Ein Blick zurück auf sieben Jahrzehnte Eskalation, geheime Operationen und verpasste Chancen. <b>von Rolf Steininger</b><BR /><BR /> Nach Angaben von Präsident Trump wurden bei der Operation <b>„Midnight Hammer“</b> drei der wichtigsten iranischen Atomanlagen ins Visier genommen: Fordo, Natans und Isfahan. Trump sprach von einem <i>„spektakulären militärischen Erfolg“</i> und erklärte, die Nuklearanlagen seien <i>„vollständig und total zerstört“</i> worden. <BR /><BR />Aber blicken wir zurück, wie hat alles begonnen?<h3>Beginn des Konflikts: Israels Angriff</h3>Am 13. Juni 2025 schlug Israel zu. In der <b>„Operation Rising Lion“</b> wurde die Militärführung des Iran ausgeschaltet und mehrere Stützpunkte und Atomanlagen angegriffen. Das Unternehmen war jahrelang vorbereitet worden. Ein Kommando des Geheimdiensts Mossad war vor dem Angriff tief im Iran aktiv. Jetzt waren mehr als 200 Kampfflugzeuge im Einsatz. Israels Staatspräsident <b>Izchak Herzog</b> begründete den Großangriff mit der existentiellen Bedrohung des jüdischen Volkes. <BR /><BR />Laut einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA verfügte Teheran zu dem Zeitpunkt bereits über fast 409 Kilogramm an Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent, was für sechs bis acht Atomomben reichte. Für Kernwaffen wird ein Reinheitsgrad von gut 90 Prozent benötigt. Experten hatten immer wieder bemängelt, dass dies für zivile Zwecke nicht nötig sei.<BR /><BR />Israels Ministerpräsident <b>Benjamin Netanyahu</b> sprach von einem <i>„Eröffnungsschlag“</i>, der Iran von einer <i>„Kriegserklärung“;</i> für Israel würden sich <i>„schon bald die Tore der Hölle öffnen“.</i> Fast gleichzeitig schlugen die ersten Raketen in Tel Aviv ein, während Netanjahu mit weiteren Raketenangriffen drohte: <i>„Dann wird Teheran brennen.“</i><BR /><BR />Inzwischen brennt Teheran und iranische Raketen schlagen weiter in Israel ein. Tatsache ist, dass das von Netanjahu ausgerufene Ziel, die iranische Atombedrohung definitiv zu beseitigen, ohne amerikanische Hilfe nicht erreicht werden konnte. Die 100 Meter unter der Erde angelegten Atomanlagen sind unerreichbar für die israelische Luftwaffe. Nur die USA haben die dafür notwendigen bunkerbrechenden Bomben und die entsprechenden Flugzeuge. Teheran argumentierte, Israels Handlungen hätten nicht ohne Koordinierung und Genehmigung der USA erfolgen können und die US-Regierung sei als Hauptunterstützer Israels für die Konsequenzen mitverantwortlich. Die USA sind die entscheidende Macht im Nahen Osten. Wie schon in der Vergangenheit. Auch mit Blick auf den Iran.<h3>Die Vergangenheit</h3>Es ist eine wechselhafte Geschichte zwischen den USA und dem Iran, Jahrzehnte voller Misstrauen und offener Feindschaft.<BR /><BR />Es begann mit der <b>„Operation Ajax</b>“ im Jahr 1953: dem Sturz des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten des Iran, <b>Mohammad Mossadegh</b>, durch die CIA. Die Begründung für die Aktion beschrieb CIA-Direktor <b>Allen Dulles</b> so: <i>„Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass, falls der Iran kommunistisch wird, kurzfristig der gesamte Nahe Osten kommunistisch wird und damit 60 Prozent der Erdölreserven der Welt in die Hände der Kommunisten fallen.