Das Referendum über eine Änderung der Einbürgerungsbestimmungen und neue Regeln in Sachen Arbeitsrecht ist in Italien gescheitert. Lediglich 29 Prozent der 47 Millionen Wahlberechtigten, gaben ihre Stimme ab, wie aus vorläufigen Angaben des Innenministeriums in Rom hervorgeht.<BR /><BR /> Damit wurde das für die Gültigkeit des Referendums notwendige Beteiligungsquorum von 50 Prozent klar verfehlt. Die Wahllokale waren am Sonntag und Montag offen.<BR /><BR />Die Befürworter des Referendums wollten die minimale Aufenthaltsdauer, die in Italien zur Beantragung der Staatsbürgerschaft erforderlich ist, von zehn auf fünf Jahre reduzieren. Angestrengt wurde die Abstimmung von linken Gewerkschaften und von der linken Opposition. Nach Angaben der Europäischen Kommission gehören die italienischen Staatsbürgerschaftsanforderungen zu den strengsten in Europa. <BR /><BR />Länder wie Frankreich, Deutschland und Belgien gewähren die Staatsbürgerschaft bereits nach fünf Jahren Aufenthalt einen Pass. In Italien müssen Bürger anderer Staaten oft sogar länger als zehn Jahre auf einen Pass warten, weil die Bürokratie normalerweise 24 bis 36 Monate braucht, bevor sie über einen Antrag entscheidet. In Italien leben rund fünf Millionen Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung. Sie machen 8,7 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. <BR /><BR />Bei vier weiteren Abstimmungen ging es um das Arbeitsrecht: um besseren Kündigungsschutz und um höhere Abfertigungen, um mehr unbefristete Arbeitsverträge sowie um die Haftung bei Arbeitsunfällen bei Subunternehmen. Damit soll eine Arbeitsmarktreform des Jahres 2016 zum Großteil rückgängig gemacht werden, die zu einer starken Lockerung des Kündigungsschutzes geführt hatte. Die Arbeitsmarktreform „Jobs Act“ war von der Mitte-links-Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi unter Dach und Fach gebracht worden. Die Gewerkschaften und mehrere Linksparteien wollen sie jetzt streichen.<h3> Regierung rief zum Boykott auf</h3>In den letzten Jahren sind viele Volksabstimmungen in Italien wegen des Quorums gescheitert. Die italienischen Regierungsparteien um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni boykottierten das Referendum und hatten zur Stimmenenthaltung aufgerufen – sehr zum Ärger der Linksparteien.<BR /><BR />„Die Opposition wollte die fünf Referenden in ein Referendum über die Regierung Meloni verwandeln. Die Antwort scheint klar zu sein: Die Regierung wird noch stärker und die Linke noch schwächer“, kommentierte Giovanbattista Fazzolari, Staatssekretär im Büro der Premierministerin und zuständig für die Umsetzung des Regierungsprogramms. <BR /><BR />Ähnlich sieht die Lage Vizepremier und Außenminister Antonio Tajani. „Ich habe großen Respekt vor denen, die zur Wahl gegangen sind, denn ein Referendum ist immer eine Form der Wahlbeteiligung. Davon abgesehen ist es offenkundig, dass die Opposition durch die Niederlage bei diesem Referendum geschwächt wurde“, so Tajani. <BR /><BR />Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini betonte, dass die linke Opposition keine Ideen und keine Glaubwürdigkeit mehr habe. „Sie mobilisiert nicht einmal ihre eigenen Wähler“, kommentierte Salvini. <BR /><BR /> „Auch die Stimmenenthaltung hat bei Referenden eine klare Bedeutung: Die Mehrheit der Italiener haben die fünf Anträge abgelehnt“, kommentierte Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin die Ergebnisse des Referendums. <h3> Worum ging es?</h3><b>Frage 1:</b> Beschäftigte, die vor dem 7. März 2015 eingestellt wurden, können derzeit bei unrechtmäßiger Kündigung wieder eingestellt werden. Für jene, die nach diesem Datum eingestellt wurden und in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten arbeiten, ist bei unrechtmäßiger Kündigung lediglich eine Entschädigung in Höhe von zwölf bis 36 Monatsgehältern vorgesehen, eine Wiedereinstellung ist ausgeschlossen. Wer mit „Ja“ stimmt, ist für die Möglichkeit einer Wiedereinstellung im Falle von unrechtmäßiger Kündigung.<BR /><BR /><b>Frage 2</b>: Die Entschädigung bei unrechtmäßiger Kündigung ist aktuell in Betrieben mit weniger als 16 Beschäftigten auf maximal sechs bis 14 Gehälter begrenzt. Wer „Ja“ stimmt, ist für die Abschaffung der Obergrenze für Entschädigungen.<BR /><BR /><b>Frage 3:</b> Derzeit dürfen befristete Arbeitsverhältnisse bis zu zwölf Monaten auch ohne Angabe eines sachlichen Grundes abgeschlossen werden. Wer „Ja“stimmt, ist dafür, dass Arbeitgeber für befristete Verträge unter zwölf Monaten eine Begründung vorlegen müssen.<BR /><b><BR />Frage 4:</b> Derzeit ist die Haftung des auftraggebenden Unternehmens bei Arbeitsunfällen infolge von Sicherheitsmängeln nur auf sogenannte „allgemeine Risiken“ beschränkt. Für „spezifische Risiken“ haftet das Hauptunternehmen nicht. Das bedeutet: Verunglückt ein Beschäftigter eines Subunternehmens und wird der Schaden nicht vom INAIL (staatliche Unfallversicherung) gedeckt, kann dieser den direkten Arbeitgeber (Subunternehmen), nicht aber das auftraggebende Unternehmen, zur Verantwortung ziehen. Wer „Ja“ stimmt, ist für die Ausdehnung der Haftung.<BR /><b><BR />Frage 5:</b> Derzeit müssen Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger mindestens zehn Jahre legal in Italien leben, bevor sie die Staatsbürgerschaft erhalten können. Wer „Ja“ stimmt, ist dafür, den Erwerb bereits nach fünf Jahren legalen Aufenthalts zu ermöglichen.