„Ich erkenne in der EU nirgends Führungsstärke. Auch große Länder sind nur mehr mit sich selber beschäftigt“, so Prodi laut einer „profil“-Vorausmeldung.„Und wer übernimmt derzeit die Verantwortung für die gemeinsamen europäischen Interessen? Niemand!“ Die Deutschen sähen sich als „Märtyrer“ in Europa, „ohne zu beachten, dass gerade der Euro Deutschland stärker als früher gemacht hat“, klagt Prodi. Frankreich trete „nur noch symbolisch für Europa ein.“ Italien habe „aufgehört, eine wichtige Rolle auf der europäischen Bühne zu spielen. Es sitzt auf der Ersatzbank.“Prodi kritisiert auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die „wichtige Entscheidungen wegen lokaler Wahlen verschoben hat“. Auch Regierungschef Premier Silvio Berlusconi habe „den Großteil des Budgetsparprogramms auf die Jahre 2013 bis 2014 verschoben.“ Prodi glaubt an den Fortbestand des Euro, „aber wir werden durch eine lange, lange Periode von Turbulenzen und Chaos gehen.“ Der Umschwung werde erst dann eintreten, „wenn die Märkte erkennen, dass das US-Budget in viel schlimmerer Verfassung ist als die Verschuldung Europas.“Bei einem weiteren Hilfspaket für Griechenland sollte sich auch der private Bankensektor beteiligen, so Prodi. „Es ist legitim, dass Banken für exzessive Risiken zahlen.“Eine Teilung der Euro-Zone lehnt Prodi ab, weil dies zu einem neuerlichen Abwertungs-Wettlauf führen würde. „Das führt dazu, dass die Wirtschaft der stärkeren Währungsländer wie Deutschland oder auch Österreich geschwächt wird und sich der gemeinsame Markt auflöst. Dann stirbt auch die EU.“