“</i><BR /><BR />Schah <b>Mohammad Reza Pahlavi</b> stimmte dem Unternehmen zu; es gab 300 Tote. Die Ölförderung wurde anschließend ganz im Sinne der CIA aufgeteilt, der Schah zum Hauptwächter der US-Interessen am Persischen Golf – bis 1979.<h3>Die islamistische Revolution</h3>Anfang 1979 gab es eine neue Situation im Nahen Osten: Im Iran drohte ein Sieg der USA-feindlichen Islamisten und die Rückkehr ihres geistlichen Führers <b>Ayatollah Khomeini</b> aus seinem Exil in Paris und damit verbunden das Ende von Schah Pahlavi. Die Amerikaner wurden von dieser Entwicklung vollkommen überrascht. Bis zu dem Zeitpunkt hatte der Iran zusammen mit Israel und Saudi-Arabien zu den wichtigsten Partnern der USA im Block der pro-westlichen Staaten in der Region gehört. 1978 hatten diese drei Staaten zusammen allein drei Viertel aller amerikanischen Waffenlieferungen in die Dritte Welt erhalten. Mit dem Wegbrechen des Iran wäre für die USA auch die Stabilität ihrer konservativen Verbündeten im Golf bedroht. Was war zu tun? Genau um diese Frage ging es in der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am 3. Januar 1979 in Washington.<BR /><BR />Das Weiße Haus stand unter enormem Druck von Seiten der Republikaner, allen voran von <b>Henry Kissinger</b>, dem ehemaligen Außenminister, und <b>Nelson Rockefeller</b>, die den Schah von jeher unterstützt hatten und dies jetzt auch mit Nachdruck von Präsident <b>Jimmy Carter</b> forderten. Zu Beginn der Sitzung fragte Carter, ob man den Schah zum Rücktritt auffordern solle. Außenminister <b>Cyrus Vance</b> und CIA-Direktor <b>Stansfield Turner</b> waren dafür; damit wären die Erfolgschancen für den gemäßigten Ministerpräsidenten <b>Bakhtiar</b> im Iran größer. Der Nationale Sicherheitsberater <b>Zbigniew Brzezinski</b> war entschieden dagegen und warnte vor den Folgen einer solchen Entscheidung: Anarchie und möglicherweise Bürgerkrieg im Iran und Ausweitung des sowjetischen Einflusses in der Region. Er und Verteidigungsminister <b>Harold Brown</b> sprachen sich für eine massive Unterstützung des Schahs aus. Das iranische Militär sollte mit amerikanischer Unterstützung (Vorstoß einer US-Division nach Teheran) sowohl die Rückkehr Khomeinis wie auch eine kommunistische Regierung verhindern. <h3>Am Ende unternahm die Regierung nichts </h3>Am 16. Januar 1979 musste der Schah fluchtartig sein Land verlassen, zwei Wochen später kehrte Khomeini nach Teheran zurück. Er hatte 1953 beim CIA-Putsch gegen den Schah protestiert, jetzt führte er die islamistischen Revolution zum Sieg. In den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran begann eine neue Zeitrechnung. Noch zwölf Monate zuvor hatte Carter öffentlich das Regime in Teheran als <i>„eine Insel der Stabilität in einem der unruhigeren Gebiete der Welt“</i> bezeichnet. Nur fünf Monate zuvor hatte sich auch die CIA geirrt, als sie zu dem Schluss gekommen war: <i>„Der Iran befindet sich nicht in einer revolutionären oder gar 'vor-revolutionären' Situation.“</i> Der Iran war es.<BR /><BR />Am 4. November 1979 besetzten etwa 400 iranische Studenten mit öffentlicher Billigung Khomeinis die US-Botschaft in Teheran und nahmen Botschaftsangehörige als Geiseln. 52 von ihnen wurden 444 Tage gefangengehalten. Eine Demütigung der USA, die bis heute unvergessen ist.