Bei dem Treffen in Istanbul am Freitag herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. Auch knapp vier Monate nach Beginn der NATO-Luftangriffe suchen die Bündnispartner weiter nach Lösungen. Die Stimmung war eher gedrückt. Denn einige der Anwesenden, zu denen US-Außenministerin Hillary Clinton gehörte, hatten insgeheim auf einen schnelleren Kollaps des Regimes in Tripolis spekuliert.Stattdessen wird in Libyen an mehreren Fronten gekämpft. Die NATO hatte zwar zuletzt erklärt, die Einheiten von Machthaber Muammar al-Gaddafi seien durch die Luftschläge des Bündnisses in ihrem Operationsradius bereits stark eingeschränkt. Sie sind jedoch immer noch in der Lage, den Vormarsch der Rebellen auf Tripolis aufzuhalten.Der „Übergangsrat“ der Aufständischen in Benghazi hatte vor Beginn der Konferenz betont, jede Diskussion über eine politische Lösung der Krise könne sich nur auf eine Zukunft Libyens ohne Gaddafi und dessen Familie beziehen. Das sehen inzwischen wohl auch zahlreiche afrikanische und arabische Staaten so. Jedenfalls war die Zahl der Teilnehmer des Treffens der Kontaktgruppe diesmal deutlich höher als beim letzten Mal. Zu den Staaten, die Delegationen entsandt hatten, gehörten Libyens Nachbarland Tunesien, Ägypten, Bahrain und der Sudan.Der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Scheich Abdullah bin Zayed al-Nahayan, erklärte, es sei wichtig, dass noch mehr Staaten den „Übergangsrat“ als einzig legitime Vertretung des libyschen Volkes anerkennen. „Um die Vision eines neuen Libyen zu verwirklichen, ist mehr Druck nötig, und es müssen noch größere Anstrengungen unternommen werden.“ Gaddafi müsse sofort die Macht abgeben.Gaddafi aber sagte in einer Rede vor Anhängern in der westlich von Tripolis gelegenen Ortschaft Al-Ajaylat, die Libyer verteidigten in ihrem Kampf gegen „die Kreuzritter der NATO“ die „Ehre aller Araber und Afrikaner.“ Die Europäer bezeichnete er als „Feiglinge“. Zum wiederholten Male rief Gaddafi Zivilisten auf, zur Front zu marschieren. Er sagte: „Wir sind jederzeit bereit, als Märtyrer zu sterben.“Ein Mitglied der libyschen Rebellen-Delegation sagte am Rande des Treffens in Istanbul: „Wir glauben, dass Gaddafi keinen Trumpf mehr in der Hand hat, und dass er doch noch verhandlungsbereit sein wird, aber erst wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht – so weit ist er noch nicht.“apa/dpa