<b>Herr Tschenett, Sie sagen, Sie möchten auf das Interview von Landesrätin Rosmarie Pamer etwas sagen zum Thema Pflege zu Hause …</b><BR />Tony Tschenett: So ist es. Südtirol hat mittlerweile einen Landeshaushalt über acht Milliarden Euro, für das Thema Soziales ist darin aber verhältnismäßig wenig vorgesehen. Noch klarer wird die Tatsache, dass der Landesregierung dieses Thema wohl nicht so wichtig ist, wenn man sich anschaut, wie sich die Verteilung des Landeshaushaltes in den vergangenen Jahren verändert hat. <BR /><BR /><b>Was meinen Sie konkret?</b><BR />Tschenett: Vor zwölf Jahren war der Landeshaushalt nur rund die Hälfte so groß, also um die vier Milliarden Euro. Und damals – wenn man die Beträge ins Verhältnis stellt – war für das Soziale, für Bildung und Gesundheit mehr Geld übrig als im aktuellen Landeshaushalt. Das sagt ja alles, daran sieht man, wie wichtig das Soziale für die Landesregierung ist. Obwohl die Politik genau weiß, wie die demografische Entwicklung ausschaut. Die Bürger werden immer älter, Pflege zu Hause wird immer wichtiger, da die Alten- und Pflegeheime bei Weitem nicht die Kapazität haben, um alle Pflegefälle unterbringen zu können. Die Politik weiß das alles, tut aber zu wenig dafür. <BR /><BR /><b> <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/pflege-zu-hause-warum-fuer-angehoerige-nach-zwei-jahren-schluss-ist" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Pflege zu Hause: Warum für Angehörige nach zwei Jahren Schluss ist – das sagt Landesrätin Rosmarie Pamer dazu.</a></b><BR /><BR /><b>Sie fordern also mehr Unterstützung für die Betroffenen als auch für die Personen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen?</b><BR />Tschenett: Unbedingt. Wie soll das funktionieren, wenn die Zahl der Pflegenden dauernd größer wird, wenn immer mehr Personen zu Hause gepflegt werden müssen, aber die Kapazität in den Heimen und das Personal schlichtweg nicht ausreicht? Da muss das Land hergehen, Geld in die Hand nehmen, um einerseits jene Personen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, zu entlasten, denn diese stoßen oftmals an ihre körperlichen und finanziellen Grenzen, und andererseits, um den Pflegefällen eine gute Pflege zu ermöglichen. Zudem müsste der Bürokratieaufwand endlich verringert werden.<BR /><BR /><b>Inwiefern?</b><BR />Tschenett: Bis jemand weiß, wo er für das 104er-Gesetz ansuchen kann, welche Voraussetzungen es dafür braucht oder wie er zu der rentenmäßigen Absicherung der Pflege kommt, da muss er von Pontius bis Pilatus rennen. Das sind von mir aus völlig unnötige Behördengänge, wenn man das alles vereinheitlichen würde. <BR /><BR /><b>Was schlagen Sie vor?</b><BR />Tschenett: Die Politik sagt immer, man soll sich an die Patronate wenden, die kennen sich aus. Ja, das wird schon sein. Aber warum richtet man nicht beim Sanitätsbetrieb eine Stelle ein, an die man sich wenden kann für all diese Fragen. Dann wissen die Betroffenen: Hier gibt es diese eine Stelle, die mir alle Fragen rund um die Pflege beantworten kann, ohne dass sie sich an x verschiedene Stellen wenden müssen, die ihnen dann oftmals jeweils etwas anderes sagen. Das ist völlig unnötig und macht keinen Sinn. <BR /><BR /><b>Wenn man sich Ihre Aussagen anhört, dann kommt man zum Schluss, dass sich die Politik zu wenig für die Pflege bemüht. Ist das Ihre Meinung?</b><BR />Tschenett: Ja. Die Politik hinterfragt manche Dinge gar nicht. Bestimmte Regelungen sind einige Jahre alt und müssten längst an die Realität angepasst werden. Oder was die freiwillige Weiterversicherung der Rente anbelangt, für die man beim Land ansuchen kann: Das wird zu wenig publik gemacht, zudem ist es für manche Betroffenen einfach nicht finanzierbar. Die Leute müssen das Geld ja vorstrecken und das ist für manche nicht machbar. All diese Sachen müssen überarbeitet werden. Wir müssen die riesige Herausforderung der Pflege zu Hause viel ernster nehmen, sonst fällt uns das Thema auf den Kopf und die gesamte Gesellschaft wird dadurch Schaden tragen. Wie eingangs gesagt: Bei einem Landeshaushalt von acht Milliarden Euro müsste viel mehr Geld für diesen Bereich bereitgestellt werden. Wenn ein so reiches Land wie Südtirol das nicht schafft, dann ist das zum Schämen.<BR /><BR /> <a href="mailto:redaktion@stol.it" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Haben Sie einen Fehler entdeckt? Geben Sie uns bitte Bescheid?</a>