<BR /><BR />Die Mullahs riefen inzwischen zum Sturz der arabischen Monarchien auf und förderten den Terror: u.a. im <b>Libanon</b> die Hisbollah, die auch für die Anschläge auf die US-Marines 1983 (im Libanon mit 241 Toten) verantwortlich waren, im <b>Jemen</b> den Bürgerkrieg und im <b>Gazastreifen</b> die Hamas. Diktator <b>Assad</b> von Syrien wurde zum engsten Verbündeten. Die Führung in Teheran, allen voran Präsident <b>Mahmud Ahmadinedschad</b> (der auch noch den Holocaust leugnete), propagierte öffentlich die Vernichtung Israels Das wurde die neue Staatsräson <BR />des Mullahstaates.<BR /><BR />Irans Politik betraf so auch die nationale Sicherheit der USA. Es war daher nur konsequent, dass US-Präsident <b>George W. Bush</b> den Iran im Januar 2002 in die <i>„Achse des Bösen“</i> einreihte. Dort skandierten die Massen inzwischen<i> „Tod den USA“,</i> dem <i>„großen Satan“, „Tod dem zionistischen Staat“,</i> dem <i>„kleinen Satan“</i>. Während in Teheran an einer öffentlichen Uhr das Ende Israels tickte – und immer noch tickt –, wurde der Iran aus der Sicht Israels zur größten Gefahr des Landes überhaupt – und in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts dann zur tödlichen Gefahr, als es erstmals Hinweise gab, dass sich der Iran auf dem Weg zu einer eigenen Atombombe befand. <h3>UN-Sanktionen gegen den Iran</h3>Die internationale Gemeinschaft reagierte denn auch: Im Jahre 2006 beschloss die UNO gleich drei Sanktionen gegen den Iran, da dieser die Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag, den es 1968 unterschrieben hatte, nicht erfüllt hatte. Diesem Vertrag zufolge dürfen Signatarstaaten Kernenergie ausschließlich für zivile Zwecke einsetzen. Das hinderte den Iran allerdings nicht daran, die Zahl seiner Urananreicherungzentrifugen so zu erhöhen, dass beim Amtsantritt von US-Präsident <b>Barack Obama</b>2009 die Zeitspanne zum Bau der Atombombe stark verkürzt worden war.<BR /><BR />In Erinnerung an die Zerstörung der <b>Atomanlage Osirak</b> im Irak 1981 durch Israel schloss Ministerpräsident Netanjahu schon früh einen Krieg gegen den Iran nicht aus. Ein Präventivschlag zu Beginn der Obama-Präsidentschaft schien möglich, wurde dann aber nicht durchgeführt. Über die Gründe wurde öffentlich nichts bekannt.<BR /><BR />Obama setzte jedenfalls auf Diplomatie und engagierte sein Land stärker als zuvor in dem von der UNO eingesetzten Verhandlungsgremium, das das Atomproblem mit dem Iran klären sollte. Das war die <b>Gruppe „5 +1“</b>: die fünf Atommächte mit Vetorecht im UN-Sicherheitsrat – <b>USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich</b> – und <b>Deutschland.</b> Die Arbeiten in diesem Gremium waren bislang angesichts der iranischen Blockadehaltung vollkommen ergebnislos verlaufen. Vertrauensbildende Maßnahmen gab es jedenfalls keine – und als Konsequenz verabschiedete der UN- Sicherheitsrat am 9. Juli 2010 auf Initiative der USA einstimmig die Resolution 1929, die dem Iran beispiellose neue Sanktionen auferlegte. Das hinderte allerdings Präsident Ahmadinedschad nicht daran, an seinen Atombombenambitionen festzuhalten und weiter öffentlich die Vernichtung Israels zu fordern. Bei einem denkwürdigen Auftritt vor der UN-Vollversammlung im Jahr 2012 wies Netanjahu darauf hin, warnte vor der Atommacht Iran und zeigte auf einer Karte eine rote Linie, die nicht überschritten werden dürfe.