<BR />Die zweite Amtszeit von Vucic dauert noch bis Mitte 2027. Experten sind allerdings nicht so sicher, ob Vucic und die seit 2012 regierende Serbische Fortschrittspartei (SNS) die aktuelle Krise überstehen werden. Vucic hoffe, dass sich mit der Zeit die Unzufriedenheit der Bürger verringere, meinte der Politologe Vladimir Pavicevic am Donnerstag gegenüber der Tageszeitung „Danas“. <BR /><BR />Er ist allerdings davon überzeugt, dass die Unzufriedenheit der demonstrierenden Bürger noch zunehmen wird. Ähnlicher Meinung ist auch Milos Besic, Professor der Belgrader Fakultät der politischen Wissenschaften. Die Bürgerproteste dürften in eine Rebellion ausarten, wurde er von derselben Tageszeitung zitiert.<BR /><BR />Für den politischen Analysten Djordje Vukadinovic steht fest, dass Präsident Vucic derzeit bemüht ist, seine traditionellen Anhänger nicht zu verlieren und falls möglich, die Regierungskritiker zu besänftigen. Vucic wisse ganz genau, dass er keine neuen Anhänger mehr gewinnen könne, zeigte sich Vukadinovic Medien gegenüber überzeugt. Zum harten Kern der Vucic-Anhänger zähle die Generation 70+. Dazu kommen noch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, deren Jobs schon seit Jahren von ihrer Stimme für die Regierungspartei abhängen.<h3> Frau mit Sense</h3>Die tiefe Spaltung zwischen Anhängern und Kritikern der Regierung und des Präsidenten ist täglich zu erleben. Eine ältere Frau in der Ortschaft Desimirovac beim zentralserbischen Kragujevac versinnbildlichte sie, als sie am vergangenen Sonntag mit einer Sense gegen eine Menschengruppe vorging, die eigentlich nach Bränden in der Region helfen wollte. „Lasst mir Vucic in Ruhe“, schimpfte die Frau, die sich erst nach dem Einschreiten der Polizei beruhigte.<BR /><BR />Beobachter meinen, dass gerade Vucic und andere Spitzenfunktionäre der Regierungspartei zur Vertiefung der Spaltung in der Gesellschaft beitragen. So werden die Demonstranten meist nur noch als Terroristen bezeichnet. Erst kürzlich hatte Präsident Vucic auch die Berichterstattung der regierungskritischen TV-Sender N1 und Nova als „puren Terrorismus“ bezeichnet. <BR /><BR />Vor wenigen Tagen erhielt die Redaktion von N1 einen anonymen Brief, in dem ihr ein Schicksal wie der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ angedroht wurde. Bei dem Anschlag auf die Redaktion der französischen Zeitschrift wurden im Jänner 2015 zwölf Menschen erschossen.<BR /><BR />Auslöser der politischen Krise war der Einsturz des Bahnhofvordaches in Novi Sad am 1. November, bei dem 16 Personen ums Leben gekommen waren. Der Unfall wurde in der Öffentlichkeit allgemein auf Korruption zurückgeführt.