ORF-Journalist. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="684035_image" /></div> <BR /><BR /><b>Herr Pfeifer, nun endet die Ära Merkel tatsächlich. Unter welchen Vorzeichen geht man in die heutigen Bundestagswahlen?</b><BR /><BR />Andreas Pfeifer: Es ist eine Zäsur, die hier stattfindet. Es enden 16 Jahre einer Kanzlerschaft und Deutschland steht gesellschaftspolitisch, wirtschaftlich und geopolitisch vor großen Herausforderungen. Die Frage lautet nun, wer das Erbe von Angela Merkel antreten kann. Wobei sich auch die Frage stellt, ob es ein Erbe sein soll, oder ein kompletter Neuanfang. Zumindest die sich stellenden Herausforderungen verlangen nach einem neuen Schwung.<BR /><BR /><b>Dennoch war im Wahlkampf zu erkennen, dass sich die Spitzenkandidaten bemühten, das Bild einer gewissen Kontinuität zur Kanzlerschaft von Angela Merkel zu zeichnen …</b><BR /><BR />Pfeifer: Genau das war die Ambivalenz in diesem Wahlkampf. Da ist beispielsweise ein Armin Laschet, der schon frühzeitig betont hat, dass es ein „weiter so“ unter ihm nicht geben soll. Trotzdem hat er im Wahlkampf versucht die Merkel-Kontinuität zu verkörpern – durch Berechenbarkeit oder das Prinzip Reformen statt Revolutionen. Da hat man zuerst gedacht, dass Laschet hier den Merkel-Bonus einheimsen kann. Doch dann kam Olaf Scholz. Er kam direkt aus einem schlimmen Umfragetief der SPD und hat es dennoch geschafft die Sehnsucht der Deutschen nach Ruhe, Ordnung und Kontinuität zu bedienen. Er hat sich hingestellt und betont, dass er die meiste Erfahrung aller Bewerber aufweisen kann, auch auf dem internationalen Parkett. Er ging schließlich soweit, dass er sich in einem Magazin mit der typischen „Merkel-Raute“ ablichten ließ. Zur Überraschung vieler Beobachter hat er dadurch in den Umfragen mittlerweile einen kleinen Vorsprung auf seine Kontrahenten herausgeholt.<BR /><BR /><b>Generell war es, zumindest für deutsche Verhältnisse, ein turbulenter Wahlkampf geprägt von kleineren und größeren Skandalen. Genützt hat dies laut Umfragen vor allem SPD-Kandidat Olaf Scholz. Die SPD war Anfang des Jahres auf einem historischen Tief. Ist nun aber sogar die Kanzlerschaft wieder eine realistische Möglichkeit?</b><BR /><BR />Pfeifer: Es ist auf jeden Fall mehr als eine Momentaufnahme, da der Trend über Wochen nach oben ging. Die Vertrauenswürdigkeit von Scholz ist ja auch durchaus nachvollziehbar. Die Frage war hier vor allem, ob es ihm auch gelingen würde, seine durchaus gebeutelte Partei – die SPD ist von der Merkel-CDU in den vergangenen Jahren auch inhaltlich ziemlich aufgesogen worden – mitzuziehen. Der linke Flügel der Partei beispielsweise hat ihn ja nicht wirklich unterstützt. Nun hat sich abgezeichnet, dass ihm das zu gelingen scheint. Die SPD war in den letzten Umfragen wieder auf 25-26 Prozent und der Trend ist aufrecht. Scholz hat also die realistische Chance die Wahl zu gewinnen. Das würde aber noch lange nicht bedeuten, dass er es auch schafft eine Koalition zu bilden. Das wird eine schwierige Herausforderung, denn wahrscheinlich wird es eine Dreier-Koalition brauchen. So könnte etwa auch ein Armin Laschet aus der zweiten Reihe die Kanzlerschaft realisieren.<BR /><BR /><b>Es dürften schwierige Koalitionsverhandlungen anstehen. Wer könnte dort das Zünglein an der Waage sein?</b><BR /><BR />Pfeifer: Ich denke da vor allem an den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. Ich denke er könnte nach der Wahl durchaus zum Königsmacher werden. Nach den letzten Umfragen wäre wohl auch eine Rot-Rot-Grün-Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen rechnerisch möglich. Doch ich denke hier sind die Vorzeichen noch um einiges schwieriger. Es gibt zwischen den drei Parteien gröbere Kompatibilitätsprobleme. Olaf Scholz vertritt eher einen moderaten Kurs, die Linken hingegen haben da vor allem sozial- und außenpolitisch durchaus schärfere Konturen. Deshalb würde ich eher davon ausgehen, dass die FDP – die ja schon einmal in Koalitionsverhandlungen war und dann ausgeschert ist – dieses Mal zum entscheidenden Element werden kann.