<h3>Das Atomabkommen mit dem Iran aus dem Jahr 2015</h3>Auch nach seiner Wiederwahl 2012 setzte Obama weiter auf Diplomatie. Und mit der Wahl des gemäßigten <b>Hassan Rouhani</b> zu Irans Präsidenten am 14. Juni 2013 kamen die Dinge tatsächlich in Bewegung. <BR /><BR />Den Anfang machte ein 15-minütiges Telefongespräch zwischen Rouhani und Obama am 27. September 2013 – das erste Gespräch überhaupt zwischen einem Präsidenten der USA und des Iran seit der islamischen Revolution 1979.<BR /><BR />Je näher sich eine Einigung im „5 + 1“-Gremium andeutete, umso heftiger wurde der Widerstand von Netanjahu und bestimmten Kreisen in den USA, allen voran der einflussreichen jüdischen Lobbyvereinigung <b>AIPAC (American Israel Public Affairs Committee).</b> Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, <b>John Boehner</b>, bereitete einen besonderen Affront gegen Obama vor. Ohne den Präsidenten zu informieren, lud er Netanjahu nach Washington ein und gab ihm die Möglichkeit, vor beiden Häusern des Kongresses eine Rede zu halten, in der Netanjahu dann Obamas Iran-Politik attackierte. Er warnte vor einem Atomabkommen mit dem Iran; eine Einigung werde Teheran nicht daran hindern, eine Bombe zu bauen. <BR /><BR />Netanjahu war inzwischen so etwas wie ein de facto-Mitglied der Republikaner geworden und wusste sehr wohl, dass die meisten Republikaner im Kongress ebenfalls unzufrieden waren mit Obamas Iran-Kurs und wenig später erneut versuchten, das Projekt zu torpedieren. Sie schickten einen Brief nach Teheran, in dem sie darauf hinwiesen, dass ein Abkommen von Obamas Nachfolger gekippt werden könne. Sie hatten keinen Erfolg. Obama stellte öffentlich klar: <i>„Als Präsident und Oberbefehlshaber werde ich alles Notwendige tun, um dafür zu sorgen, dass der Iran keine Atombombe bekommt, aber ich habe auch eine große Verantwortung zu versuchen, unsere Differenzen auf friedlichem Wege zu lösen.“</i>Am 15. Juli 2015 unterzeichneten die fünf Atommächte, Deutschland und der Iran in Wien das Atomabkommen, den <b>Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA)</b>. Für einen Zeitraum von zehn Jahren würde es strenge technische Auflagen und engmaschige Kontrollmaßnahmen im Iran geben, um Teheran am Bau einer Atombombe zu hindern. Im Gegenzug würden die gegen Iran verhängten Sanktionen der Vereinten Nationen, der EU und der USA gelockert.<BR /><BR />In den Straßen Teherans jubelten die Menschen. Während Netanjahu das Abkommen einen <i>„historischen Fehler“</i> nannte, sprach Obama von einer <i>„historischen Vereinbarung.“</i><BR /><BR />Am 16. Januar 2016 trat das Abkommen in Kraft. Gleichzeitig wurden etliche Sanktionen gegen den Iran aufgehoben. Die USA verhängten jedoch bereits am Folgetag wegen des iranischen Raketenprogramms neue Sanktionen. Dieses Programm war nicht Teil des Abkommens geworden und konnte daher ungestört weiterlaufen; für viele Kritiker ein entscheidendes Defizit. Einige in Israel fragten sich, wofür der Iran wohl Raketen mit einer Reichweite von über 1000 Kilometern benötige. Ohne nukleare Sprengköpfe seien die doch militärisch völlig nutzlos.<h3>Die USA steigen aus</h3>Der neue US-Präsident hieß <b>Donald Trump.</b> Am 8. Mai 2018 verkündete er den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen. Schon im Wahlkampf hatte er mehrfach betont, dass er den <i>„katastrophalen Deal“</i> mit dem Iran – <i>„der beste Weg für die iranische Atombombe“</i> – als Präsident annullieren werde. Das habe für ihn <i>„höchste Priorität“. </i><BR /><BR />Bestärkt wurde er in dieser Haltung von seinem Nationalen Sicherheitsberater <b>John Bolton,</b> einem Hardliner der besonderen Art, der Trump von Anfang an drängte, den Ausstieg aus dem Abkommen voranzutreiben und dabei auch erklärte, dass die USA <i>„zur Anwendung militärischer Gewalt bereit sein müssten, wenn die Politik verhindern sollte, dass der Iran Atomwaffen erhält“</i>. Das lehnte Trump zwar ab, aber er hatte keinen Plan B für die Zeit nach dem Ausstieg, außer verschärfte Sanktionen gegen den Iran. Die damit verbundene Hoffnung, auf diese Weise das Regime in Teheran für einen besseren Deal mit ihm in die Knie zwingen zu können, erfüllte sich bekanntlich nicht. <BR /><BR />Es gab keinen neuen Vertrag. Während Israel und Saudi-Arabien die Aufkündigung des aus ihrer Sicht völlig ungenügenden Vertrages durch Trump ausdrücklich begrüßten und die übrigen Vertragspartner beteuerten, am Vertrag festhalten zu wollen, steigerte der Iran die Produktion atomwaffenfähigen Materials.<h3>Abschuss einer US-Drohne</h3>In den folgenden zwei Jahren häuften sich die Krisen, nach denen Trump die Sanktionen gegen den Iran jeweils verschärfte. Kritisch war der Juni 2019, als iranische Revolutionsgarden eine 150 Millionen Dollar teure US-Drohne abschossen, die nach iranischen Angaben in den iranischen Luftraum eingedrungen war, was das Pentagon umgehend dementierte: Die Drohne habe sich in <i>„internationalem Luftraum“</i> über der Straße von Hormus befunden. In einem Tweet machte Trump deutlich, wie er die Sache sah: <i>„Der Iran hat einen sehr großen Fehler gemacht.“</i> Fast gleichzeitig waren zwei Öltanker (ein japanischer, einer unter der Flagge der Marshallinseln) im Golf von Oman angegriffen worden und in Brand geraten; die Besatzungen mussten evakuiert werden. Bolton und Trump machten dafür den Iran verantwortlich, der Minen an den Schiffen angebracht habe. Für Bolton war jetzt der Zeitpunkt für einen massiven Militärschlag gegen den Iran gekommen. Zu seiner großer Enttäuschung entschied sich Trump für einen weniger drastischen Weg: <i>„nur“</i> Militärschläge gegen Radarstationen und Raketenbatterien. Bolton in seinen <i>„Erinnerungen“</i>: <i>„Die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der USA und unsere völlig zu vernachlässigende Abschreckung gegen einen nach Atomwaffen strebenden, theokratisch-militaristischen Schurkenstaat hätte viel mehr gerechtfertigt.“</i><BR /><BR />Aber auch dazu kam es nicht. In allerletzter Sekunde stoppte Trump die Aktion, nachdem ihm jemand gesagt hatte, dass es 150 iranische Opfer geben könnte. <i>„Zu viele Leichensäcke“,</i> meinte er zu Bolton, <i>„nicht verhältnismäßig“</i> für eine unbemannte Drohne. In einem Tweet teilte er mit, dass er den Angriff gestoppt habe, und <i>„ich habe es nicht eilig, unser Militär ist wieder aufgebaut, neu und einsatzbereit, bei weitem das beste der Welt. Sanktionen greifen, und gestern Abend kamen weitere hinzu. Der Iran darf NIEMALS Atomwaffen haben, nicht gegen die USA und nicht gegen die WELT.