<BR /><BR /><b><Frage_Interview>Armin Laschet sollte der Nachfolger für Angela Merkel aus den eigenen Reihen werden. Doch der Wahlkampf lief nicht nach Plan, die Zustimmungswerte sind seitdem im Sinkflug. Hat sich die CDU/CSU mit ihrem Kandidaten verpokert?</Frage_Interview></b><BR /><BR />Pfeifer: Klar ist, dass die Zeiten, in denen man davon ausging, dass die CDU/CSU fast notwendigerweise wieder den Kanzler stellen würde, vorbei sind. Für deutsche Verhältnisse war die Umfragen-Volatilität diesmal erstaunlich. Wir haben Zeiten erlebt, in denen Laschet klar vorne lag, dann war es auch mal Annalena Baerbock und nun Olaf Scholz. Da ist schon sehr viel Mobilität in der Wählerschaft zu erkennen. Das zeigt, dass das Ende der Ära Merkel eine gewisse Erschütterung ausgelöst hat. Doch Armin Laschet sollte man trotz aller Schwierigkeiten immer auf der Rechnung haben. Er hat es trotz erheblichem Widerstand geschafft sowohl CDU-Vorsitzender als auch Kanzlerkandidat zu werden. Dabei hat er sich gegen starke innerparteiliche Gegner wie etwa Friedrich Merz oder CSU-Chef Markus Söder durchgesetzt. Vor allem gegen Söder musste er eine echte Feuerprobe bestehen. Hier hat man die Beharrlichkeit von Armin Laschet sehr gut sehen können. Er kann also auch Tiefebenen der persönlichen Popularität gut überstehen und sich dann im entscheidenden Moment durchsetzen. Was sich aber gezeigt hat, ist, dass die CDU nach 16 Jahren Kanzlerin Merkel nicht mehr ganz genau weiß, wo sie steht. Es geht hier nun auch um Richtungsentscheidungen, also ob die Partei weiter in der Mitte bleiben möchte oder sich weiter nach Rechts orientiert. Armin Laschet ist zu einem gewissen Teil auch Leidtragender dieser Profilschwäche seiner Partei. Dazu kommen Fehlleistungen persönlicher Art. Allen voran sein – auch medial hochgepushter – Aufritt im Zuge der Flutkatastrophe, wo er lachend abgelichtet wurde. Allgemein hat sein Auftreten eher eine gewisse rheinische Frohnatur offenbart und hat nicht immer sehr viel staatstragendes Format vermittelt.<BR /><BR /><b><Frage_Interview>Sie werden für den ORF ab November im Auslandsstudio in Berlin tätig sein. Was wird da auf Sie zukommen – eine Zeit der politischen Reibereien und zähen Verhandlungen oder ein geordneter Übergang mit einer stabilen Regierungsmehrheit?</Frage_Interview></b><BR /><BR />Pfeifer: Was man zur Situation in Deutschland immer bedenken muss, ist, dass das Land trotz der sich andeutenden schwierigen Koalitionsverhandlungen ein Stabilitätsanker bleiben wird. Deutschland bleibt also ein politisch berechenbares Land. Die Demokratie ist hier gefestigt und vor keinem der drei Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten muss man sich fürchten. Es gibt – im Gegensatz zu anderen Ländern – keine populistischen Exzesse. Aber für die nächste Zeit erwarte ich mir doch sehr zähe politische Verhandlungen. Die könnten sich über mehrere Monate erstrecken, da kann sehr viel passieren. Deshalb können wir uns wohl darauf einrichten, dass Angela Merkel noch einige Zeit als geschäftsführende Kanzlerin an der Spitze stehen wird. Ich stelle mich darauf ein, dass ich zu Beginn meiner Amtszeit in Berlin doch noch ein paar Monate Merkel-Zeit miterleben werde – und darauf bin ich gespannt.<BR /><BR /><b>Wie sieht Ihre persönliche Prognose für diesen Wahlsonntag aus? Wer wird das Rennen machen?</b><BR /><BR />Pfeifer: Ich glaube, dass die SPD vorne liegen wird, allerdings mit keinem großen Vorsprung. SPD und CDU/CSU werden wohl nicht einmal fünf Prozentpunkte trennen. Auch die Grünen werden in diesem Bereich liegen. Dann beginnt der große Basar der Koalitionsverhandlungen, dessen Ausgang heute noch völlig offen ist. <BR /><BR /><BR />