“</i><h3>Eskalation</h3>Ein halbes Jahr später sah alles nach Eskalation aus. Am 27. Dezember 2019 erfolgte ein Angriff auf eine amerikanische Militärbasis in Kirkuk, den Trump den vom Iran unterstützten Hisbollah-Milizen zuschrieb. Am 29. Dezember reagierten die USA und bombardierten Stellungen der Hisbollah in Syrien und im Irak. Dabei wurden 24 Angehörige iranischer Milizen getötet. Am 31. Dezember kam es daraufhin zu Krawallen vor der US-Botschaft in Bagdad. Hunderte Demonstranten warfen Brandsätze und stießen auf das Botschaftsgelände vor. Nur mit Tränengas konnten sie am Ende vertrieben werden.<BR /><BR />Dann gab Trump den Befehl, den zweitwichtigsten Mann des Iran zu töten: <b>General Qasem Soleimani,</b> den Befehlshaber der berüchtigten Al-Kuds-Brigaden, den, so Trump,<i> „weltweiten Terroristen Nummer 1“.</i> Soleimani war der Mastermind hinter allen Operationen der Revolutionsgarden im Nahen Osten und kommandierte die pro-iranischen Milizen – in Syrien, im Irak, im Libanon, im Jemen (und die Hamas im Gazastreifen). Er war daher auch verantwortlich für alle Aktionen gegen amerikanische Einrichtungen der vergangenen Wochen. Am 3. Januar 2020 wurde er in der Nähe des Flughafens Bagdad durch eine US-Drohne getötet. <BR /><BR />Als die Führung in Teheran daraufhin <i>„schwere Vergeltung“</i> ankündigte, man könne US-Ziele im Irak oder in anderen Ländern des Nahen Ostens angreifen, legte Trump nach und drohte mit Angriffen auf 52 Ziele, falls Amerikaner oder amerikanische Einrichtungen attackiert werden sollten. Einige der Ziele seien sehr bedeutend und wichtig für den Iran und die iranische Kultur und würden <i>„sehr schnell und sehr hart“</i> getroffen. Die Zahl 52 war bekannt und von Trump bewusst gewählt worden: Sie erinnerte an jene 52 Geiseln, die seit November 1979 für 444 Tage vom Iran gefangen gehalten worden waren. <BR /><BR />Der Iran reagierte denn auch zurückhaltend: Nur zwei Raketen wurden auf einen US-Stützpunkt abgefeuert; es gab keine Verletzten. Es gab allerdings auch keine neuen Verhandlungen mit der Trump-Regierung. Im November 2020 hatte der Iran laut der Internationalen Atomenergiebehörde das Zwölffache der angereicherten Menge von Uran erreicht, die in dem Abkommen zugelassen waren. Sechs Monate später gab es fast genug spaltbares Material für eine Bombe.<h3>Der 7. Oktober 2023</h3>Und dann kam der 7. Oktober 2023. An diesem Sabbat durchbrachen etwa 2500 Kämpfer der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen an 30 Stellen unbehelligt den Grenzzaun zu Israel und verübten in nahegelegenen Orten und Kibbuze und einem Musikfestival ein furchtbares Massaker, ohne auf organisierten Widerstand zu stoßen.<BR /><BR />In wenigen Stunden ermordeten sie 1200 Israelis und zogen sich dann unter Mitnahme von 240 Geiseln zurück. Man habe beschlossen, israelischen <i>„Verbrechen“</i> ein Ende zu setzen, sagte der Hamas-Militärchef <b>Mohammed Deif.</b><BR /><BR />Es war das schlimmste Blutbad in der Geschichte des jüdischen Staates. Viele Israelis standen unter Schock. <i>„Wir sind im Krieg, und wir werden gewinnen“,</i> erklärte Benjamin Netanjahu. Und weiter: <i>„Unser Feind wird einen Preis bezahlen, wie er ihn noch niemals kennengelernt hat.“ </i> Israel werde die Hamas vernichten.<BR /><BR />Seit dem 7. Oktober läuft inzwischen Israels <b>Operation „Iron Swords“.</b> Inzwischen sind mehr als 50.000 Menschen im Gazastreifen durch israelische Angriffe getötet, das Land in Chaos und Elend gestürzt worden. Gleichzeitig hat Israel die Hisbollah im Libanon grundlegend geschwächt, die Houthis im Jemen und islamistische Milizen in Syrien bombardiert. Der für den 7. Oktober verantwortliche Kommandeur der iranischen Al Kuds Brigaden wurde am 21. Juni 2025 von den Israelis in Chom getötet.<h3>Zur aktuellen Lage</h3>Seit dem 20. Januar ist Donald Trump wieder Präsident. In den vergangenen Wochen versuchte er einen Deal mit dem Iran und begann Verhandlungen. Nach zwei Runden wurde eine dritte für den 15. Juni 2025 vereinbart. Die fand nicht mehr statt, Israel hatte den Iran angegriffen, und Trump sendete verwirrende Signale nach außen: Er verlangte die <i>„bedingungslose Kapitulation“</i> des Iran, deutete die Ermordung des Ayatollah an und forderte die Bewohner Teherans zum Verlassen der Stadt auf. Gleichzeitig verstärkte er die amerikanische Militärpräsenz in der Region mit gleich drei Flugzeugträgern.<BR />Trump am 20. Juni: zwei Wochen<BR /><BR />Israels Verteidigungsminister <b>Katz</b> hat die Armeen angewiesen, ihre Angriffe im Iran auszuweiten. Netanjahu stellte fest, dass weder die Tötung von Chamenei noch ein Regimewechsel Israels Ziel sei, schloss aber nicht aus, dass dies <i>„eine Nebenwirkung mit großen historischen Konsequenzen sein könnte“.</i> Er vertraue darauf, dass Präsident Trump<i> „das Beste für Amerika tun werde“.</i><BR /><BR />Der so Angesprochene ließ mitteilen: <i>„In Anbetracht der Tatsache, dass es eine beträchtliche Chance auf Verhandlungen mit dem Iran gibt, die in nahe Zukunft stattfinden könnten, oder auch nicht, werde ich innerhalb der nächsten zwei Wochen entscheiden, ob wir loslegen.“</i> Irans Vizeaußenminister drohte gleichzeitig den USA mit Vergeltung für den Fall eines Kriegseintritts an der Seite Israels.<BR />Trump am 21. Juni: wahrscheinlich früher<BR /><i><BR />„Ich werde wahrscheinlich schon früher als in zwei Wochen über ein militärisches Eingreifen entscheiden.“</i><BR /><BR />Während Israel weiter die <i>„Drecksarbeit“</i> für den Westen (der deutsche Bundeskanzler <b>Friedrich Merz</b>) erledigt, wartete die Welt gespannt auf eine Entscheidung aus Washington.<BR />Trump am 22. Juni: Tarnkappenbomber über den Iran <BR /><BR />Zwischen 0.40 Uhr und 1.05 MESZ fallen die Bomben auf Natans und Fordo. Um 1.54 Uhr MESZ verbreitet die Nachrichtenagentur Reuters die Mitteilung von US-Präsident Donald Trump auf seinem Netzwerk Truth Social, dass die USA einen erfolgreichen Angriff auf drei nukleare Anlagen im Iran abgeschlossen hätten. Alle US-Flugzeuge hätten sicher den iranischen Luftraum verlassen. Die halboffizielle iranische Agentur Fars berichtet man habe gegen 0.35 Uhr MESZ den Einsatz von Flugabwehr gehört und zwei Minuten später erste Explosionen. Inklusive aller Tank- und Begleitflugzeuge zum Schutz sind 125 Maschinen beteiligt gewesen.<h3> Zur Person</h3>Rolf Steininger war langjähriger Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck.www.rolfsteininger.at<BR /><BR />Buchtipp: Rolf Steininger, „Die USA, Israel und der Nahe Osten. Von 1945 bis zur Gegenwart“, Reinbek 2022, 447 SeitenBestellen: www.athesiabuch.it